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Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Christa Diekmann-Lenartz | am

Hitzestress bei Sauen: Für Wohlfühlklima im Stall sorgen

Die ersten Tage mit Temperaturen über 30 °C gab es schon im Norden, weitere werden folgen. Sauen sind alles anderes als hitzetolerant, Beeinträchtigungen gibt es schon ab 22 °C. Da hilft nur vorsorgen im Stall.

Wenn Menschen sich noch über sommerliche Temperaturen freuen, beginnt bei Sauen bereits der Stress: Sie sind, wie Schweine generell, nur wenig hitzetolerant. Schon bei Umgebungstemperaturen ab 22 °C muss man bei Sauen von Hitzestress ausgehen.

Das machten Dr. Sandra Vagt vom Futtermittelhersteller Agravis und Herbert Heger vom Tierarzneimittelhersteller Boehringer unmissverständlich klar. Die beiden Experten gaben zu Beginn der heißen Jahreszeit Tipps, wie man Sauen vor diesem Stress bewahren kann. 

Körpertemperatur muss auf Sollwert bleiben

Sauen haben nur einen sehr geringen Temperaturbereich, in dem sie sich wohlfühlen. Der sogenannte thermoneutrale Bereich liegt lediglich zwischen 12 und 22 °C. Nur dann ist eine optimale Produktion möglich, so Tierärztin Dr. Vagt. Nur in diesem Bereich müssen die Tiere keinen Extra-Aufwand betreiben, ihre eigene Körpertemperatur auf dem Sollwert zu halten.

Da Schweine bekanntlich nicht schwitzen können, müssen sie bei hohen Umgebungstemperaturen andere Möglichkeiten finden, ihre überschüssige Wärme abzuführen. Das geht zum Beispiel über das Hecheln, dabei wird Feuchtigkeit verdunstet. Die andere Möglichkeit ist, Wärme an kühlere Umgebungsmaterialien abzugeben. "Schweine sind Liegekühler", so Dr. Vagt. Bei zu hohen Temperaturen im Stall suchen sie sich, sofern möglich, feuchtere kühlere Bereiche. Dreckige Tiere sind im Sommer somit ein Indiz, dass es im Stall zu warm ist.

Hitzestress belastet Herz-Kreislauf-System

Können Sauen ihre überschüssige Wärme nicht abführen, entsteht Hitzestress, das Herz-Kreislauf-System der Tiere wird belastet. Die Futteraufnahme wird reduziert, da der Stoffwechsel der größte körpereigene Wärmeproduzent ist.

Während die Hautdurchblutung erhöht wird, wird die Durchblutung des Magen-Darm-Trakts reduziert. Dort können sich durch die reduzierte Futteraufnahme Endotoxine bilden. Durch die reduzierte Durchblutung kann es im Magen-Darm-Trakt zu Gewebeschäden kommen. Endotoxine haben es dann leichter, in die Blutbahn zu gelangen. Hitzestress führt dazu, wie bereits erwähnt, dass die Tiere ihre Atemfrequenz erhöhen ("Hecheln"). Das kann zu einer unguten ph-Wert-Verschiebung führen, was schlimmstenfalls tödliche Folgen haben kann.

Oberstes Gebot Stoffwechselentlastung

Oberstes Gebot bei drohender Hitze ist deshalb eine Stoffwechselentlastung der Tiere. Als wichtige diesbezügliche Ansätze bei der Fütterung nannte Dr. Vagt eine Verteilung der Futtergaben auf kleinere Portionen mehrmals am Tag (3-4) sowie eine Umstellung auf ein leichter verdauliches Futter. Dazu muss der Rohfasergehalt reduziert werden. Auch eine Senkung des Proteingehaltes entlastet den Stoffwechsel, zur ausreichenden Versorgung müssen dann synthetische Aminosäuren zugesetzt werden.

"Bei hohen Temperaturen sollte besonders darauf geachtet werden, dass das Futter schmackhaft ist, damit es gefressen wird. Dazu gehört eine gute Futterhygiene", so die Agravis-Mitarbeiterin. Über eine Zulage von B-Vitaminen, Endotoxinbindern und Elektrolyten könne der Stoffwechsel zusätzlich unterstützt bzw. entlastet werden.

Die Wasserversorgung ist wichtig

Zweiter zentraler Ansatzpunkt zur Stoffwechselentlastung ist die Wasserversorgung der Sauen. Bei hohen Temperaturen benötigt eine laktierende Sau zum Beispiel 60 bis 80 Liter Wasser am Tag. Es wird nicht nur für die Milchbildung gebraucht, sondern auch für die Verdunstung beim Hecheln. Dafür müssen u. a. Durchflussraten und Druck in den Leitungen passen. Untrügliches Indiz für zu wenig Wasser ist trockener Kot bei Sauen oder wenn der Urin nicht klar ist. 

Referent Herbert Heger ergänzte die Ausführungen vom Dr. Vagt um einige wichtige Aspekte. Gesunde Tiere können mit Stressphasen sehr viel besser umgehen als vorgeschädigte oder erkrankte Tiere, das gilt auch für Hitzestress. Deshalb kommt einer guten Tiergesundheit auch in Bezug auf Hitzeperioden eine nicht zu unterschätzende Schlüsselrolle zu.

Impfungen haben sich in der Tierproduktion etabliert, sie unterstützen auch das Ziel, den Antibiotikaverbrauch niedrig zu halten. Aber Impfungen bedeuten eben auch Stress für die Tiere. Heger empfahl zum Beispiel bei Ferkeln, Impfstoffe ohne Mineralöle einzusetzen, die besser verträglich sind.

Heger gab den Schweinehaltern den Ratschlag, ihre Tiere immer im Blick zu haben und für die Beobachtung ausreichend Zeit vorzusehen. Das Verhalten liefere gute Hinweise, wenn beim Stallklima etwas nicht passt. Zudem gab Heger ein Update in Sachen Stallklima-/ Lüftungsgestaltung für hohe Temperaturen mit vielen Beispielen aus der Praxis.

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Checkliste Wasserversorgung

  • Sind die Nippel zu erreichen (Höhe, Winkel)?
  • Kennen die Sauen das Tränkesystem im Abferkelstall?
  • Wurden Wassertemperatur, Wasserdruck, Durchflussraten geprüft?
  • Ist das Wasser ausreichend schmackhaft (Fe,Mn)?
  • Wann wurde die letzte Wasseruntersuchung durchgeführt?
  • Werden die Leitungen regelmäßig desinfiziert?
  • Ist eine gute Hygiene der Tröge/Nippel (Biofilm) gewährleistet?
  • Stimmt das Tier:Tränkeplatz-Verhältnis im Wartestall?
  • Wurden die Wasserleitungen endoskopisch geprüft?
  • Ist bekannt, wie viel Wasser die Sau täglich aufnimmt?
  • Ist eine Wasseruhr installiert?

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