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Hofübergabe in der Landwirtschaft: Das sollten Sie beachten
Den landwirtschaftlichen Betrieb an die nächste Generation weiterzugeben ist der Traum jedes Landwirts. Was ist dabei zu beachten? Und was ist, wenn der potenzielle Hofnachfolger gar nicht übernehmen möchte? Autor Peter Jantsch beleuchtet das Thema aus seiner Sicht als Coach.
Einen landwirtschaftlichen Betrieb zu übernehmen ist ein Statement. Ein Entschluss von großer Tragweite. Vielleicht nicht fürs ganze Leben – wer weiß heute schon wie die Landwirtschaft in 15 oder 25 Jahren aussieht – aber sicher für die nächsten Jahre.
Bitter ist es, wenn der Betrieb übergeben werden könnte, aber der Hofnachfolger oder die Hofnachfolgerin das nicht will.
In der digitalen Ausgabe der LAND & FORST erhalten Sie eine Checkliste, was bei der Hofübergabe zu beachten ist. Außerdem berichtet Juliane Baxmann hier, warum sie den Betrieb ihres Vaters nicht übernehmen möchte.
Hofübergabe ist eine emotionale Herausforderung
So oder so – die Hofübergabe ist oft eine größere emotionale Herausforderung als eine fachliche. Das Schwierige ist meist nicht die Hofübergabe an sich. Die ist zwar komplex, umfangreich und herausfordernd, aber es gibt Erfahrungswerte, Werkzeuge und Experten dafür.
Oft ist das eigentliche Problem: die Erwartung, man müsse das einfach so können und es sei nebenbei mit zu erledigen.
So gelingt die Hofübergabe
Tipps zur Hofübergabe von LAND & FORST-Redakteurin Hilke Lehmann gibt´s hier auch zum Hören:
Hofübergabe braucht geführten Prozess
So wie es keine Ernte ohne Bodenbearbeitung, Saat und Kulturpflege gibt, gibt es keine Hofübergabe ohne einen dahin führenden Prozess. Es braucht einen bewusst geführten und gut strukturierten Prozess, der die emotionalen Aspekte mit einschließt.
Der Anspruch, eine Hofübergabe aus eigener Kraft und innerhalb der Familie hin zu bekommen, führt dann oft dazu, dass trotz Schwierigkeiten keine externe Unterstützung geholt wird.
Hofübergabe bedeutet Rollenveränderung
Mit einer Hofübergabe gibt es eine fundamentale Veränderung in den Rollen und den Beziehungen zueinander. Die abgebende Generation muss lernen, vom Chef zum Berater des Chefs zu werden. Das geht meist mit einem Identitäts- und Statusverlust des Abgebers einher.
Die Senioren verlieren durch die Übergabe den Zugriff auf den Betrieb. Sie fühlen sich oft ausgeliefert, wie der Nachfolger den Betrieb führt, und das stimmt: Sie sind ausgeliefert, sie haben es nicht mehr in der Hand.
Das kann zu Existenzängsten und zu grotesken Situationen führen: wenn der Altenteiler versucht, die Geschicke des Betriebs doch noch zu lenken und damit dem Hofnachfolger die Chance nimmt, auf seine eigene Weise erfolgreich zu wirtschaften.
Altenteiler: Und was kommt jetzt?
Aber noch eine weitere große Herausforderung steht für angehende Altenteiler an: Nach Jahrzehnten, in denen sie sich und ihre Bedürfnisse dem Hof untergeordnet haben, stehen sie vor der Frage, was sie nun mit dem verbleibenden Leben anfangen sollen.
Dafür brauchen sie einen Plan, und den haben viele nicht. Das ist jedoch sehr wichtig für das Gelingen einer Hofübergabe. Dabei sollten sich die Übergeber fragen:
- Was wünsche ich mir für ein erfülltes Leben?
- Welche Rolle möchte ich noch im Betrieb haben?
- Was würde ich gerne meinem Nachfolger anbieten?
Hofnachfolger stehen unter Leistungsdruck
Die Herausforderung für den Hofübernehmer ist, die volle Last/Lust der Verantwortung zu übernehmen und in die Rolle des Gestalters hineinzuwachsen. Die junge Generation ist in der Regel besser ausgebildet als die alte, aber naturgemäß ärmer an Erfahrung, sowohl landwirtschaftlich als auch was das Leben betrifft.
Für die Abgebenden stellen sich dann oft Ängste ein, die sich in Zweifeln an der Fähigkeit des Nachfolgers ausdrücken, den Betrieb erfolgreich zu führen. Oft haben dann die Nachfolger das Gefühl, ständig unter Beobachtung zu stehen und sich beweisen zu müssen. Viele empfinden, dass die Erwartungen der Eltern an ihren Nachfolger so groß sind, dass sie das nie erfüllen können.
Den Weg als Hofnachfolger finden - und gehen
Aber die Hofnachfolger müssen erst ihren Weg finden. Das heißt, in vielen Punkten müssen sie anders wirtschaften oder den Betrieb anders führen als ihre Eltern es getan haben. Das wird dann von der abgebenden Generation häufig als Missachtung ihrer Lebensleistung empfunden, und sie fühlen sich gekränkt.
Die Lösung liegt hier in rechtzeitigen Gesprächen über die Erwartungen, Sorgen oder Ängste der jeweiligen Generation. Und zwar von Anfang des Übergabeprozesses an, nicht erst, wenn es schon fast zu spät ist oder die Zeit drängt.
Die Verantwortung, den Übergabeprozess rechtzeitig anzustoßen und ihn zu strukturieren, liegt bei der abgebenden Generation. Die Art, wie der Prozess miteinander geführt wird, sollte bei der übernehmenden Generation liegen. Es gilt: reden, reden, reden. Nur über eine heile Brücke kann man gehen.
Gescheiterte Hofübergabe schmerzt
Eine gute Beziehungen ist wichtig, man muss ja zusammen auf dem Hof leben. Manchmal entsteht Klarheit erst im Gehen. Für eine Hofübergabe wäre es gut, den Nachfolger/die Nachfolgerin „mitlaufen“ zu lassen, Freiräume und Gestaltungsspielräume einzurichten, damit sie sich ausprobieren können.
In einer Zeit wie heute kann man nicht mehr halbherzig einen Hof führen oder darauf bauen, dass der Alltag einem schon die Entscheidung abnimmt. Klar ist: Wenn der Betrieb aufhört und das Lebenswerk nicht fortgeführt wird, dann tut das weh. Dieser Schmerz der enttäuschten Hoffnung muss gesehen und anerkannt werden.
Der vermeintliche Verursacher ist aber nicht „Schuld“ an diesem Schmerz, denn es gibt keine Pflicht oder Bringschuld, den Betrieb fortzuführen. Dennoch tut es weh um jeden Hof, der aufhört. Aus welchen Gründen auch immer.
Alles zum Thema "Hofübergabe" lesen Sie in der LAND & FORST, Ausgabe 29/2020 und in der digitalen Ausgabe .