Russland geht durch den Krieg das Expertenwissen verloren. An der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gehe aber kein Weg vorbei.
Landwirt und Agrarwissenschaftler Klaus John aus dem Landkreis Nienburg ist eng mit der niedersächsischen Agrarwirtschaft verbunden. Zudem war er mehr als zehn Jahre in Woronesch unweit der ukrainischen Grenze für das zweitgrößte russische Agrarunternehmen tätig. Laut John sei die Zahl der ausländischen Agrarexperten in Russland in den letzten Jahren aus unterschiedlichen Gründen stark zurückgegangen.
„Russland hat vermehrt auf die Lokalisierung ausländischer Produktion hingearbeitet, um sich von Technik, Produktionsmitteln und Anlagenbau aus dem Ausland unabhängiger zu machen und das zugehörige Know-how aufzubauen. Diese Partnerschaften waren für deutsche Unternehmen immer schwierig, auch wenn damit der deutlich bessere Zugang zu den russischen Märkten gegeben war“, so der Experte. Nun habe sich Russland diese Möglichkeiten der Zusammenarbeit selbst zerstört.
An Russland geht kein Weg vorbei
Wie das Vertrauensverhältnis wieder hergestellt werden könnte, ist für John momentan nicht vorstellbar. Aktuell sei sogar die Sanktionierung von Saatgut aus Europa und USA von russischer Seite im Gespräch, was zu einer deutlichen Abnahme der Agrarproduktion führen würde. Daran gehe aber kein Weg vorbei: „Europa wird nicht drum herumkommen, die wirtschaftliche Zusammenarbeit wieder auszubauen. Während wichtige Agrarunternehmen in Russland noch die Stellung halten, denken aktuell jedoch einige große Agrarkonzerne eher über ihren Rückzug aus dem nicht sanktionierten russischen Agrarmarkt nach.“ Dass China Hauptpartner für Russlands Landwirtschaft wird, hält er für ausgeschlossen. Außer Frage steht für John, dass die Welt auf die gigantische Flächen- und Betriebsstruktur Russlands angewiesen ist.
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Es wird Probleme in der russischen Agrarwirtschaft geben
Europa und insbesondere Deutschland hat Russland in den letzten zwei Jahrzehnten ermöglicht, eine umfassende Agrarwirtschaft aufzubauen. „Der Anteil von niedersächsischen Unternehmen ist hierbei immens. Ob durch Sanktionen bedingt oder den Rückzug von Firmen – es steht schon heute fest, dass die Agrarproduktion Russlands sich auf sehr schwierige Zeiten einstellen muss“, erläutert John. Neben Maschinen und Ersatzteilen, die nicht zur Verfügung stehen, seien die Gründe dafür vor allem der notwendige Wissenstransfer, der dann fehle. Dazu käme die „extreme Verunsicherung“ bei den landwirtschaftlichen Betrieben selbst.