Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bei der Sonder-Konferenz der Agrarminister der Länder und des Bundes: Neuigkeiten für die Nutztierhalter gab es nicht, nur neue Versprechen. Es ist Zeit, die Hoffnungen auf die Borchert-Kommission zu beerdigen.

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Johanna Michel | am

Agrarminister vertagen Gretchenfrage zur Tierhaltung auf den Herbst

Die heutige (05.05.) Sonder-Agrarministerkonferenz (Sonder-AMK) ging fast ohne ein konkretes Ergebnis zu Ende. Beim Finanzierungskonzept zum Umbau der Tierhaltung ging es keinen Schritt vorwärts. Eine bundeseinheitliche TA Luft ist in Vorbereitung, liegt aber in der Zuständigkeit der Umweltminister.

Das Sondertreffen der Agrarminister der Bundesländer mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wurde anberaumt, nachdem die Minister bei ihrer letzten Konferenz im März keine Ergebnisse für die offenen Fragen beim Umbau der Tierhaltung erzielt hatten. Begleitet wurde diese Konferenz in Büsum von lautstarken Protesten zahlreicher Landwirte und Fischer.

Bei der heutigen Sonder-AMK diskutierten die Minister über die Tierhaltungskennzeichnung, das Bundesprogramm zum Umbau der Nutztierhaltung sowie über Anpassungen im Immissionsschutzrecht.

Auch das Gesamtkonzept zur Finanzierung des Umbaus stand als entscheidendes Thema auf der Tagesordnung.

TA Luft soll Tierwohlställe durch bundeseinheitlichen Immissionsschutz ermöglichen

Die in der TA Luft enthaltene Abwägung zwischen einer tiergerechten Haltung und höheren Emissionen wollen die Agrarminister so auslegen, dass die Haltungsformen Bio, Frischluft und Auslauf zu den tiergerechten Außenklimaställen gehören. Bisher gelang es nicht, Tierwohlställe bundeseinheitlich zu definieren. Das soll sich nun ändern. Allerdings sind die Agrarminister hier auf ihre Kollegen – die Umweltminister – angewiesen, unter deren Federführung die TA Luft steht. Nächste Woche soll die Änderung der TA Luft in der Umweltministerkonferenz beraten werden. Die Agrarminister bitten die Umweltminister in ihrem Beschluss, einen gleichlautenden Beschluss zu fassen, um einen bundeseinheitlichen Vollzug des Immissionsschutzrechts zu erreichen. Wie die Agrarminister betonen, soll dabei ein besonderes Augenmerk auf die kleinen Betriebe gelegt werden, die immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungspflichtig sind. Peter Hauk (CDU), Landwirtschaftsminister in Baden-Württemberg, äußerte während der Pressekonferenz im Anschluss der Sonder-AMK diesbezüglich aber Zweifel. In Baden-Württemberg könnten aufgrund der geplanten Regelung Betriebe überproportional verloren gehen. „Das erfüllt mich mit großer Sorge. Diese Betriebe gelten als Vorbildbetriebe“, so Hauk.

Tierhaltungskennzeichnung: Agrarminister der Länder drängen auf Erweiterung

Mit Blick auf des Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung bestätigte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die neuen Fördersätze, die Staatssekretärin Silvia Bender am Rande der Sonder-AMK bekannt gegeben hatte. Beim diesem Förderprogramm für die Schweinehalter sollen 80 Prozent der laufenden Mehrkosten für die ersten 500 Tiere gedeckt werden. Zwischen 501 und 6.000 Schweinen sollen 70 Prozent der laufenden Mehrkosten übernommen werden. Auch größere Betriebe sollen die Förderung für die ersten 6.000 Tiere nutzen können. Özdemir sagte, dass die deutsche Tierhaltung schon länger in einer Krise stecke. So habe sich die Zahl der Schweinehalter in Bayern in den letzten Jahren mehr als halbiert. Wegen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) sei China als Absatzmarkt weggefallen und in Deutschland habe die Zahl der Menschen, die weniger Fleisch essen, deutlich zugenommen. Über alle Parteigrenzen hinweg seien sich die Minister aber einig, dass auch künftig gutes deutsches Fleisch produziert werden soll, so der Bundesminister. Özdemir erklärte, immer darauf hingewiesen zu haben, dass das staatliche Tierhaltungskennzeichen für frisches Schweinefleisch nur der Anfang sei. Die Erweiterung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes auf die Außer-Haus-Verpflegung werde bereits erarbeitet. Ziel sei es, den gesamten Lebenszyklus der Tiere und auch die anderen Tierarten in die Kennzeichnung einzubeziehen. Darüber hinaus wiederholte der Grünen-Politiker, dass der Handel die Mehrkosten für die Stufe Stall plus Platz tragen wolle. Minister Hauk kritisierte, dass die Ferkelhaltung bei der Kennzeichnung bisher ausgenommen ist. So mache man sich gegenüber den Landwirten unglaubwürdig. „Das Gesamtkonzept stimmt nicht“, sagte Hauk. „Es herrscht Einigkeit darüber, dass der gesamte Lebenszyklus des Schweins dabei sein muss“, bestätigte auch Schleswig-Holsteins Agrarminister Werner Schwarz (CDU). Vom Bundestagsausschuss wurde das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz bereits beschlossen. Es soll Mitte Juni – gemeinsam mit der Änderung des Baugesetzbuches – vom Bundestag verabschiedet werden. Noch vor der Sommerpause soll auch der Beschluss des Bundesrats erfolgen. Die Ergänzung von Geflügel- und Rindfleischprodukten ist für die nächsten Jahre geplant. Ein Konzept hierfür soll Till Backhaus (SPD) zufolge, Landwirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern, aber bis zum Herbst vorliegen.

Finanzierungskonzept zum Umbau der Tierhaltung im Herbst

Einig waren sich die Minister darüber, dass die zugesicherte 1 Mrd. Euro für den Umbau der Tierhaltung bei Weitem nicht ausreicht. „Ich warne davor, nur den Tierbestand abzubauen“, so Backhaus. Damit werde die Tierhaltung lediglich ins Ausland verlagert. Auch Sachsens Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne) ist der Meinung, dass die Milliarde nicht ausreichen werde und nur ein erster Schritt sei. „Die Regierung ist nicht in der Lage, eine strukturelle Finanzierung aufzubauen“, monierte Hauk. Bis zum Herbst soll sich die Ampelkoalition nun auf ein Finanzierungskonzept einigen. In der Herbst-AMK soll dieses dann beraten werden. Bundesminister Özdemir dankte der Borchert-Kommission ausdrücklich für ihre Arbeit. Er befinde sich mit der Kommission nach wie vor im Austausch. Dass das Gremium momentan pausiert, sei dessen Recht. Özdemir erklärte, dass Ergebnisse von Kommissionen selten 1:1 umgesetzt würden.

DBV: Absichtsbekundungen sind noch kein tragfähiges Ergebnis

Nach der Sonder-AMK drängt Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands (DBV) auf konkrete Ergebnisse. „Nach wie vor gibt es aber nur allgemeine Arbeitsaufträge an Expertengruppen und keine verbindliche und kurzfristige Zeitvorgabe. Diese Zeit haben wir nicht mehr“, so Krüsken.

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