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Ausstieg aus der Atomkraft: Rolle rückwärts nach der Wahl
Moin liebe Leserinnen und Leser, Lebensmittel wachsen in Supermarktregalen und der Strom kommt aus der Steckdose… so einfach ist es dann leider doch nicht.
Strom wird durch Kohle, Gas, Atomkraft oder durch regenerative Formen erzeugt. Eigentlich war sich die deutsche Bundesregierung – zumindest die vorherige – einig, dass der Strom hierzulande nicht länger aus Atomkraftwerken kommen sollte. Nach dem fürchterlichen Reaktorunglück im japanischen Fukushima vor elf Jahren war der Atomausstieg auch das, was sich Teile der Bevölkerung wünschten. Ausgelöst durch ein Erdbeben und eines nachfolgenden Tsunamis wurde das an der Küste liegende Kraftwerk damals schwer beschädigt und knapp eine halbe Million Japaner mussten in den folgenden Tagen evakuiert werden.
Atomkraft: Nach der Wahl ist alles anders
Die aktuelle Bundesregierung rund um Bundeskanzler Olaf Scholz entschied sich nun aufgrund der sich immer weiter zuspitzenden Energiekrise dafür, die Kraftwerke erst einmal am Netz zu lassen.
Naja, wenigstens zwei der drei verbleibenden deutschen Atomkraftwerke – Isar 2 und Neckarwestheim 2 -, die derzeit noch Strom produzieren. Das niedersächsische Kraftwerk Emsland sollte Ende des Jahres endgültig vom Netz genommen werden.
So war die Aussage vor der Landtagswahl in Niedersachsen. Kaum ist diese Wahl vorbei, wurde nun doch die Verlängerung der Laufzeiten aller drei Atomkraftwerke in Deutschland bis Mitte April 2023 entschieden. Ein Schelm, der sich Böses – oder gar Kalkül – dabei denkt.
Transparenz sieht anders aus
Dass diese Laufzeitverlängerung sinnvoll ist, dieser Ansicht kann ich mich durchaus anschließen. Wir benötigen Energie und sollten in der aktuellen Situation jede Quelle nutzen, die uns zur Verfügung steht. Was mir allerdings sauer aufstößt ist, dass nicht von Beginn an über alle drei vorhandenen Atomkraftwerke offen diskutiert wurde. Das wäre mal ehrlich gewesen.
Kanzler Scholz spricht das Machtwort
Interessant finde ich, dass diese Entscheidung einen Tag nach dem Parteitag der Grünen, bei dem diese sich immerhin für den Reservebetrieb der beiden süddeutschen Kraftwerke aussprachen, per Machtwort des Bundeskanzlers getroffen wurde. In der Koalition war man sich nämlich alles andere als einig und ein Ende des Atomstreits war zuvor nicht in Sicht. Es ist nur etwa zwei Monate her, da erklärte Kanzler Scholz, dass es nicht seine Art sei, Weisungen auf diesem Weg auszusprechen und seinen Ministern mittels Briefs oder Anordnung solche Ansagen zu machen. Außer Konrad Adenauer sah sich keiner seiner Vorgänger jemals genötigt, zum Instrument der Richtlinienkompetenz zu greifen.
Da bleibt es spannend zu beobachten, wie die Koalitionsverhandlungen in Niedersachsen laufen werden. Auf Bundesebene scheint es mit der Einigkeit der Regierungspartner ja leider nicht so weit her zu sein.