Wolf

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Laura Schneider | am

Dialogforum Wolf: Weniger Bürokratie beim Bestandsmanagement

Das Dialogforum Wolf hat sich zum zweiten Mal getroffen. Themen waren das Wolfsbestandsmanagement und die Herdenschutzförderung.

Ein regionales Bestandsmanagement und die Umstellung des Fördersystems für Herdenschutz hin zu einer Pauschale pro Tier – das waren die beiden Hauptthemen, die die Mitglieder des Dialogforums Weidetierhaltung und Wolf bei ihrem zweiten Treffen besprochen haben. 50 Vertreter aus rund 25 Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden kamen am Dienstag (12. September) in Hannover zusammen.

Kopfpauschale statt Förderung von Zäunen

Bei der anschließenden Pressekonferenz stellte Niedersachsens Agrarministerin Miriam Staudte einen Vorschlag zur Änderung des Fördersystems für den Herdenschutz vor. „Statt aufwändiger Verfahren zur Finanzierung von Zäunen mit Einholung mehrerer Kostenvoranschläge soll eine Kopfprämie pro Tier gezahlt werden“, erläuterte sie. Dabei seien für verschiedene Regionen unterschiedlich hohe Sätze geplant, um zum Beispiel den Mehraufwand für Herdenschutz an Deichen zu berücksichtigen. Eine Entschädigung für vom Wolf gerissene Tiere werde es weiterhin geben, wenn ein ausreichender Herdenschutz vorhanden war. Die Kopfprämie soll Schafe, Ziegen und Gatterwild betreffen. Für Rinder und Pferde soll das derzeitige System bestehen bleiben mit einer Förderung von Herdenschutzmaßnahmen, sobald Risse auftreten. Die Ministerin erhofft sich von der Kopfprämie Bürokratieabbau und eine Vereinfachung des Verfahrens, um möglicherweise mehr Tierhalter zu erreichen und die Verwaltungskosten zu senken. Die Ministerien wollen den Vorschlag der niedersächsischen Schafzuchtverbände laut Staudte wohlwollend prüfen. Mit einer Umsetzung sei frühestens 2025 zu rechnen.

Dialogforum_Wolf
Im Landkreis Stade war offenbar ein ganzes Wolfsrudel am Werk, als in einer Herde mit 112 Schafen die Hälfte der Tiere einem Wolfsriss zum Opfer fiel.

Bestandsmanagement soll Situation im Einzelfall berücksichtigen

Zweites großes Thema des Treffens waren die Pläne für ein regional differenziertes Wolfsbestandsmanagement. „Wir wollen keine Quotenjagd oder Obergrenze. Wir wollen den Weidetierhalter helfen, indem wir im Einzelfall regional differenziert reagieren“, betonte Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer. Ziel sei, die jeweilige Situation vor Ort zu berücksichtigen, sodass man in Regionen mit hohen Nutztierschäden trotz gutem Herdenschutz schneller und unbürokratischer handeln könne. Im Sinne eines „lernenden Systems“ soll in Regionen mit vielen Rissen geprüft werden, was die Ursache dafür ist, um anschließend gezielt zu reagieren, zum Beispiel durch eine Verstärkung des Herdenschutzes oder Vergrämung. Komme es trotz der vorgeschriebenen oder vor Ort möglichen Herdenschutzmaßnahmen zu Rissen, soll eine zeitlich und räumlich eingegrenzte Entnahme von Wölfen möglich sein – auch ohne individuelle Identifizierung. Als Beispiel dafür, dass das die Entnahme von Problemwölfen im Vergleich zum bisherigen System erleichtern würde, nannte Meyer den aktuellen Fall in Gräpel im Kreis Stade. Hier wurden kürzlich bei einem Wolfsangriff über 50 Schafe getötet. Die Begutachtung vor Ort habe ergeben, dass der Grundschutz unter anderem durch gefällte Bäume als Einstiegshilfe beeinträchtigt war. Damit bekomme der Tierhalter eine Entschädigung, aber der Übergriff zähle nicht als „Überwindung des Grundschutzes“. Zudem sei anhand von DNA-Proben nur ein Wolf identifiziert worden, der aber damit erstmals als auffällig identifiziert wurde. Für eine Abschussgenehmigung müsste allerdings nach derzeitiger Rechtslage ein identifizierter Wolf räumlich und zeitlich begrenzt mehrmals einen Zaun überwunden haben. Darum setze sich Niedersachsen beim Bund und der EU für ein regional differenziertes Bestandsmanagement ein, wie es im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbart ist. Die dafür von Bundesumweltministerin Steffi Lemke für Ende September angekündigten Vorschläge sollen bis zur nächsten Umweltministerkonferenz im November in der entsprechenden Dialogforum-Arbeitsgruppe diskutiert werden.
Extremereignis in Mardorf: Bei fünf Wolfsrissen innerhalb von nur fünf Tagen wurden 25 Schafe und ein Kalb getötet.

Lösungsorientierte Diskussionen

Staudte lobte die sachliche, konstruktive Atmosphäre im Dialogforum. Die Teilnehmer hätten sehr lösungsorientiert und sachlich diskutiert. „Bis hierhin hat sich die Arbeit bereits gelohnt, aber sie ist lange nicht zu Ende“, fasste sie zusammen. „Der Herdenschutz bleibt eine Daueraufgabe.“ Staudte und Meyer haben das Dialogforum Weidetierhaltung und Wolf Anfang des Jahres initiiert. Die Mitglieder beschäftigen sich in vier Arbeitsgruppen mit den Themen „Förderung und Herdenschutz“, „Information und Transparenz“, „Wolfsmanagement“ sowie „Deiche und Herdenschutz“.

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