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Düngeverordnung: Karten für "Rote Gebiete" liegen vor
Das Kabinett stimmt heute dem Entwurf der Ausweisung der nitrat- und phosphatsensiblen Gebiete in Niedersachsen zu. Damit liegen nun auch die Karten für die "Roten Gebiete" vor.
Am 1. Mai diesen Jahres trat die vieldiskutierte Änderung der Düngeverordnung in Kraft. Damit verbunden ist u. a. die Pflicht für die Bundesländer, sog. nitrat- und neuerdings auch phosphatsensible Gebiete auszuweisen.
Mit der heutigen Zustimmung des Kabinetts ist die Neufassung der „Niedersächsischen Verordnung über düngerechtliche Anforderungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen durch Nitrat oder Phosphat (NDüngGewNPVO)“ zur Verbandsbeteiligung freigegeben.
Die Verbandsbeteiligung dauert sechs Wochen. Anschließend werden die Stellungnahmen gesichtet und bewertet. Danach soll die Freigabe durch das Kabinett erneut eingeholt werden und anschließend kann die rechtskräftige Veröffentlichung der Verordnung erfolgen. Damit wird im März 2021 gerechnet.
So sieht die Neuausweisung der Roten Gebiete aus
Mit dem vom Kabinett freigegebenen Entwurf liegen nun auch die rund 1.800 Karten für die sogenannten „Roten Gebiete“ in Niedersachsen zur Verbandsbeteiligung vor. „Rechtzeitig zur Hauptdüngesaison werden wir Klarheit haben“, sagte Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast.
Bei der Neuausweisung der roten Gebiete wurden die Vorgaben der AVV umgesetzt. Der Anteil der roten Gebiete (Gebietskulisse Grundwasser) an der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Niedersachsen verkleinerte sich auf ca. 30 Prozent (vorher ca. 39%). Die nitratsensiblen Gebiete umfassen eine landwirtschaftliche Fläche von rund 796.000 Hektar. Damit verkleinerte sich die Fläche im Vergleich zur bestehenden Kulisse um rund 245.000 Hektar. Der Grünlandanteil in diesen Gebieten liegt bei unter drei Prozent (vorher rund 20 %).
Die phosphatsensiblen Gebiete (nur Seen-Einzugsgebiete) in Niedersachsen umfassen weiterhin ca. 1,3 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche bzw. knapp 35.000 Hektar. Ab dem 1. Januar 2021 gelten außerdem für den Bereich der Fließgewässer landesweit erweiterte Abstandsauflagen an den Gewässern. Bis zur endgültigen Verordnung im März 2021 gilt auch für die „grünen Grundwasserkörper“ ab 1. Januar 2021 die Auffangregelung.
Aufgrund neuer Forderungen der EU-Kommission kommen erstmals auch Teilflächen außerhalb der nach Wasserrahmenrichtlinie unbelastet eingestuften Grundwasserkörper hinzu. Und zwar dann, wenn an einzelnen Messstellen Schwellenwertüberschreitungen und Messstellen mit steigendem Trend über 37,5 mg Nitrat je Liter auftreten.
Welche zusätzlichen Maßnahmen sollen in den „Roten Gebieten“ gelten?
- Verpflichtende Anlage einer Untersaat auf Maisflächen bei einem Erntetermin nach dem 1. Oktober und nachfolgender Sommerung
- Erhöhung Mindestwerte für die Ausnutzung des Stickstoffs aus organischen oder organisch-mineralischen Düngemitteln zu Hackfrüchten (ausgenommen Kartoffeln) und Mais um 10 Prozent.
- Zusätzlich bleibt die Verpflichtung zur Einarbeitung innerhalb einer Stunde bestehen.
In den eutrophierten Gebieten sieht der Entwurf folgende drei Maßnahmen vor:
- Reduzierte P-Düngung auf hoch und sehr hoch versorgten Standorten, ausdifferenziert nach Humusgehalt des Standortes
- Höhere Gewässerabstände
- Verlängerung der P-Sperrfrist um vier Wochen
Diese flächenbezogenen Maßnahmen sollen in beiden Gebietskulissen durch betriebliche Meldepflichten flankiert werden.
Rote Gebiete Niedersachsen: Fragen und Antworten (Teil 1)
Stickstoffsaldo in Niedersachsen auf null gesenkt
Die Abgrenzung der Flächen erfolgte in einem dreistufigen Verfahren, dem in den ersten beiden Schritten insbesondere die wasserwirtschaftliche Bewertung und die Messwerte der Grundwassermessstellen zugrunde lagen. Im dritten Schritt wurden Emissionsdaten berücksichtigt.
Der Mineraldüngereinsatz in der Landwirtschaft ist deutlich gesunken. Ministerin Otte-Kinast hob hervor, dass das im nächsten Nährstoffbericht klar zu erkennen ist. In ganz Niedersachsen wurde der Stickstoffsaldo (= Düngung über den berechneten Bedarf gemäß DüV hinaus) von 80.000 Tonnen in den letzten Jahren auf nahezu null gesenkt. „Das freut mich. Es zeigt, dass unsere Botschaft angekommen ist und wir in Niedersachsen auf einem guten Weg sind, die Nährstoffüberschüsse zu reduzieren“, sagte Ministerin Otte-Kinast.
Rote Gebiete Niedersachsen: Fragen und Antworten (Teil 2)
Überprüfung der Grundwassermessstellen
Das Umweltministerium hat gemeinsam mit dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) die Grundwassermessstellen einer Funktionsprüfung unterzogen. Diese ergab, dass 94,5 % der „roten Messstellen“ für die Ausweisung geeignet sind. Insgesamt 14 Messstellen werden jedoch als nicht geeignet bewertet und wurden daher bei der Ausweisung der Gebietskulisse Grundwasser nicht mehr berücksichtigt. Hierdurch sind im zweiten der oben genannten drei Schritte zur Ausweisung rund 92.000 Hektar zusätzlich aus der Kulisse herausgenommen worden.
Fachliche Fragen der Landwirtschaft zum Thema Ausweisung sollen künftig von einer Arbeitsgruppe Düngeverordnung bearbeitet und geklärt werden. Hat ein Landwirt Probleme mit einer Messstelle, findet bei der Landwirtschaftskammer kompetente Hilfe und Beratung. „Damit senden wir ein klares und wichtiges Signal an die Landwirtschaft: Wir lassen sie mit offenen Fragen nicht alleine und nehmen den Balanceakt zwischen wirtschaftlichem Ertrag und Natur- und Artenschutz fest in Blick – und gehen damit ganz konsequent weiter auf dem Niedersächsischen Weg", so Umweltminister Lies.
Im nächsten Jahr schon soll es ein Monitoring geben, das von der EU gefordert wird und welches die Wirksamkeit der Maßnahmen in den roten Gebieten überprüfen soll. Außerdem ist es das erklärte Ziel von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium in Niedersachsen, durch permanente Verbesserung der Datenbasis, die roten Gebiete noch stärker einzugrenzen, um schließlich die Gebiete herauszufiltern, in denen die Restriktionen der Düngung die größte Wirksamkeit zeigen.
Landvolk: Düngeverbote trotz niedriger Nitratmesswerte
Eine stärkere Differenzierung bei der Ausweisung „roter Gebiete“ wünscht sich das Landvolk Niedersachsen. Zum heute vorgelegten Verordnungsentwurf des Landes sagt der künftige Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies: "Die Ergebnisse von hunderten Grundwassermessstellen in Niedersachsen mit nachweislich geringen Nitratbelastungen werden bei der vom Land verwendeten Methode einfach ignoriert. Niedersachsen verzichtet bei der Festlegung nitratsensibler Gebiete weiter auf eine differenzierte Regionalisierung auf Basis von Grundwasseruntersuchungen. Das geht so nicht, und das können wir für unsere Landwirte nicht akzeptieren."