Mit dieser Frage beschäftigte sich das digitale DBV-Forum "Zukunft von Wolf und Weidetierhaltung – Perspektiven von Prävention und Bestandsmanagement".
Bestandsmanagement versus Herdenschutz
Meist spaltet sich die Diskussion im Konfliktfeld Wolf in zwei Lager: Eine Seite fordert ein aktives Bestandsmanagement, die andere sieht Herdenschutzmaßnahmen als die beste Lösung an.
Dr. Josef Tumbrinck vom BMUV vertrat in seinem Vortrag die Ansicht der Herdenschutz-Befürworter. Tumbrinck räumte gleich zu Beginn ein, dass der Konflikt mit den Weidetierhaltern schwierig sei und zunehmend schwieriger werde. Eine Lösung dessen sei eine riesige Herausforderung. Dennoch sehe er mit der Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht keine Lösung, sondern eher eine Verkomplizierung, weil der Wolf ebenso unter das Naturschutzgesetz fällt. Tumbrinck betonte in aller Deutlichkeit, dass er aufgrund der FFH-Richtlinie keine Möglichkeit für ein Bestandsmanagement mit einer Obergrenze sehe. Eine Tötung ohne Ausnahmegenehmigung sei unmöglich. Auf eine Öffnung der FFH-Richtlinie machte er wenig Hoffnung. Als Perspektive sah Tumbrinck an, den Praxisleitfaden zum Wolf unkompliziert umzusetzen.
Im letzten Punkt stimmte Moritz Klose vom WWF Deutschland mit Tumbrinck überein. Wenig überraschend sprach er sich gegen ein Bestandsmanagement aus und plädierte eher dafür, praktikable Präventionsmöglichkeiten besser auszuschöpfen. Hier sieht er auch eine bessere Honorierung der Leistungen von Weidetierhaltern und die Förderung und Beratung als eine Möglichkeit.
Ehlers findet deutliche Worte
Landvolk-Vizepräsident Jörg Ehlers fand dazu deutliche Worte: Das klinge nach einem Wettrüsten. Auch in Richtung der Ministerien BMUV und BMEL äußerte er klare Kritik. Man sei keinen Schritt weiter und das eigentliche Wolfsmanagement fehle. Die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen zum Abschuss habe in Niedersachsen jedoch zumindest etwas Ruhe gebracht.
Ratgeber: So verhalten Sie sich bei Wolfsbegegnungen richtig
Detailliertes Modell zur Entnahme in Brandenburg
Klare Vorstellungen für ein aktives Wolfsmanagement hatte Gregor Beyer vom Aktionsbündnis Forum Natur in Brandenburg. Beyer sieht eine klare Korrelation in der steigenden Anzahl der Wölfe und entsprechender Risse. Ebenso sieht er eine schwindende Akzeptanz für den Wolf in der Bevölkerung. Beyer will den Wolf als "Doppelrechtler": Unter naturschutzfachlichen Punkten unter dem Naturschutzrecht zu behandeln, im Vollzug aber unter dem Jagdrecht.
Dazu stellte er ein Modell vor: Dieses soll auf einer Kartengrundlage im 10x10 km-Raster aufbauen. Darin sollen dann verschiedene Aspekte einfließen wie: Welche Lebensräume sind geeignet, wo ist Schutz mit Zäunen möglich, wo ist wildbiologisch eine soziale Akzeptanz gegeben? Aus diesen Faktoren würde sich dann eine Ermittlung eines Akzeptanzbestands sowie einer Entnahmequote ergeben.
Aus Sicht von Tumbrinck sei dies aber zum Scheitern verurteilt: Ein regionaler Erhaltungszustand lasse sich nicht mit dem EU-Recht vereinbaren.
Schweden: Schutzjagd und Lizenzjagd
Sehr spannende Einblicke in das schwedische Wolfsmanagement bot Dr. Michael Schneider, Sachverständiger für Raubtierfragen in Schweden. Dort hat man den günstigen Erhaltungszustand für den Wolf definiert und erreicht. In einem dezentralen Management ist die Verantwortung auf die Provinzen verteilt. Umfangreiches Monitoring und wissenschaftliche Begleitung gehören dazu.
Eine Etablierung von Wolfsrevieren wird in Schweden in empfindlichen Regionen nur dort ermöglicht, wo die geringsten Schäden zu erwarten sind, Einzelwölfe hingegen dürfen überall auftreten. Ein großflächiger Einsatz von Herdenschutzzäunen wird nicht als sinnvoll erachtet.
Angewandt werden eine Schutzjagd und eine Lizenzjagd. Erstere erfolgt reaktiv bei akuten Problemen, ein bis wenige Tiere werden geschossen. Die Lizenzjagd erfolgt proaktiv, langfristig und großflächig zur Steuerung von Bestandsgröße und Ausbreitung. Quoten dazu werden wissenschaftlich errechnet.
Schneider schloss mit einem sehr eindrucksvollen Vergleich zur Entwicklung der Wolfsbestände zwischen Deutschland und Schweden (s. Grafik). In Schweden kamen mit der Zunahme der Bestände ab 2014 politische Maßnahmen. Ab diesem Zeitpunkt blieb die Population in Schweden konstant, in Deutschland stieg sie steil an.

Die unterschiedliche Entwicklung der Population wird mehr als deutlich. © Dr. Michael Schneider