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Massive Kritik am Programm zum Umbau der Tierhaltung
„Symbolpolitik“ lautet das Schlagwort und zeitgleich der Vorwurf des Landvolk-Vizepräsidenten Jörn Ehlers in der Diskussion um die Zukunft der Tierhaltung. Landwirtinnen und Landwirte sind unzufrieden.
In einer Mitteilung findet Ehlers deutliche Worte zu den Eckpunkten des Bundesprogramms zur Förderung des Umbaus der Tierhaltung. „Wir haben geliefert und sowohl Verbrauchern als auch Politik zahlreiche Angebote für eine Weiterentwicklung unserer Tierhaltung gemacht. Wir müssen leider feststellen, dass auf Lippenbekenntnisse kein Verlass ist, und dass wir Landwirte nun von den Marktrealitäten enttäuscht werden“, so Vizepräsident Jörn Ehlers.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) möchte Investitionen in zukunftsfeste Stallbaumaßnahmen fördern. Darüber hinaus sollen auch die laufenden Mehrkosten, die durch eine besonders tier- und umweltgerechte Tierhaltung entstehen, gefördert werden. Neben der Erfüllung von haltungsbezogenen Kriterien werden hier insbesondere auch Tierwohlindikatoren wie beispielsweise ein intakter Ringelschwanz in der Schweinehaltung berücksichtigt, wie beim BMEL nachzulesen ist.
"Heimischer Markt geht kaputt"
Konventionell wirtschaftende Betriebe bekommen aus Sicht des Landesbauernverbandes damit jedoch keinen Anreiz zur Weiterentwicklung in höhere Haltungsformen. Die Förderung von maximal 3.000 Mastschweinen bzw. 200 Sauen pro Jahr bringe keinen substanziellen Nutzen für einen breit aufgestellten Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl, denn dies stehe nicht in Relation mit der Größe der Betriebe bzw. der Anzahl der Tiere im Stall.
Eine Verlagerung von Landwirtschaft und Tierhaltung in andere Länder sei bereits Realität. „Der heimische Markt geht kaputt, weil wir hier ohnehin schon mit einem enormen Preisdruck zu kämpfen haben“, sagt Ehlers und spricht deshalb von „Symbolpolitik“. Grundsätzlich begrüße der Vizepräsident zwar die finanzielle Förderung zum Umbau der Tierhaltung, der Haushaltsansatz von einer Milliarde Euro von 2023 bis 2026 reiche aber nicht aus. Er plädiert eher dafür, dass vielmehr den Borchert-Plan berücksichtigt werden solle, in dem ja bereits gute, tragfähige und ganzheitliche Vorschläge für den Umbau hinterlegt seien.
Landwirtschaftsministerin Staudte will Geld für Stallumbauten
Praktikable Regelung für Tierhaltung finden
Auch der Veredlungspräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Hubertus Beringmeier, hat sich in einer Pressemitteilung zu Wort gemeldet. Er sieht den Tierhaltungsstandort Deutschland durch den Gesetzesentwurf in Gefahr. „Statt den allgemein anerkannten ‚Borchert-Plan‘ ganzheitlich umzusetzen, wird dieses Konzept in einer Art Salamitaktik zerstückelt und verfälscht, sodass es nicht nur wirkungslos wird, sondern vor allem den Tierhaltern die Perspektiven für Investitionen nimmt.“
Er betitelt das Förderprogramm zum Umbau der Tierhaltung als „völlig unzureichend finanziert“. Zudem halte der der DBV auch die vorgesehenen Obergrenzen für „unannehmbar“. Er resümiert: „Alles zusammen ist das kein Programm zum Umbau, sondern zum Abbau der Tierhaltung.“ Er fordert das BMEL auf, praktikable Regelungen für eine zukunftsfähige Tierhaltung umzusetzen.
Ganzheitliches Konzept gefordert
Auch Ulrich Löhr, Vorsitzender des DBV-Fachausschusses Eier und Geflügel, ist besorgt: „Die Platzvorgaben katapultieren vor allem die deutschen Putenhalter aus dem Wettbewerb im EU-Binnenmarkt und führen die heimische Putenhaltung ins Aus. Statt mehr Tierwohl in Deutschland würde mehr Geflügelfleisch importiert. Die deutschen Geflügelhalter stehen zum Umbau der Tierhaltung, aber das geht nur mit einem ganzheitlichen Konzept“, so Löhr.
Was wäre die Alternative? Ein erfolgreiches wirtschaftsgetragenes Konzept ist nach Ansicht des Landvolks die „Initiative Tierwohl“ (ITW). „Leider müssen wir auch hier feststellen, dass sich viel mehr Landwirte beteiligen möchten, als Nachfrage nach dem Label vorhanden ist. Teilweise werden den Schweinehaltern sogar die Verträge gekündigt oder nicht fortgeführt“, sagt Vizepräsident Jörg Ehlers. Es müsse seiner Meinung nach gelingen, auch die Gastronomie und die dazugehörigen Lieferanten mit Fleisch zu beliefern, das den Vorgaben der Initiative entspreche.