Demonstration in Hannover - Weidetierhalter versus Wolf

Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Meinung | Madeline Düwert | am

Das Thema Wolf muss in die Mitte der Gesellschaft

Zu viele Wölfe, immer mehr Risse und eine Politik, die behäbig ist: Da muss was passieren.

Deshalb marschierten Weidetierhalter vergangene Woche durch die Stadt, nahmen Ponys, ein Schaf und große Banner mit, auf denen sie erklärten: Wölfe fressen nun mal kein Gras.

Ganz im Gegenteil, denn mittlerweile gibt es sogar täglich Übergriffe auf Weidetiere. Die Ängste und den Druck, unter denen Schaf-, Rinder- oder Pferdehalter dadurch stehen, vermag man sich nicht vorzustellen. Einen wirklich sicheren Schutz vor dem Wolf gibt es nicht, da waren sich die Tierhalter einig.

Wenig Verständnis für die Tierhalter

Als wären das nicht schon genug Herausforderungen, zeigte sich aber noch ein ganz anderes Problem: Die Menschen in der Stadt verstehen sie nicht. So gar nicht. Die mitgebrachten Ponys fanden viele Passanten „einfach nur süß“ – ob man die mal streicheln könne? Dass der Wolf die Ponys aber auch zum Anbeißen findet, daran dachten sie nicht. Sie konnten nicht nachvollziehen, wogegen die Tierhalter überhaupt protestierten.

Nein, sogar als „Tierquälerei“ bezeichnete eine Passantin den Protestzug der Weidetierhalter. Denn wie könne man auch die „armen Ponys“ mit in die Stadt bringen, „bei den ganzen Abgasen“? Wie paradox – war doch das „Wolfsfutter“ in der Stadt endlich einmal sicher.

Demonstration von Weidetierhaltern

Unwissenheit führt zu Untätigkeit

Diese Reaktionen zeigen ein bekanntes Problem: Die Menschen haben sich weit von der Landwirtschaft entfernt. Viel zu weit! Inzwischen ist nichts neues mehr daran, dass viele nicht mehr wissen, wie Weizen wächst, wann Äpfel reif sind oder Erdbeeren Saison haben. Demnach ist es auch kaum verwunderlich, dass die Bevölkerung das Leid der Schäfer und Tierhalter nicht verstehen kann. Hier schließt sich der Kreis.

Aber so wird das nichts. Denn die Unwissenheit der Menschen führt zu einer Untätigkeit der Politik: Solange die Menschen in der Stadt nichts von der Dramatik wissen, die sich auf den Weiden abspielt, solange besteht auch kein politischer Handlungsbedarf beim Wolf. Denn das Thema Wolf ist unschön – besonders, wenn man die zerfetzten Überreste der eigenen Herde auf der Weide findet, aber auch als Wahlkampfthema taugt es nicht so – zu emotional, zu strittig, zu unbequem. Da schaut man lieber weg.

Öffentlichkeitsarbeit ist nötig

Deshalb müssen sich die Tierhalter noch mehr ins Zeug legen. Nicht nur der Wolf ist ihr Problem, sondern auch die unwissende Bevölkerung. Landwirte betreiben Öffentlichkeitsarbeit, warum dann nicht auch die Schäfer, Rinder- und Pferdehalter? Erst wenn auch die Stadtmenschen wissen, dass hinter dem ausgeweideten Pony auf der Koppel ein kleines Mädchen steht, das um seinen besten Freund weint – erst wenn sie wissen, dass Tierhalter ihre Existenz aufgeben müssen – erst dann wird der Wolf nicht mehr nur ein wildes Kuscheltier sein. Hier muss sich etwas ändern. Der Protestzug der Weidetierhalter durch die Stadt war ein Anfang, damit das Thema Wolf wieder dahin kommt, wo es hin muss: in die Mitte der Gesellschaft.

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