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Umweltleistungen müssen rentabel sein
Eco-Schemes sollen attraktive Umweltleistungen in der neuen GAP sein. Doch selbst die EU-Kommission hat Bedenken zu ihrer Einkommenswirksamkeit, erklärt Jochen Flasbarth, Staatsekretär des Bundesumweltministeriums.
Herr Staatssekretär Flasbarth, sind Sie zufrieden mit den Eco-Schemes?
Es ist aus Sicht des Bundesumweltministeriums mit Sicherheit einer der wichtigsten Aspekte der neuen GAP-Reform. Anders als die von uns einst geforderten 45 %, sollen nun 25 % der Mittel an Eco-Schemes beziehungsweise an Öko-Regelungen der Ersten Säule gehen. Damit kann unser Haus zunächst leben, wir sind zufrieden.
Zum Beispiel gibt es eine stärkere Umschichtung von der Ersten in die Zweite Säule. Gleichzeitig haben wir bei den Öko-Regelungen inhaltlich einiges auf den Weg gebracht. Und wir haben eine gesetzliche Überprüfungsklausel bereits für 2024 festgelegt. Zudem haben die Agrarminister der Länder sowie das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) für uns nachvollziehbar vorgebracht, dass für die Landwirtschaft ein Anteil von über 25 % bei den Öko-Regelungen ohne Einkommenswirksamkeit kaum attraktiv ist.
Darum ist es ärgerlich, dass die EU-Kommission in einer Weise agiert, dass die Einkommenswirksamkeit so nicht realisiert werden kann, wie wir das eigentlich erwartet hatten und die Kommission es auch suggerierte. Den Landwirten wurde immer wieder gesagt, ihr könnt mit den Öko-Regelungen beziehungsweise Umweltleistungen Geld verdienen.
Ist dem nicht so?
So wie sich die EU-Kommission uns gegenüber mit ihren Papieren eingelassen hat, leider nicht. Das ist ein sehr großes Ärgernis, und aus meiner Sicht muss sie diese Position auch korrigieren. Die Kommission begründet ihre völlig überraschende Wendung mit möglichen rechtlichen Bedenken der Welthandelsorganisation (WTO), wonach die Öko-Regelungen nicht unmittelbar einkommenswirksam sein dürften.
Hat Brüssel hier nicht Recht?
Dieses Argument halte ich überhaupt nicht für plausibel. Warum sollen Direktzahlungen, die allein der Maisproduktion dienen, WTO-rechtlich in Ordnung sein, wohingegen Öko-Regelungen, bei denen die Landwirte Gemeinwohlgüter schaffen und beispielsweise auf das Grundwasser oder das Insektenleben achten und dabei etwas mehr Geld als die ihnen dabei entstehenden Kosten erhalten, handelsrechtlich nicht gehen? Hier ist uns die Kommission bisher jede plausible Erklärung schuldig geblieben.
Was erwarten Sie jetzt von Brüssel?
Diese unnötigen Hürden müssen wieder ausgeräumt werden. Die Kommission hatte Rat und Parlament angemahnt, den Green Deal mit der GAP-Reform vereinbar zu machen. Dann muss jetzt aber auch dafür gesorgt werden, dass die Bauern, die sich für Öko-Regelungen entscheiden, auch etwas damit verdienen können. Sonst werden wir bei den umweltpolitischen Erfolgen der GAP-Reform weit unter dem eigentlich Möglichen bleiben. Zudem verbaut die EU-Kommission die Möglichkeit, gesellschaftliche Interessenkonflikte besser auszugleichen.
Gehen Vertreter der Bundesregierung auf technischer oder politischer Ebene in dieser Frage direkt auf die Kommission zu, um in Ihrem Sinne noch etwas zu erreichen?
Fest steht, dass wir uns an diesem Punkt mit dem federführenden Bundeslandwirtschaftsministerium einig sind. Vertreter des Agrarressorts sind natürlich mit der EU-Kommission im ständigen Austausch, um hier noch etwas zu erreichen. Die Kommission muss in dieser Frage aber konsistent bleiben. Anderenfalls sehe ich die riesengroße Gefahr, dass letztendlich eine enorme Enttäuschung in der Landwirtschaft entsteht. Viele Bauern sind ohnehin schon aufgebracht. Aus meiner Sicht häufig zu Unrecht, an diesem Punkt könnte ich den Berufsstand aber wirklich verstehen.
Für wie erfolgsversprechend halten Sie Ihr Anliegen? In Brüssel könnte es unter Umständen bereits in wenigen Wochen zu einer Einigung im Trilog aus Kommission, Rat und Europaparlament zur GAP-Reform kommen.
Aus meiner Sicht ist das kein Thema für die Triloge. Das ist eine kommissionsinterne Angelegenheit. Hier braucht es jetzt von oben politische Führung, um die ursprünglichen Ankündigungen nun auch umzusetzen und eine Agrarwende im guten Sinne zu ermöglichen.
Bis wann wünschen Sie sich eine klare Antwort aus Brüssel?
So schnell wie möglich. Sollte eine entsprechende Zusage in unserem Sinne in den kommenden Wochen kommen, dann wäre das Argument gegen höhere Eco-Schemes, also die fehlende Einkommenswirksamkeit, schon während der Beratungen der Gesetze im Deutschen Bundestag vom Tisch.
Es könnten also unter Umständen noch mehr als die von der Bundesregierung geplanten 25 % in der Ersten Säule werden?
Wie gesagt, dazu wäre es wichtig, dass die Kommission bald klare Signale sendet und ihre fragwürdige Einschätzung über WTO-rechtliche Bedenken zurücknimmt. Unser Haus sowie die SPD-Bundestagsfraktion wären dafür, dann auch noch mehr bei den Öko-Regelungen zu machen.