Kinder vom Bauernhof haben weniger Allergien. Das liegt vor allem an einem Protein, das in Rohmilch und im Rinderstall vorkommt.
Doch wie kommen Menschen mit diesem speziellen Protein namens BLG in Kontakt?
Das hat ein Forschungsteam des Messerli Forschungsinstituts der Veterinärmedizinischen Universität Wien in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Arbeitsgruppen erforscht und neue Erkenntnisse gewonnen.
Zunächst einmal steht bereits fest: BLG kommt in Rohmilch vor. Es macht einen großen Teil des Eiweißes der Molke aus und erfüllt eine Trägerfunktion für Mikronährstoffe wie Eisen, Vitamine und Fettsäuren.
So wirkt das Protein antiallergisch
Entscheidend für die positive Wirkung des BLG ist allerdings der Aufbau des Moleküls, beziehungsweise seine Anhängsel namens Liganden. BLG wirkt nur in Verbindung mit Mikronährstoffen wie Eisen, Zink und Vitamin A antiallergisch. Fehlt diese Verbindung, ist die Wirkung umgekehrt.
Ein Beispiel: Wenn Kühe Gras auf der Wiese fressen, verhindert das BLG in der Rohmilch dank der passenden Liganden Allergien. Anders sieht es bei schlechtem Futter und industriell verarbeiteter Milch aus.
Bauernhofkinder haben seltener Asthma
BLG in Staub von Rinderställen mit Zink vermischt
Nicht jeder Bauernhof schützt gleich gut vor Allergien, fanden die Wiener Forscher heraus - entscheidend ist die Art des Betriebs. BLG kommt demnach in großer Menge im Staub in Rinderställen vor. Von dort werde es bis in die Betten der Bauernfamilien getragen. Weil BLG im Staub mit Zink verbunden sei, ist dadurch auch die antiallergische Wirkung sichergestellt.
BLG gelangt über Rinderurin in den Stall
Die Wissenschaftler stellten fest, dass BLG im Rinderurin, sowohl bei weiblichen als auch männlichen Tieren, vorkommt und so in den Stall gelangt.
Um den antiallergischen Effekt von Beta-Lactoglobulin abzubilden, verabreichte das Team Mäusen in Form von Nasentropfen Kuhstallstaub. Enthielt der Staub BLG, wurde die Allergieantwort der Nager unterdrückt. Hingegen konnte BLG-freier Staub eine allergische Immunantwort nicht verhindern. Dieser Schutzeffekt zeigte sich den Forschern zufolge nicht nur gegenüber dem Milchallergen, sondern auch gegenüber einem Allergen aus der Birke.
Die „Bauernhof-Schutzglocke“
Das Forscherteam spricht wegen des hohen Vorkommens von BLG im Stall sogar von einer ganzen „Bauernhof-Schutzglocke“.
Studienautorin Isabella Pali-Schöll vom Messerli Forschungsinstitut erklärt: „Wir vermuteten, dass die Verteilung von BLG dem Schutzglocken-Muster folgt und haben daher an verschiedenen Standorten um einen Kuhstall herum Luft über Filter angesaugt, und die gesammelten Proben auf das Protein untersucht."
Das Ergebnis: "Tatsächlich konnten wir es in abfallender Konzentration bis fast 300 Meter um den Stall herum messen“, schildert die Forscherin.
Moderne Rinderzucht setzt auf Gesundheit und Robustheit
Weitere Forschung soll die unterschiedlichen Einflussfaktoren aufdecken: Möglicherweise entscheiden die Haltungsbedingungen, der Stress- und Gesundheitszustand sowie die Fütterung der Rinder darüber, ob das Milchprotein seinen Beitrag zum Schutz vor Allergien und Asthma leisten kann.