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Böse Überraschung bei der Grundsteuer? Das können Sie tun
Ab 2025 wird die Grundsteuer nach neuen Grundsteuerwerten festgesetzt. Mögliche Steuererhöhungen können nach Bestandskraft der Bescheide über diese Werte nicht mehr wirksam abgewehrt werden. Das können Sie tun.
Niedersachsens Finanzämter haben damit begonnen, die ersten Grundlagenbescheide über den Grundsteuerwert zu verschicken, nachdem die Frist für die elektronische Grundsteuererklärung Ende Januar ohne Verlängerung abgelaufen ist. Das betrifft offensichtlich zunächst die wirtschaftlichen Einheiten („Grundstücke“), die nach dem Sachverhalt einfacher zu bewerten sind – Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen und Ähnliches.
Bescheid über Hebesätze als letztes
Der auf Grundlage der Erklärung festgestellte Wert wird in einen Grundsteuermessbetrag umgerechnet – ein Verfahren, das bereits aus der bisherigen einheitswertbezogenen Grundsteuerermittlung bekannt ist. Der Bescheid über den Grundsteuermessbetrag ist sozusagen ein Folgebescheid aus der Feststellung des Grundsteuerwerts. 2024 sollen dann die Gemeinden ihre jeweiligen Grundsteuerhebesätze festlegen. Durch Multiplikation dieser Hebesätze mit dem zuvor vom Finanzamt festgestellten Grundsteuermessbetrag ergibt sich dann für Zeiträume ab 1.1.2025 die Höhe der neuen Grundsteuer. Diesen Bescheid über die Grundsteuer geben die Gemeinden – sozusagen als letztes Glied in der Kette – den jeweiligen Eigentümern bekannt.
Abweichendes Modell in Niedersachsen
Grundsätzlich soll in den Grundlagenbescheiden der Verkehrswert des jeweiligen Grundstücks zum Stichtag 1. Januar 2022 ausgewiesen werden. In Niedersachsen hat man sich dabei für ein vom sogenannten Bundesmodell abweichendes, modifiziertes Bewertungsverfahren entschieden. Für Grundbesitz mit Belegenheit in Niedersachsen werden daher statt der Verkehrswerte sogenannte Grundsteueräquivalenzbeträge ausgewiesen. Diese sind „sehr niedrig“, weil nach niedersächsischer Regelung insbesondere Lagefaktoren für die Bewertung des jeweiligen Grundstücks berücksichtigt werden sollen.
Grundsteuerwert: Ein Monat Einspruchsfrist
Das Problem dabei: Die Finanzverwaltung (nicht nur in Niedersachsen) gibt die Bescheide über den Grundsteuerwert (Stichtag 1. Januar 2022) endgültig bekannt. Nach dem oben genannten Zeitplan ist jedoch frühestens in zirka eineinhalb Jahren damit zu rechnen, dass auch die Hebesätze der jeweiligen Gemeinden vorliegen. Erst dann steht auch die Höhe der Grundsteuer ab Januar 2025 fest.
Nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist ist der Bescheid über den Grundsteuerwert als Grundlagenbescheid bestandskräftig. Fällt aber – je nach Höhe des von der Gemeinde ab Januar 2025 festgelegten Hebesatzes – die Grundsteuer nach der Neuregelung erheblich höher aus als bei der bisherigen einheitswertbezogenen Ermittlung, kann der Grundsteuerbescheid ab 2025 verfahrensrechtlich nicht mehr angegriffen werden.
Wie auch der Bescheid über den Grundsteuermessbetrag ist auch der Grundsteuerbescheid letztendlich Folgebescheid aufgrund der aktuellen Festsetzung des Grundsteuerwertes zum 1. Januar 2022. Wird also der Grundlagenbescheid bestandskräftig, muss der betroffene Grundstückseigentümer die auf dieser Basis ermittelte Grundsteuer im Prinzip für die siebenjährige Dauer des Hauptfeststellungszeitraums zahlen.
Bescheide offenhalten
Dieses nachteilige Ergebnis kann demnach nur durch ein verfahrensrechtliches „Offenhalten“ des Grundlagenbescheides über den Grundsteuerwert vermieden werden. Und das lässt sich nur durch fristgerechtes Einlegen eines Einspruches gegen diesen Bescheid erreichen.
Eine Begründung dieses Rechtsmittels kann einerseits auf die sowohl im Bereich des Grundvermögens als auch im Bereich des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens vorgesehenen umfassenden Typisierungen gestützt werden. Hier kann die Typisierung, die der Bewertung zugrunde liegt, im Einzelfall eine Verletzung des Übermaßverbot darstellen. Denn der Steuerpflichtige hat nach dem Gesetz nicht die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert seines Grundstücks bzw. seines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft nachzuweisen.
Bestimmtheitsgebot
Hinzu kommt, dass die Rechtsfolgen der Grundsteuerwertbescheide nach dem dargestellten zeitlichen Verfahrensablauf wegen der fehlenden (von den Gemeinden gegebenenfalls angepassten) Grundsteuerhebesätze bis zum Ende der Rechtsbehelfsfrist der Grundlagenbescheide nicht absehbar sind. Das könnte gegen das verfassungsrechtliche Bestimmungsgebot verstoßen, das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt und auch im Steuerrecht gilt. Das Bestimmungsgebot besagt, dass es für den Bürger erkennbar sein muss, welche Rechtsfolgen sich aus seinem Verhalten ergeben. Die staatliche Reaktion auf sein Handeln – hier also die Höhe der Grundsteuerfestsetzung ab 1.1.2025 – muss also voraussehbar sein. Andernfalls besteht die Gefahr einer staatlichen Willkür. Der Bestimmtheitsgrundsatz schafft also Rechtssicherheit.