Am Weltmarkt stürzen die Düngerpreise regelrecht ab. Diese Woche kostet Harnstoff, für die Lieferung im Februar, so wenig wie zuletzt im Mai 2021 – also vor knapp 2 Jahren.
Auch in Europa fallen die Preise für Stickstoffdünger weiter. Der Grund für den Preissturz dürften die fallenden Gaspreise und auch die vollen Läger vieler Hersteller und Händler sein. Analysten sagen zudem, dass der Markt überversorgt ist und erwarten weiter fallende Düngerpreise.
Fallen die Preise noch weiter?
Offenbar löst der Preisrutsch nicht den von der Industrie erhofften Kaufrausch bei Landwirten aus, denn: Die Preise könnten noch weiter fallen. Am Terminmarkt kostet Harnstoff, zur Verladung im Februar am US-Golf (fob), diese Woche nur noch 375 USD je Tonne. Im Dezember lagen die Preise an der gleichen Stelle noch bei 550 USD und im September waren es knapp 700 USD je Tonne. Seitdem haben sich die Harnstoffpreise fast halbiert.
Zu Jahresmitte (Juni) liegen die Preisforderungen, zu denen man Harnstoff einkaufen kann, nur noch bei 350 USD je Tonne. Auch an anderen wichtigen Handelsplätzen ging es mit den Preisen steil nach unten. So kostet Harnstoff für den Februartermin an den wichtigsten Häfen im Mittleren Osten ebenfalls nur noch 390 USD je Tonne – nach 440 USD im Januar. Wer seinen Harnstoff aus Ägypten bezieht, muss noch etwas mehr als 400 USD zahlen.
An den deutschen Importhäfen liegen die Harnstoffpreise diese Woche noch bei 605 Euro – im Vergleich zu 725 Euro zum Beginn des Monats und 780 Euro im Dezember. Für Kalkammonsalpter (KAS) verlangen deutsche Händler im Schnitt 565 Euro – im Vergleich zu 620 Euro im Dezember und 880 Euro im September.
„Der Harnstoffmarkt bleibt weiterhin überversorgt. Schwache Importe in den USA, langsame Käufe in Europa und Verzögerungen bei Indiens nächster Ausschreibung bedeuten, dass weitere Preise-Rückgänge zu erwarten sind", sagen die Analysten von CRU in ihrem Wochenausblick.
Die europäischen Nitratpreise werden zudem durch die fallenden Preise auf dem Erdgas- und Harnstoffmarkt nach unten gezogen, heißt es weiter. Auch Phosphate geraten durch die schwache Nachfrage aus Indien ins Trudeln. An den deutschen Importhäfen kostet DAP jetzt rund 770 Euro je Tonne und damit 30 Euro weniger als im Dezember – und 280 Euro weniger als im September. Auch der Abwärtsdruck auf Kali nimmt außerhalb Brasiliens zu.
Weltmarkt ist überversorgt und die Preise fallen weiter
Zu den größten Sorgen der für Landwirte auf dem Weg in die Anbausaison 2023 gehören die hohen Inputkosten, sagt der Düngeranalyst Josh Linville, Vizepräsident für Düngemittel bei StoneX gegenüber dem Onlineportal agrarweb. Ein wichtiger Input – Dünger – sieht jedoch überraschend billiger aus als vor einem Jahr. Ein warmer Winter in Europa und nachlassende Lieferkettenprobleme haben nämlich zu einem Rückgang der Erdgaspreise um 50 % geführt, das zur Herstellung von Stickstoffdünger benötigt wird. Das hat den Druck vom globalen Düngemittelmarkt genommen.
Josh Linville sagt, die für die globale Versorgung wichtigen Düngemittellieferungen aus Russland seien letztes Jahr aufgrund des Schwarzmeerkriegs zurückgegangen, außerdem sei die Produktion einiger Produkte in China und Europa stark eingebrochen, was die Preise auf Rekordniveau getrieben habe. Jetzt hat sich diese Situation umgedreht. Linville sagt: „Wir gehen in dieses Jahr und die Märkte fühlen sich bis zu einem gewissen Grad überversorgt, die Nachfrage fühlt sich an, als könnte sie weiter warten, sich zurückhalten. Niemand macht sich Sorgen um die Logistik, das ist heute ein viel ruhigerer, normalerer Markt als vor 12 Monaten.“
Der Düngeranalyst sagt auch, dass die Preise für viele Düngemittel auf dem US-Spotmarkt bereits um etwa die Hälfte gegenüber dem Höchststand gesunken sind. Linville erwartet zudem, dass diese niedrigeren Preise auch bis zur Frühjahrsbestellung anhalten werden.
Auf der jüngsten Jahrestagung der Illinois Fertilizer & Chemical Association Mitte Januar, machte BK Morris, Senior Markets Editor, Fertilizers bei der CRU Group, ähnliche Prognosen für die Marktaussichten wie Linville. „Es wird erwartet, dass die Stickstoffpreise weiter sinken und sich aufgrund des reichlichen Angebots von den Kosten entkoppeln“, sagte er. „Diese Situation wird durch die Wiederaufnahme der Ammoniakexporte aus Russland unterstützt. „Wir gehen davon aus, dass die von den Vereinten Nationen vermittelten Verhandlungen im Jahr 2023 dazu führen, dass die russischen Ammoniaklieferungen voraussichtlich von 0,8 Millionen Tonnen auf 2 Millionen Tonnen steigen“, sagte Morris.