Kartoffeln auf dem Acker ausgraben - was ist erlaubt?

Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Peter Laufmann | am

Kartoffeln stoppeln: Felder sind kein Selbstbedienungsladen!

Jetzt kommt wieder die Saison des Stoppelns von Zwiebeln, Kartoffeln oder Äpfeln. Doch was ist erlaubt? Was kann der Landwirt tun, wenn ihm die Ernte vor der Nase weg geklaut wird?

„Stoppeln“ war nach dem Krieg groß in Mode. Menschen sind über die abgeernteten Felder gegangen und haben jene Kartoffeln oder Zwiebeln aufgeklaubt, die liegen geblieben waren. Heute glauben manche Menschen auch ohne Krieg und Hunger, sie könnten sich auf Feldern oder an Obstbäumen bedienen. Rechtlich ist die Sache klar. Doch was kann ein Landwirt tun, wenn das Stoppeln überhand nimmt?

Hohe Zwiebelpreise – viele Zwiebel-Diebe

Für Landwirte ist es manchmal bloß ein Ärgernis, manchmal ein echter Schaden. Mal geht es um Obst, mal um Zwiebeln. So könnten die Zwiebelbauern bei Calbe in Sachsen-Anhalt eigentlich zufrieden sein. Die Ernte war erfreulicher als letztes Jahr. „Auch wenn die Qualität besser sein könnte“, sagt Heiko Brandt vom Mitteldeutschen Zwiebelkontor. „Es war halt zu den falschen Zeiten das richtige Wetter.“ Hinzu kommt, dass es Verbraucher gibt, die den Zwiebelbauer bereits vor der Ernte um seine Früchte bringen. „Wir reden hier von Tonnen, die von den Feldern verschwinden“, sagt Brandt. Das sei schon immer so gewesen, „aber dieses Jahr fällt es schon besonders auf. Vielleicht sind die Preise vielen Menschen zu hoch und dementsprechend viel wird geklaut.“  

Auch Landwirt Sören Diersing-Espenhorst hat in Niedersachsen Erfahrungen mit Diebstahl gemacht: Schon vor der Ernte haben Unbekannte auf 200 Quadratmetern Acker Kartoffeln ausgegraben. Am meisten stört ihn daran die Unverschämtheit der Menschen. „Es kann nicht sein, dass man uns jetzt schon die Früchte vom Acker klaut.“

Ob Kartoffeln oder Kohlrabi - immer häufiger werden Landwirte direkt vom Acker bestohlen.

Bis zu 500 Kilo Zwiebeln auf einen Rutsch geklaut

Die Zwiebel-Mengen, die von den Feldern verschwinden, sind beeindruckend. In Calbe werden auf 300 Hektar Zwiebeln angebaut. Bei 40 Tonnen pro Hektar sind das 12.000 Tonnen Zwiebeln. „Wenigstens ein Prozent verschwinden“, so Heiko Brandt. 120 Tonnen, wenigstens. „Wie die Ameisen tragen die Menschen Zwiebeln vom Feld. Dabei ist es mal ein Beutel, mal 50 Kilogramm, mal 100 oder sogar 500 Kilogramm.“

Stoppeln von Kartoffeln ist Diebstahl

Es muss ja nicht gleich eine halbe Tonne sein. Aber um eins gleich klarzustellen: Stoppeln ist letztendlich Diebstahl. Wenn auch in minderschwerer Form. In Deutschland fällt es unter § 248a StGB, „Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen“. Das meint laut Bundesgerichtshof Sachen, die weniger als 25 Euro wert sind. Polizei und Staatsanwaltschaft verfolgen diese Form des Diebstahls nur, wenn der Landwirt als Eigentümer ihn anzeigt. „Wir zeigen inzwischen nicht mehr an, das macht keinen Sinn“, sagt Heiko Brandt. „Allerdings fragen wir uns schon, wer diese großen Mengen klaut. Unsere regionalen Gemüsehändler kaufen 50 Kilo die Woche. Was will man mit 500 Kilo Zwiebeln?“

Kartoffeln vom Feld klauen: Geld- und Freiheitsstrafe möglich

Im Falle der gestohlenen Zwiebeln oder wenn Menschen sich schon vor der Ernte an Kartoffeln oder Obst bedienen, liegt der Wert mitunter jenseits der 25 Euro. In so einem Fall muss die Polizei auch ohne Anzeige aktiv werden. Es drohen, selbst wenn sich der Stoppeler ahnungslos gibt, Geld- oder sogar Freiheitsstrafen. „Da ist aber immer die Frage, ob die Täter gefunden werden. Ich kann mich nicht ans Feld stellen. Und selbst wenn man einen erwischt: Ich kann mich nicht mit jedem anlegen“, sagt Heiko Brandt. Die Menschen seien mitunter extrem dreist: „Da sitzen sie am Feld und putzen seelenruhig die Zwiebeln. Und welche nicht gut genug sind, landen im Graben.“

Immer den Landwirt fragen, bevor man etwas vom Acker nimmt

Als Landwirt ist man definitiv im Recht, wenn man diese Art Diebstahl anzeigt. Und auch für diejenigen, die stoppeln, ist es gut zu wissen. Sie sind auf der sicheren Seite, wenn sie bei dem Eigentümer oder Pächter des Feldes um Erlaubnis fragen. Wenn die Ernte abgeschlossen ist, versteht sich. Vorher Kartoffelpflanzen aus dem Boden zu reißen oder mit Büscheln voller Zwiebeln nach Hause zu marschieren, ist eine Straftat. Auch der private Apfelpflücker in der Plantage des Obstbauern ist keine Bagatelle.

Familie auf Kuhweide

Wo Mundraub zum System gehört

Diebstahl ist es auch, sich auf Streuobstwiesen oder am Straßenrand an Äpfeln oder Pflaumen zu bedienen. Auch sie sind Eigentum. Man geht schließlich auch nicht wie selbstverständlich in Nachbars Garten, um da die Erdbeersträucher zu plündern. Allerdings gibt es auch viele Obstbäume und Sträucher, die nicht mehr abgeerntet werden. Auf der Internet-Plattform mundraub.org gibt es eine interaktive Karten mit fast 50.000 Standorten, an denen man Äpfel, Beeren oder auch Kräuter selbst ernten kann. Die Seite wird von den Nutzern stetig aktualisiert. Explizit geht es darum, keine Eigentumsrechte zu verletzen.

Digitale Ausgabe

Jetzt bestellen
digitalmagazin

✓ Artikel suchen und merken

✓ exklusiv: Video und Audio

✓ Familienzugang

✓ 1 Tag früher informiert

Digitale Ausgabe

✓ Artikel merken und teilen
✓ exklusiv: Video und Audio
✓ Familienzugang
✓ 1 Tag früher informiert
Produkte entdecken
 
Das könnte Sie auch interessieren

Inhalte der Ausgabe

  • Direktvermarktung: Impulse nutzen, Chancen optimieren
  • Wolfsattacken in Stade häufen sich
  • Sorgfältiges Silieren zahlt sich aus
  • Wie viel Faser braucht das Schwein?
  • Batteriespeicher: Das sollten Sie vor der Anschaffung bedenken

JETZT DAS WOCHENBLATT KENNENLERNEN – GEDRUCKT ODER DIGITAL!

Reinschnuppern: 12 Ausgaben ab 10€

Jetzt bestellen