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Pachtstreit um eine Pferdeweide
Ist ein Pachtvertrag über eine Pferdeweide mit normaler Frist kündbar – oder handelt es sich dabei um einen Landpachtvertrag mit verlängerter Kündigungsfrist? Darüber hat vor Kurzem das Amtsgericht Gifhorn entschieden.
Pachtverträge können mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende des Pachtjahres gekündigt werden (§ 584 BGB). Doch gilt das auch für eine Pferdeweide? Darüber hat vor Kurzem das Amtsgericht Gifhorn entschieden.
Pachtvertrag für eine Pferdeweide mündlich geschlossen
Die beklagte Pächterin pachtete im Mai 2018 vom Verpächter und späteren Kläger eine Weide für ihr Pferd. Den Vertrag hatten die beiden mündlich abgeschlossen, denn der Verpächter sicherte ihr zu, sie könne die Weide auf längere Zeit nutzen und die Pächterin vertraute darauf.
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Pferdeweide doch wieder selbst nutzen
Allerdings wollte der Verpächter die Weide früher als von der Pächterin erwartet, wieder selbst nutzen. Er verfasste am 4.10.2020 eine schriftliche Kündigung, die der Pächterin am 7.10.2020 zuging. Mit diesem Kündigungsschreiben verlangte der Verpächter von der beklagten Pächterin die Herausgabe der Fläche binnen sieben Monaten zum 31.5.2021. Die Pächterin widersprach. Sie verwies darauf, dass die Kündigungsfristen wesentlich länger seien. Bei Landpachtverhältnissen sei gemäß § 594a Abs. 1 S. 1 BGB spätestens zum dritten Werktag eines Pachtjahres für den Ablauf des darauffolgenden Pachtjahres eine Kündigung möglich.
Landpachtvertrag ja oder nein?
Der Verpächter seinerseits meinte, der Vertrag über die Überlassung der Pferdeweide sei gar kein Landpachtvertrag, sondern ein allgemeiner Pachtvertrag, der ebenso wie ein Mietvertrag wesentlich schneller gekündigt werden kann. Mit dieser Argumentation verklagte der Verpächter die Pächterin vor dem Amtsgericht Gifhorn auf Herausgabe der Pferdeweide.
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Pferdewiese: Agrarische Nutzung?
Die Pächterin beantragte, die Herausgabeklage abzuweisen. Zur Begründung verwies sie in erster Linie darauf, dass die allgemeine Prozessabteilung des Amtsgerichts Gifhorn gar nicht zuständig für den Fall sei. Da es sich um eine Landpachtsache handele, sei entsprechend den einschlägigen Formvorschriften (§ 1 Nr. 1a Landwirtschaftsverfahrensgesetz) ausschließlich das Landwirtschaftsgericht beim Amtsgericht Gifhorn zuständig.
Dieser Einwand führte dazu, dass das Amtsgericht Gifhorn schon bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klage darüber entscheiden musste, ob eine Pferdeweide ein Landpachtvertrag im Gesetzessinne ist oder nicht. Laut § 585 Abs. 1 BGB wird ein Grundstück durch einen Landpachtvertrag überwiegend zum Zwecke der Landwirtschaft verpachtet. Landwirtschaft ist nach § 585 Abs. 1 S. 2 BGB die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen.
Gilt der Vertrag für eine eine gepachtete Fläche, die als Pferdeweide genutzt wird, als Landpachtvertrag? Das Amtsgericht in Gifhorn hatte darüber zu entscheiden. © Imke Harms
Landwirtschaftliche Nutzung: Grundstücksfläche ist Pferdekoppel
Weil die überlassene Grundstücksfläche eine Weidefläche ist, auf der Pferde gehalten werden, die dort auch grasen, stellte das Gericht fest, dass das Grundstück hinsichtlich seines Bodens gezielt für Tierhaltung genutzt wird – die Weide also der Ernährung der Pferde diente. Die Fläche sollte als Weide bzw. Wiese entsprechende Futtermittel hergeben und gleichzeitig der Tierhaltung dienen. Damit sind, so entschied das Gericht, die Voraussetzungen zur landwirtschaftlichen Nutzung der verpachteten Fläche erfüllt. Der strittige Vertrag sei ein Landpachtvertrag.
Kündigung der Pferdekoppel nach knapp drei Jahren
Für diesen Fall galt also § 594a Abs. 1 S. 1 BGB, wonach die Kündigung zum übernächsten Jahr wirksam wird, wenn zum dritten Werktag eines Pachtjahres gekündigt wird. Für den Kündigungszeitpunkt ist der Zugang der Kündigung maßgebend. Dieser war am 7.10.2020 und lag also wenige Tage nach dem dritten Werktag. Die Folge war, dass die Kündigung vom 4.10.2020 erst zum 30.9.2022 wirksam wurde.
Der Fall zeigt nicht nur, dass Pferdeweiden-Pachtverträge Landpachtverträge im Rechtssinne sind, sondern auch, dass die Kündigungszeit bei Landpachtverträgen faktisch fast drei Jahre laufen kann, wenn man den richtigen Kündigungszeitpunkt verpasst.
Amtsgericht Gifhorn, Urteil vom 9.5.2023, Az. 60 Lw 37/22.
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