Beim diesjährigen Erntedankfest (3. Oktober) haben Niedersachsens Landwirtinnen und Landwirte mit gemischten Gefühlen auf das Jahr 2021 geschaut. Gerade Wetterextreme bereiten Sorgen.
"Es war eine äußerst turbulente Zeit für unsere Landwirte", machte Landvolk-Präsident Dr. Holger Hennies deutlich. In diesem Jahr hätten die Bauern die Folgen extremer Wetterlagen zu spüren bekommen - darunter Trockenheit und Frost im Frühjahr und Dauerregen im Sommer. Zwar seien die Regale in den Märkten und Läden gut gefüllt, doch die Ernte habe die Erwartungen nicht erfüllt.
Otte-Kinast: "Mehr Verständnis füreinander"
Dennoch würden die niedersächsischen Landwirte in einer "klimatisch günstigen Region" wirtschaften, so Hennies weiter. Zusätzlich dankte er allen Betrieben, die bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen geholfen hatten. In ihrer Rede beim Landeserntedankfest kündigte Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast zudem einen "neuen Gesellschaftsvertrag" für Mitte 2022 an. Dabei stehe die Frage "Was kommt morgen auf den Tisch" im Vordergrund. "Ich möchte die Sprachlosigkeit zwischen den Erzeugern und Verbrauchern, der Land- und der Stadtbevölkerung auflösen", erklärte die CDU-Politikerin weiter. "Es geht um mehr Verständnis füreinander."
Rotenburg: Trecker-Erntedankgottesdienst
Was bedeutet Erntedank?
Das Erntedankfest wird meinst am ersten Sonntag im Oktober gefeiert und soll an die Abhängigkeit der Menschen von der Natur erinnern. Christen danken Gott an diesem Tag für die Feld- und Obsterträge des Jahres. In Niedersachsen fand der Gottesdienst gestern (3. Oktober) in der St.-Johannes-Kirche in Oldenburg-Kreyenbrück statt. In seiner Predigt rief der oldenburgische Bischof Thomas Adomeit dazu auf, Verantwortung für andere Menschen und die Umwelt zu übernehmen. Zusätzlich dankte er den zahlreichen jungen Menschen, die "für den Erhalt unserer Welt und den Schutz des Klimas auf die Straßen gehen".
Julia Klöckner: "Danke allen, die für unser täglich Brot sorgen!"
Auch Bundesagrarministerin Julia Klöckner dankte den deutschen Landwirten für ihre Arbeit. „Das Erntedankfest stammt aus einer Zeit, in der eine schlechte Ernte Hunger bedeutete, man nur sorglos in den Winter gehen konnte, wenn Speicher und Keller gefüllt waren", so Klöckner. "Heute sind Lebensmittel für uns in Europa schlichtweg selbstverständlich. Sie sind einfach da. Eher zu reichlich als zu knapp. In hoher Qualität – regional, bio oder exotisch. Ihren Preis zeigt die Supermarktkasse an. Aber nicht ihren Wert."
Weiter fordert die Ministerin: "Wir sollten uns ins Bewusstsein rufen, wie viel Zeit, harte Arbeit und Durchhaltevermögen es erfordert, bis unser Essen auf die Teller kommt. Es geht um Wertschätzung, und das nicht nur an Erntedank. Denn auch das aktuelle Jahr zeigt, dass gute Ernten und ein breites Angebot an hochwertigen Lebensmitteln nicht selbstverständlich sind. Deshalb sage ich ‚Danke‘ für die unermüdliche Arbeit, die unsere Bäuerinnen und Bauern jeden Tag leisten. Danke allen, die für unser täglich Brot sorgen!"
Erntedank: Wir wollen Gutes noch besser machen
Ernte fällt in diesem Jahr teils unterdurchschnittlich aus.
Auch Klöckner machte auf die Extremwetterereignisse aufmerksam und erklärte, dass die Ernte im Vergleich zu einem Durchschnittsjahr weit zurückliege. Gerade die Ernte von Getreide falle in diesem Jahr unterdurchschnittlich aus, heißt es vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Doch auch bei Obst, Gemüse und im Weinanbau werde der Ertrag deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt liegen. Bei der Kartoffelernte werde ein durchschnittliches Ergebnis erwartet, das jedoch hinter dem Vorjahresergebnis zurückbleibe.
Vom BMEL heißt es weiter, dass Ernten und eine ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln nicht selbstverständlich seien. Dies würden auch die Zahlen der Vereinten Nationen zeigen: Denn die Zahl der von Hunger betroffenen Menschen sei um etwa 118 Millionen auf 768 Millionen gestiegen. Damit hatte fast jeder dritte Mensch auf der Welt im Jahr 2020 keinen Zugang zu angemessener Nahrung.
Bauernverband setzt sich für weniger Lebensmittelverschwendung ein
"Bauern erzeugen Lebensmittel, die Mittel zum Leben", erklärte auch Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV). "Wir sind Garant für sichere Lebensmittelerzeugung und sind uns unserer Verantwortung für die Gesellschaft bewusst. Trotz wirtschaftlich herausfordernder Zeiten haben wir unsere Wirtschaftsweise weiter entwickelt, produzieren noch nachhaltiger, fördern das Tierwohl und schützen die Umwelt. Dennoch müssen sich alle bewusst machen, dass sichere Ernten und die Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen Nahrungsmitteln nicht selbstverständlich sind."
In einer gemeinsamen Erklärung zum Erntedank fordern der Deutsche LandFrauenverband (dlv), der Evangelische Dienst auf dem Lande in der EKD (EDL), die Katholische Landvolkbewegung Deutschlands (KLB) und der DBV eine Halbierung der Lebensmittelverschwendung. Hier stünden Landwirtschaft, Herstellung, Handel, Gastronomie sowie Verbraucherinnen und Verbraucher alle gleichermaßen in der Verantwortung, heißt es in der Erklärung.