Junge Bäume vor einem Gebäude. Greenwashing und CO2-Zertifikate

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Carolin Föste | am

Greenwashing und Millionen unwirksame CO2-Zertifikate

Immer mehr Firmen wollen nachhaltig agieren, Ressourcen sparen und den Ausstoß von CO2 kompensieren. Sie kaufen Zertifikate oder pflanzen Bäume. Eine neue internationale Studie beschäftigt sich mit der Thematik.

Die Studie stellt die Fragen: Warum pflanzen Unternehmen Bäume? Wo und mit wem machen sie das? Dafür untersuchte das Forschungsteam Konzerne der Fortune-Global-500-Unternehmensliste aus Frankreich, der Schweiz und Großbritannien und ihren Einsatz im Wald.

Im Dezember 2022 sind die Ergebnisse der IUFRO-Studie (International Union of Forest Research Organizations) veröffentlicht worden. Stephanie Mansourian, Umweltberaterin und Wissenschaftlerin an der Universität Genf, und Daniel Vallauri, WWF Frankreich, erfassten in ihrem Projekt die Ausmaße von Baumpflanzungen, die durch Unternehmen organisiert werden und entdeckten Lücken im Versuch, einen Beitrag für das Klima zu leisten.

Fortune-500-Unternehmen pflanzen Bäume

Welche Firmen pflanzen Bäume und in welchem Umfang? Dafür haben sich die Autoren der Studie vor allem die Fortune-500-Unternehmen angesehen. Aber auch kleinere Unternehmen seien an vielen Baumpflanzungen beteiligt. Herausgearbeitet wurden verschiedene Gründe, warum Unternehmen abseits ihres Kerngeschäfts Bäume pflanzen. Dazu zählen u. a. die Reduktion von CO2 aus der Atmosphäre, Team-Building-Maßnahmen, Marketing-Zwecke und die Sustainable Development Goals. Neben der Frage nach der Motivation wurde auch untersucht an welchen Orten die Unternehmen ihre Pflanzungen durchgeführt haben.

Wer kümmert sich nach der Pflanzung um die Bäume?

Vor allem haben die Unternehmen in China, Indonesien, Madagaskar, Malaysia, Australien und Kanada Bäume gepflanzt. Es falle aber auch auf, dass die Unternehmen die Pflanzungen in den Ländern ihrer Hauptstandorte oder wichtiger Nebenstandorte durchführen. Gepflanzt werde meist zusammen mit Landwirten aus der Regionen, Schulen und Nonprofit- oder Profit-Organisationen. Oft sei ein Netzwerk aus vielen Akteuren beteiligt.

Die Studie zeigt, dass in den letzten 22 Jahren allein 98 % der großen Unternehmen aus Frankreich, Großbritannien und der Schweiz über 500 Mio. Bäume gepflanzt haben. Das sei daher nur die Spitze des Eisbergs weltweiter Baumpflanzungen. Die Frage, wer sich nach einer Bepflanzung einer Fläche um die jungen Kultur kümmert, sei allerdings meist undurchsichtig.

Sind Baumpflanzungen durch Organisationen Greenwashing?

Das kann Mansourian auf Nachfrage der Redaktion nicht so einfach beantworten. Wer nach einer Pflanzung nach den Beständen sieht und sie pflegt, sei abhängig von teils ungeklärten Finanzierungsfragen. Werden Staatsflächen bewaldet, sei z. B. Forstpersonal im Einsatz, aber oft gebe es auch Konflikte durch verschiedenste Ansprüche an die Flächen, sagt Mansourian. „Ich denke es gibt einige Anstrengungen, um die Baumpflanzungen weiterhin zu pflegen. Das hat auch mit vergangener Kritik an Baumpflanzungen zu tun. Von einer idealen Situation sind wir aber weit entfernt.“

Ob es sich bei Baumpflanzungen durch Firmen um „Greenwashing“ – also Marketingtricks, um beim Thema Nachhaltigkeit verantwortungsvoll und grün zu wirken – handelt, sei schwer zu sagen, so Mansourian. Viele der Baumpflanzaktionen seien aber keine Erfolgsgeschichten. „Klar ist, dass angesichts der Ausmaße der Baumpflanzungen und der Notwendigkeit der Wiederaufforstung, langfristig sichergestellt werden muss, was nach der Baumpflanzung geschieht.“

Aufruhre um Millionen unwirksame CO2-Zertifikate

Abseits der IUFRO-Studie du Baumpflanzungen durch Konzerne deckte eine Recherche der „Zeit“, des „Guardian“ und „SourceMaterial“ kürzlich auf, dass rund 90 % der CO2-Zertifikate, die durch Unternehmen erworben werden, kein CO2 einsparen würden. CO2-Zertifikate seien ausgestellt worden, ohne dass der Schutz von Waldflächen im Gegenzug kontrolliert wurde. Die Recherchen beziehen sich allein auf den weltweit führenden Zertifizierer, die durch den Marktführer ausgestellt wurden. Weltweite Ausmaße seien daher nicht bekannt, heißt es in der Zeit.

Auf dem Weg, den Ökologischen Fußabdruck von Unternehmen zu verbessern, ist damit nicht nur aus Sicht von Mansourian noch viel zu tun. Neben der Wiederbewaldung und dem Schutz dieser Flächen müssen auch bestehende Wälder besser geschützt werden, um das CO2-Vorkommen in der Atmosphäre langfristig zu reduzieren.

Im Harz muss nach starken Schäden massiv aufgeforstet werden. Möglicherweise wird dafür das Saatgut knapp.

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