Kronen- und Restholz aus dem eigenen Wald sind in Lucklum die Basis für die Wärmeerzeugung. Zu Hackschnitzeln verarbeitet, werden damit zwei zentrale Heizwerke gespeist. Sie versorgen das Rittergut und weitere 40 Haushalte und Einrichtungen des Dorfes mit Wärme.

Wie heize ich meinen Hof? Mit Wärme aus dem eigenen Wald

Holz, Wind, Sonne und Biogas: Auf dem Rittergut Lucklum im Landkreis Wolfenbüttel baut die dortige Güterverwaltung seit einigen Jahren voll auf die im eigenen Betrieb erzeugten Energiequellen – ein in jeder Hinsicht vorteilhafter Schritt.

Auf dem Rittergut Lucklum im Landkreis Wolfenbüttel dienen Kronen- und Restholz aus dem eigenen Wald als Basis für die Wärmeerzeugung. Zu Hackschnitzeln verarbeitet, werden damit zwei zentrale Heizwerke gespeist.

Sie versorgen das Rittergut und weitere 40 Haushalte sowie Einrichtungen des Dorfes mit Wärme. Wir haben uns das Konzept dort einmal angeschaut.

Energie aus dem eigenen Wald

Mitarbeiter Heiko Hinrichs ist verantwortlich für die Bereiche Forstwirtschaft und Wildbewirtschaftung in Niedersachsen und kümmert sich um die insgesamt 1.000 Hektar Waldbestände in der Südheide, im Landkreis Celle sowie im Elm rund um das Dorf Lucklum. „Besonders wichtig sind der Umbau der Bestände zu strukturreicheren und vor allem klimaresistenten Laub- und Nadelmischwäldern und Neuanpflanzungen“, erklärt er.

Das eigene Waldholz sowie Heckenschnittgut sind die Rohstoffe für die Wärmeversorgung des Betriebes, denn die wird mittels zweier Hackschnitzelheizwerke sichergestellt. Auf Nachhaltigkeit bedacht, werden die Kessel größtenteils mit dem Durchforstungsholz der noch jungen Buchenbestände aus dem Elm beschickt sowie mit weiterem anfallendem Schnittgut, zum Beispiel von Feldrändern.

In Zukunft sollen zusätzlich die Kurzumtriebsplantagen, die im Rahmen eines Agroforstprojekts angelegt wurden, als Rohstofflieferanten für die Heizwerke dienen.

Als temporäre Wärmespeicher dienen isolierte Wassertanks. Sie fassen insgesamt 45.000 Liter.

Wer möchte Wärme haben?

Etwa 1.500 Schüttraummeter Hackschnitzel werden pro Saison benötigt – allerdings nicht für das Rittergut allein: Die Anlage versorgt auch einen Teil des Dorfes Lucklum mit Wärme. Über ein Fernwärmenetz sind rund 40 Haushalte sowie öffentliche Einrichtungen wie eine Kindertagesstätte angeschlossen.

„Wir haben damals 2018 im Dorf gefragt: Wer möchte Wärme haben?“, erinnert sich Mauritz von Grundherr, Leiter des Biobetriebes der Güterverwaltung bei einer Führung auf dem Gut. „Am Anfang gab es durchaus Vorbehalte, sich in eine Abhängigkeit vom Gut zu begeben. Jetzt steht die Anlage; die Leute können sie sich ansehen, riechen sie auch manchmal, wissen aber auch, dass die Wärmeversorgung regional funktioniert.“

Geschäftsführer Helmut Gockel (l.) und Mitarbeiter Florian Heuck befinden sich im Herzen der Wärmeerzeugung des Rittergutes, am Holzhackschnitzelheizwerk.

Ein Wärmenetz fürs Dorf

„Die Anlage besteht aus zwei Kesseln mit je 500 Kilowatt Leistung“, erklärt er. Im Sommer, wenn der Bedarf gering ist, könne auch nur ein Kessel laufen. „Isolierte Wassertanks mit 45.000 Liter Fassungsvermögen dient als temporärer Wärmespeicher. Der benötigte Pumpenstrom und der Strom für die Steuerung der Anlage wird mit einer Solarstromanlage auf dem Hallendach erzeugt.“

Mit der Hackschnitzelanlage spart das Gut im Jahr etwa das Äquivalent von 200.000 Litern Öl ein. „Unsere Anlage hier auf dem Gut hat einen sehr hohen Wirkungsgrad“, betont von Grundherr. Die Lagerhalle neben der Heizungsanlage wird mehrfach genutzt, im Sommer auch als Getreidelagerplatz. Das Waldholz wird gehäckselt, in der Halle aufgeschüttet und mit einer Belüftungsanlage, die mit eigenem Strom die warme Luft unter dem Dachfirst abzieht, vorgetrocknet. „Das steigert noch einmal den Wirkungsgrad“, so der Betriebsleiter.

 

Ein Energie-Mix aus Holz, Biogas, Sonne und Wind

Neben dem Holz setzt das Rittergut auf einen Energie-Mix aus Biogas, Photovoltaik und Wind, letzteres über eine Beteiligung an einem Windpark in der Region. „Uns ist wichtig, dass alle betrieblichen Kreisläufe möglichst nachhaltig sind“, betont Geschäftsführer Helmut Gockel. So können beispielsweise eingesetzte Rohstoffe für die im Südkreis von Helmstedt stehende Biogas-Anlage nach dem Prozess als Biodünger verwertet werden. Die entstehende BHKW-Abwärme wird genutzt, um ein Gewächshaus und Schüttgüter wie Kaminholz zu trocknen.

Die Solaranlagen – zukünftig sieben Stück – haben dann eine installierte Leistung von 464 Kilowatt-Peak, ausreichend für 116 Haushalte. Davon befindet sich eine Anlage in Lucklum selbst. Eine weitere ist in Lucklum im Bau; die anderen Anlagen befinden sich auf den Dachflächen des landwirtschaftlichen Betriebs im Kreis Helmstedt.

Mit Hilfe der verschiedenen Komponenten funktioniert die Energieversorgung in Lucklum nicht nur nachhaltig und regional, sondern auch größtenteils unabhängig – ein großer Vorteil in unsicheren Zeiten.

Wissenwertes zum Rittergut Lucklum

Das Rittergut befindet sich im Eigentum der Familie des Unternehmers und Jägermeister-Mehrheitsgesellschafters Florian Rehm. Die Güterverwaltung Reinau führt vom Hauptsitz in Lucklum aus mehrere land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit einer Fläche von insgesamt rund 4.700 Hektar. Geschäftsführer der Güterverwaltung ist Helmut Gockel.

  • Lucklum: Zum Rittergut gehören rund 350 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, die von drei Mitarbeitern bewirtschaftet werden. Seit dem 1. Juli ist der Betrieb auf ökologischen Landbau nach den Naturlandrichtlinien umgestellt.
  • Ackerbau: Angebaut werden Weizen, Silo- und Körnermais, Ackerbohnen, Erbsen, Hafer für die Hühner und Kleegras sowie Raps, Zuckerrübe und Sonnenblume. Langfristig sollen verschiedene nachhaltige Produkte für den regionalen Markt erzeugt werden.
  • Tierhaltung: Der Tierbestand umfasst Zweinutzungshühner, die in Mobilställen gehalten werden, und eine ganzjährig auf der Weide gehaltene Dexter-Mutterkuhherde. Zugefüttert werden Futter und Heu aus dem eigenen Bio-Betrieb. Zudem gehört ein Reitbetrieb mit mehr als 30 Pferden zum Rittergut.
  • Ackerbau und Naturschutz: Dort werden zirka 700 Hektar bewirtschaftet. Seit dem 1. Juli befindet sich auch dieser Betrieb in Umstellung auf ökologischen Landbau. Betriebsleiter Axel Reupke betreut die bislang konventionell bewirtschafteten Anbauflächen, auf denen Zuckerrüben, Mais, Raps, Weizen, Gerste, Dinkel sowie Triticale wachsen. „Mit Heckenanlagen, Blühwiesen an den Feldrändern und anderen Projekten wie etwa der Unterstützung der Salzwiesen in Barnstorf kümmern wir uns schon seit vielen Jahren um größtmögliche Biodiversität“, erläutert er die Naturschutzziele der Betriebsleitung.
  • Landkreis Helmstedt: In dem östlichen Landkreis befindet sich ein weiterer Betrieb, ebenfalls betreut von der Güterverwaltung Reinau.
Mauritz von Grundherr erläutert, wie das vollautomatische Hackschnitzelheizsystem überwacht und gesteuert werden kann.

Hörtipp: "Wärmelösungen für Haus und Hof"

Über alternative „Wärmelösungen für Haus und Hof“und über Fördermöglichkeiten sprechen wir mit Gerold Tammen, Energie-Berater bei der LWK Niedersachsen. Das Gespräch können Sie in unserem LAND & FORST-Podcast „Die Wegweiser“, in der digitalen Ausgabe sowie bei allen gängigen Podcast-Anbietern wie etwa Spotify (via QR-Code) anhören.

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