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Stihl testet: E-Fuels für die Motorsäge?
Der Beschluss des EU-Parlaments zum Verbrenner-Aus für Pkw ab 2035 hat hohe Wellen geschlagen. Denn er hat auch Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft.
Denn das Verbot soll sogar für Verbrennungsmotoren auf der Basis von CO2-neutralen beziehungsweise synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) gelten. Ein kleines Schlupfloch gibt es nur noch im Rahmen einer Evaluierung im Jahr 2027. Besondere Schwierigkeiten mit batterieelektrischen Antrieben gibt es immer dann, wenn große Lasten bewegt werden müssen, das Gewicht des Fahrzeugs oder der Maschine selbst kritisch ist und/oder die Ladeinfrastruktur weit weg ist. Vieles davon trifft auf die Land- und Forstwirtschaft zu.

Vergleich von Energiegehalt und Gewicht von Gerätebenzin und aktuellen Stihl-Akkupacks © Stihl
Stihl setzt sich mit E-Fuels auseinander
Ein Unternehmen, das sich derzeit auch ganz intensiv mit den Einsatzmöglichkeiten dieser E-Fuels auseinandersetzt ist Stihl in Waiblingen. Schon im vergangenen Dezember wurde ein Zuliefervertrag mit der Firma HIF-Global geschlossen, die in Chile eine erste Pilotanlage betreibt, mit der aus atmosphärischem CO2 und Windkraft-Strom ein flüssiger Kraftstoff synthetisiert wird.
Motorsäge Stihl MS 400 gegen Motorsäge MS 362: Ein Vergleich
Akkutechnik, Energiequellen und CO2-Fußabdruck
Warum tut Stihl das? Bei der Motorsäge, gerade wenn sie wirklich zu Holzfällung abseits der Zivilisation eingesetzt wird, kommt es extrem auf das Leistungsgewicht an. Auch wenn die Akkuentwicklung mit großen Sprüngen voranschreitet: Der Energieinhalt eines 5l-Kanisters Sprit entspricht dem von dreißig der derzeit leistungsstärksten Batteriepacks von Stihl mit einem Gesamtgewicht von rund 30 kg. Neben dem Gewicht stellt vor allem die aufwändige Herstellung mit entsprechendem CO2 Fußabdruck ein Handicap dar.

Alle Stihl-Motoren sind heute schon geeignet, mit E-Fuels betrieben zu werden © Stihl
Motorsägen auf klimaneutralen Betrieb umstellen
Da ist tatsächlich noch nicht absehbar, wann in diesem Bereich die Akkutechnologie konkurrenzfähig werden wird, abgesehen davon, dass sich mit den neuen synthetischen Treibstoffen problemlos auch alte Motorsägen sofort auf weitgehend klimaneutralen Betrieb umstellen ließen. Gerade der Zweitaktmotor ist mit seinem einfachen Aufbau dafür sehr gut geeignet. Entsprechende Versuche bei Stihl haben bereits gezeigt, dass E-Fuels in puncto Leistungsausbeute den bisher verwendeten Alkylatbenzinen in nichts nachstehen. Die bisherige Infrastruktur mit Tanktransporten, Kanistern und Füllsystemen lassen sich ebenfalls weiterverwenden. Von der Anwendungsseite ließe sich also mit E-Fuels sehr einfach und schnell eine Emissionsreduzierung im Bereich der handgeführten Motorgeräte erreichen.

Stihl Entwicklungsvorständin Anke Kleinschmit überzeugt sich von der Leistungsfähigkeit von eFuels © Stihl
Auch Sportwagenbauer Porsche beteiligt sich
Die Schwierigkeiten ergeben sich eher auf der Produktionsseite: Die Elektrolyse von Wasserstoff aus CO2 ist sehr energieaufwendig und besitzt einen sehr schlechten elektrischen Wirkungsgrad. Umweltfreundlich können E-Fuels daher nur sein, wenn der benötigte Strom regenerativ erzeugt wird und am jeweiligen Ort nicht anderweitig effizienter eingesetzt werden kann. Deswegen befindet sich die genannte Pilotanlage, an der u.a. auch der Sportwagenbauer Porsche beteiligt ist, auch in einer besonders windreichen, aber dünn besiedelten Region in Chile.
Rekord für Stihl: Mehr als 5 Milliarden Umsatz
Erste Anlage in Texas
Eine erste kommerzielle Anlage soll demnächst im sonnigen Texas begründet werden. Nur unter solchen Rahmenbedingungen ist es absehbar, E-Fuels auch wirtschaftlich anbieten zu können, wobei der HIF-Chef Cesar Norton hier auch von einem Zeitrahmen von ungefähr zehn Jahren ausgeht.
Ein Risiko für die E-Fuels könnte der EU-Beschluss darstellen: Vor dem Hintergrund, dass Offroad-Maschinen und darunter die handgeführten Motorgeräte im Vergleich nur einen verschwindend geringen Marktanteil haben, könnte das Interesse für die Weiterentwicklung der damit verbundenen Technologien schwinden. Da ist es schon fast ein Glücksfall, dass der Schwerlastverkehr auf der Straße mit ganz ähnlichen Effizienzproblemen kämpft und vom Verbrenner-Verbot nach heutigem Stand auch erst ab 2040 betroffen sein soll.
Stihl hat Übergangs-Strategie
Als Übergangs-Strategie hat Stihl begonnen, dem neuen Produkt Motomix-Eco einen 10% Anteil von biogenen Komponenten, konkret aus Holzabfällen, beigemischt. Dieser Anteil soll bei zukünftigen Drop-In-Treibstoffen sukzessive erhöht und durch fast völlig CO2-neztrale E-Fuels ersetzt werden.