Für alle, die mit dem Wald auf das Engste verbunden sind, markieren die von tiefgreifenden Störungen der Waldökosysteme geprägten letzten vier Jahre – und damit der Bezugszeitraum des vorliegenden Waldberichts – wahrlich eine Zäsur.
Angesichts der enormen Schäden und der weiter andauernden Belastungssituation für den Wald und die Forstbetriebe ist daher jedwede konkrete Hilfe und Unterstützung dringend erforderlich. Die im Bericht aufgeführten Maßnahmen mit einem Finanzvolumen von rund 1,5 Mrd. € verdienen unsere volle Anerkennung.
Anlässlich einer unlängst in Bad Gandersheim stattgefundenen Veranstaltung zur 70-jährigen Geschichte der ANW wurde in verschiedenen Fachvorträgen deutlich, wie sich die Grundgedanken eines naturgemäßen Umgangs mit dem Wald allen Widerständen zum Trotz mittlerweile tief im Forstwesen verankert sehen.
Konkrete Bezüge finden sich sowohl in waldbaulichen Leitlinien wie dem LÖWE-Programm der Niedersächsischen Landesforsten, als auch in verschiedenen Förderrichtlinien und im aktuellen Entwurf des Bundesforstministeriums zur Waldstrategie 2050.

Lothar Seidel, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW), Landesgruppe Niedersachsen. © Seidel
Die Leistungen des Waldes honorieren
Auch im Bereich der Ökosystemleistungen scheint es im Kontext mit der Klimastrategie nun endlich zu gelingen, einer lange gehegten ANW-Forderung zum Durchbruch zu verhelfen. Die Leistungen des Waldes hinsichtlich Klima-, Wasser- und Bodenschutz sowie Erholungs- und sonstigen Sozialfunktionen müssen auf der Ebene des einzelnen Betriebes angemessen in Wert gesetzt werden.
Mehr Nachhaltigkeit im heimischen Wald
Ob es dagegen bereits als ein Erfolg für mehr Nachhaltigkeit im heimischen Wald gewertet werden kann, dass sich im Zuge der einmalig gewährten Waldprämie ein sprunghafter Anstieg der zertifizierten Waldfläche von 865.000 ha verzeichnen ließ, mag dahingestellt bleiben.
Entscheidend wird sein, dass es gelingt, die bereitgestellten Mittel zeitnah und vollständig in die Fläche zu bringen. Dabei müssen ausreichende waldbauliche Freiräume gewährt und es dürfen keine übermäßigen administrativen Hürden aufgebaut werden.
50. Welttag des Waldes - der Wald ist überlebenswichtig
Nutzen der Veränderung fragwürdig
Abgesehen davon können alle Förderprogramme und Hilfspakete nicht wirken, wenn das auf allen Arbeitsebenen zur Umsetzung erforderliche Fachpersonal fehlt.
Wie sinnvoll es ist, eine tiefgreifende Veränderung der bisherigen Betreuungsstruktur für den Kleinprivatwald inmitten dieser schweren Waldkrise nun auch in Niedersachsen durchzuführen, muss daher mehr als nur in Frage gestellt werden.
Epochale Schäden
In komprimierter Form liefert der Waldbericht eine erschreckende Bilanz über das epochale Ausmaß der Schäden durch Sturm, Dürre und Borkenkäferkalamitäten in Zeiten des Klimawandels.
Über diese nüchtern gefasste Situationsbeschreibung hinweg dürfen allerdings nicht die im Wald wirtschaftenden Menschen übersehen werden. Sie müssen unmittelbar erleben, wie sich trotz aller Gegenwehr „ihr“ Wald innerhalb weniger Jahre auflöst und das häufig seit Generationen im Besitz befindliche und entsprechend sorgsam gepflegte Waldkapital vernichtet wird.
Ratgeber und Heilsbringer
Als Reaktion auf den Waldbericht bringen sich erwartungsgemäß Ratgeber und Heilsbringer vielfältigster Couleur in Position. Die gebetsmühlenartig vorgetragene Grundlebensweisheit „Wir müssen eben lernen, wieder mehr mit der Natur zu leben!“ wirkt dabei schlicht deplatziert.
Auch ist die Herausnahme aus der Bewirtschaftung im Vertrauen auf die „Selbstheilungskräfte der Natur“ definitiv keine Lösung, um den enormen Ansprüchen an den Wald auch für künftige Generationen gerecht zu werden.