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Frauen in der Landwirtschaft: Anzahl der Betriebsleiterinnen stagniert
Seit 30 Jahren ist die Zahl der Hofbesitzerinnen unverändert. Warum ist das so? Eine Studie gibt Einblicke.
Klassische Rollenverteilung oder fortschrittliche Betriebsführung? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat die erste deutschlandweite Studie „Die Lebenssituation von Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben in ländlichen Regionen Deutschlands“ in Auftrag gegeben. Im Fokus: Die vielfältige Lebenswirklichkeit von Frauen in der Landwirtschaft. Der Deutsche LandFrauenverband e.V. war Kooperationspartner des Projekts und unterstützte das Vorhaben vor allem durch die Vor-Ort-Organisation der Workshops, die Gewinnung von Interviewpartnerinnen und die gemeinsame Reflektion der Ergebnisse.
Was bewegt Frauen in der Landwirtschaft?
Für einen umfassenden Einblick wurden in der Studie regionale Unterschiede ebenso berücksichtigt wie unterschiedliche Betriebsformen und Lebensentwürfe. Betriebsleiterinnen und Geschäftsführerinnen wurden befragt, außerdem mitarbeitende Familienangehörige und Angestellte, Altenteilerinnen und ehemals angestellte Frauen. Auch die Arbeit auf dem Betrieb, Arbeitsbelastung, Ehrenamt und Familie wurden berücksichtigt. Spannend: Welche Bedeutung habensie für den sozialen Zusammenhalt in ländlichen Regionen haben? Wie beurteilen die Frauen ihre Zukunft?
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Frauen leben Landwirtschaft - Gleichstellung auf dem Betrieb?
Die Forscherinnen und Forscher haben die wichtigsten Erkenntnisse der ersten gesamtdeutschen Studie wie folgt zusammengefasst: Die Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in der Landwirtschaft seit der Wiedervereinigung werde zwar durch die unterschiedlichen Rollen und bedeutenden Leistungen von Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben und für die ländlichen Räume sichtbarer – die Ergebnisse zeigten aber auch, dass die Gleichstellung aller Geschlechter noch nicht erreicht ist.
Neue Studie: Was Landwirte über ihre Frauen wissen sollten
Positive Tendenz zu mehr weiblicher Hofnachfolge
Damit es mehr weibliche Hofnachfolge und Frauen gibt, die eigenständig landwirtschaftliche Betriebe gründen oder übernehmen, ist noch einiges zu tun. Die Forscherinnen und Forscher empfehlen daher:
- Mehr Empowerment von Hofnachfolgerinnen und potenziellen leitenden Angestellten: Spezielle Lehrgänge und Netzwerkangeboten der Bildungs- und Beratungsträger sowie Mentoring-Programmen (Betriebsleiterin und (potenzielle) Hofnachfolgerin/leitende Angestellte) helfen die Gender Gap zu schließen
- Ohne einen Hof zu erben, ist Existenzgründung in der Landwirtschaft nur schwer umsetzbar. Daher werden niedrigschwellige Förderprogramme und Beratungsangebote für landwirtschaftliche Existenzgründer und Existenzgründerinnen benötigt, z. B. in Form von Gründerinnen-Netzwerken, Mentoring-Programmen und die Unterstützung von Flächen- bzw. Hofvermittlungsbörsen.
- Aufmerksamkeit für geschlechtsspezifische Rollenmuster erhöhen: Dies gilt für die Frauen und für ihre Partner, für die Interessensvertretungen aber auch für andere Organisationen in der Landwirtschaft.
- Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben sollten sich gemeinsam mit Ihren Partnern frühzeitig um ihre soziale Absicherung fürs Alter kümmern. Auch im Falle von Scheidung, Trennung oder Tod der Betriebsleitung ist Vorsorge wichtig. Dazu gibt es vielfältige Beratungsangebote von diversen Trägern in ganz Deutschland.
- Versicherungsträger sollten das Risiko möglicher Versorgungslücken für Frauen mit unterschiedlichen Erwerbsbiographien prüfen und auf Möglichkeiten der Schließung aktiv aufmerksam machen.
- Für alle landwirtschaftlichen Arbeitgebenden ist eine umfassende Aufklärung über die Risiken für Frauen am Arbeitsplatz Landwirtschaft, und zu Regelungen zu Mutterschutz, Elternzeit und Kinderkrankentage unumgänglich. Ein umfassendes Angebot von Bildungs- und Beratungsträgern, kann dazu beitragen, Unsicherheiten und Vorbehalte abzubauen.
- Bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie, Pflege und Ehrenamt für Frauen in der Landwirtschaft. Neben gut erreichbaren Angeboten der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum kann auch eine andere Verteilung der Aufgaben im Haushalt durch alle Beteiligten einen Beitrag leisten.
- Damit insbesondere junge Frauen das Arbeiten in der Landwirtschaft und das Leben im ländlichen Räum weiterhin attraktiv finden, braucht es eine gute öffentliche Infrastruktur (Gesundheit, Bildung, Digitalisierung, Verwaltung), und für alle Frauen, die außerbetrieblich arbeiten wollen, ein gutes Angebot an qualifizierten Arbeitsplätzen.
- Die vielfältigen bezahlten und unbezahlten Aufgaben von Frauen in der Landwirtschaft müssen durch regelmäßige Erhebungen (z. B. in Rahmen der Agrarstatistik) sichtbar gemacht werden. So können Indikatoren der Gleichstellung wie Geschlechtergerechtigkeit, Gender Pay Gap und der Gender CareGap, auch für die Landwirtschaft berechnet und Maßnahmen zur Verbesserung geplant werden.