Bevor sich Ententeiche auf dem Feld bilden, sollte gehandelt werden. Es gilt, dem Acker überschüssiges Wasser zu entziehen. Das sichert Erträge und eine adäquate Befahrbarkeit. Auch neue Strombauleitungen haben etwas damit zu tun.
Das vergangene Jahr zeigte sich einmal nicht von seiner trockenen Seite. Und auch der Winter war bislang vielerorts eher feucht. Zwar wäre es verfehlt, von einem „nassen“ Jahr zu sprechen, aber auf schweren Standorten ist derzeit an ein Ausbringen von Gülle und Gärresten nach Ende der Sperrfrist nicht zu denken. Wenn die Witterungsverhältnisse es zulassen und die Befahrbarkeit gegeben ist, zählt jeder Tag. Umso ärgerlicher, wenn nasse Löcher auf den Äckern zu Verzögerungen führen.
Früh genug kümmern
Dann klingelt auch bei Udo Quentin das Telefon. Zwar ist Quentin, der 40 Jahre lang Drainageunternehmer in Rosdorf (bei Göttingen) war, bereits im Ruhestand, aber als Berater und Referent sowie begleitender Planer des Lohnunternehmens Becker, das Quentins früheren Betrieb übernommen hat, ist der studierte landwirtschaftliche Wasserbauingenieur aber immer noch fast täglich mit dem Thema beschäftigt. Quentin ist bestellter und vereidigter Sachverständiger der Landwirtschaftskammer Niedersachsen für das Fachgebiet. In trockenen Jahren sind Anfragen nach Drainagearbeiten meist nicht akut. Ein Fehler, denn: „Wenn es nass ist und es sich dann herausstellt, dass die Flächen nicht befahrbar sind, dann ist es zu spät“, sagt Quentin. Damit meint er nicht nur das aktuelle Problem der Befahrbarkeit, sondern auch die nicht sichtbaren Schäden.
Thema sollte dauerhaft im Blick behalten werden
„Schlammlöcher und austretendes Wasser sind nur das für unsere Augen sichtbare Endergebnis einer unzureichenden Wasserführung. Zuvor finden im Boden schon Prozesse statt, die wir nicht sehen, die aber das Pflanzenwachstum negativ beeinflussen.“ Die Folgen sind häufig nicht oder nur indirekt sichtbar, etwa ein inhomogener Pflanzenbestand, eine mangelhafte Durchwurzelung und eine erhöhte Nährstoffauswaschung sowie Ungras- und Unkrautdruck. Landwirte sollten sich daher dauerhaft mit dem Thema beschäftigen und nicht erst, wenn der Trecker absäuft. Die Entwässerung von Flächen, in Ostdeutschland oft auch als Melioration bezeichnet, wenngleich dieser Begriff mehrere Bedeutungen hat, sei ein uraltes Thema, sagt Quentin. Denn schon seit Jahrhunderten gilt: Dort, wo Kulturpflanzen ungestört wachsen sollen, muss das Wasser weg. Es sei denn, man baut Reis an.
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Drainagen in der Geschichte
In seinen Seminaren nimmt er die Teilnehmer mit auf einen kleinen geschichtlichen Exkurs von alten Stein- und Rohrdrainagen aus der Zeit vor Christi Geburt über Holzsysteme, Kies- und Dachfirstdrainagen von vor 400 Jahren bis zum Einsatz der ersten Drainmaschinen um 1950. Er berichtet vom Einsatz von Kunststoffrohren (ab 1960) und den heutigen, grabenfrei arbeitenden Maschinen. Quentin zollt den Drainagebaumeistern früherer Jahrzehnte größten Respekt: „Wer einmal die alten Karten gesehen hat und wie präzise und akkurat Tonrohre von Hand verlegt wurden, und das alles ohne GPS, zieht seinen Hut vor dieser Leistung.“ Manche 200 Jahre alte Tondrainagen tun noch heute tadellos ihren Dienst.
Moderne Drainagen
Moderne Drainagefräsen arbeiten mit GPS-Vermessung und lasergesteuerten Systemen, in einem Arbeitsgang wird der Graben aufgefräst und ein gelbes Kunststoffdrainagerohr verlegt. So sind sogar ohne große Schäden Drainarbeiten in wachsenden Ackerkulturen möglich. Die Technik habe sich enorm entwickelt, sagt Quentin, bemängelt aber, dass keine Weiterentwicklung auf wissenschaftlicher Ebene mehr stattfinde. Es gebe in Deutschland geschätzt rund 2,6 Mio. ha Entwässerungsflächen, aus produkivitätssteigernder Sicht sei aber drei Mal so viel drainbedürftig.
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Drainbedürftigkeit
Quentin unterscheidet dabei verschiedene Stufen der Drainbedürftigkeit. Zum einen vernässte Felder, dort werde man zur Drainage regelrecht gezwungen, wenn dort weiter produziert werden soll. Zum anderen Felder, in denen der Landwirt eher zur Drainage motiviert wird in Erwartung höherer Erträge. „Eine Drainage kann viel mehr als nur nasse Löcher verschwinden lassen. Sie verbessert durch eine Regelung des Bodenwasserhaushalts die Bodenstruktur, sorgt für eine gleichmäßige Abtrocknung der Fläche, vertieft dadurch den möglichen Wurzelraum und verringert die Erosionsgefahr.“ Die Folgen für den Landwirt: Ertrags- und Produktivitätssteigerung, Erleichterung der Bewirtschaftung, geringerer Dieselverbrauch, verbesserte Bodenfruchtbarkeit und dass eine Bewirtschaftung zu den passenden Terminen tatsächlich auch möglich ist.
Quentin stellt klar, dass Drainagearbeit in der Regel etwas für den Profi ist. Das gilt vor allem für Neuanlagen, aber auch für fachgerechte Reparaturen. Professionelle Drainageunternehmen arbeiten dabei heute nach der überarbeitenden DIN 1185, die seit 2015 gilt. „Die Versuchung ist da, sich mit eigenem Gerät und Minibagger an die Arbeit zu machen, aber dabei kann auch viel falsch gemacht werden“, sagt Quentin. Als Beispiel nennt er bei beschädigten Drainagen das Graben in nassen Löchern: „Das führt meist nicht zum gewünschten Ergebnis, denn die Drainage ist selten da kaputt, wo das Wasser zum Vorschein kommt.“ Es werde mit falschem Werkzeug gesucht, etwa ungeeignete Baggerlöffel, und zu tiefe Suchschachtungen angelegt, die Suchlöcher laufen voll, ohne dass die defekte Drainage gefunden wird.
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Oft ist das Vorhandensein oder die konkrete Lage von Drainagen nicht (mehr) bekannt. Alte Karten können helfen, aber auch Luftbilder (Schlagkartei, Google Earth, Drohnenbefliegung) wertvolle Hinweise liefern. Besonders in sehr trockenen und sehr nassen Jahren kann man die Lage der Drainagen gut erkennen. Nicht jede Fläche ist grundsätzlich zu drainieren. Neben der Drainwürdigkeit, also ob die Kosten der Drainage in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen stehen, spielt auch die Drainfähigkeit eine entscheidende Rolle: Lässt sich bei der Bodenart und dem Gefälle, der gewünschten Draintiefe und der Lage des Vorfluters überhaupt eine Drainage realisieren?
Vorsicht bei Bauarbeiten
Ein neuer Themenkomplex für Drainarbeiten hat sich durch den Verkehrswegebau und aktuell durch die Planung von Stromleitungen (Freileitung und Erdkabel) ergeben. Hier mahnt Quentin zur Vorsicht: „Bauarbeiten mit schweren Gerät ziehen in der Regel nach sich, dass anschließend drainiert werden muss, egal, wie hübsch die Oberfläche wieder optisch hergerichtet wird.“ Er rät betroffenen Eigentümern, sich nicht mit bloßen Zahlungen und Abfindungen für mögliche Drainagearbeiten abspeisen zu lassen sondern darauf zu bestehen, dass diese auf Kosten des ausführenden Leitungsunternehmens auch ordnungsgemäß von einer Fachfirma, und nicht etwa der gerade anwesenden Tiefbaufirma, durchgeführt werden. Mitunter seien Schäden noch über Jahre oder auch erst in mehreren Jahren sichtbar, „aber dann will es keiner gewesen sein.“
Erddrain entspricht nicht mehr der DIN
Nicht immer muss es übrigens die klassische Rohrdrainage sein. Auf schweren Standorten in England, aber auch auf Ton- und Lehmböden in Norddeutschland wurde oft die Maulwurfdrainung angewandt: Dabei wird von einem Schlepper ein Schwert mit einem Presskegel durch den Boden gezogen und so ein Hohlraum im Boden ohne Rohr erzeugt, ein so genannter Erddrain. Allerdings entspricht dieses Verfahren heute nicht mehr der DIN. Neben der Fräse und dem Erddrain hat sich die Anlage von Rohrdrainagen mit dem Pflug bewährt. Dieses Verfahren ist kostengünstiger, zeitlich flexibler als eine Drainagefräse eingesetzt werden kann und bei dem keine anschließende Verfüllung notwendig ist.