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Klimafreundliche Landmaschinen: Eine Million Liter Diesel gespart
Können Landmaschinen mit Pflanzenölkraftstoff, Biodiesel, HVO oder Strom betrieben werden? Untersuchungen des Technologie- und Förderzentrums (TFZ) ergaben, dass klimaschonende Antriebe bereits praxistauglich sind.
Auf dem Prüfstand sind die Abgasemissionen von Traktoren der neuesten Abgasstufe V beim Einsatz von Biokraftstoffen auf einem geringen Niveau. Ein rapsöltauglicher Forstharvester hat selbst nach fast 80 % seiner theoretischen Lebensbetriebszeit niedrige Abgaswerte. Im Feldtest erweisen sich zudem elektrisch betriebene Hoflader und Allzwecktransporter als praktikabel.
Alternative Antriebe können in modernen Maschinen bereits heute zu einer deutlichen Reduzierung der Treibhausgasemissionen sowie zur Verminderung der Abhängigkeit von Mineralölimporten in der Land- und Forstwirtschaft beitragen.
Deutschland macht sich mit dem Klimaschutzgesetz auf den Weg, bis 2045 klimaneutral zu werden. Die Umstellung von fossilen auf klimaschonende Kraftstoffe bzw. Antriebe kann einen wichtigen Beitrag zur Minderung von Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) in der Land- und Forstwirtschaft leisten.
Die bayerischen Staatsbetriebe der Landwirtschafts- und Justizverwaltung sollen nach dem Bayerischen Klimaschutzgesetz bei der Verwendung von regenerativen Energieträgern (BayKlimaG) eine Vorreiterrolle einnehmen. Für elektrische Antriebssysteme in Landmaschinen sowie für alternative Kraftstoffe in modernen Traktoren der aktuellen Abgasstufe V liegen jedoch kaum Erfahrungen zum Betriebs- und Emissionsverhalten vor, insbesondere über längere Betriebszeiträume.
Ziel der Begleitforschung ist es daher, Land- und Forstmaschinen mit Abgasnachbehandlungssystemen hinsichtlich Funktionalität, Verbrauch und Abgasverhalten im Feld und am Traktorenprüfstand beim Einsatz alternativer Antriebe zu untersuchen. Mehr zum Thema alternative Antriebe und dem Projekt „Klimaschutz mit regenerativen Antriebssystemen auf staatlichen Versuchsgütern“ finden Sie auf der Website www.tfz.bayern.de.
Feldtest und Abgasmessungen
Aktuell werden im Feldtest insgesamt 27 biokraftstofftaugliche Maschinen auf staatlichen Betrieben des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten untersucht. Daneben sind auch drei Arbeitsmaschinen mit elektrischem Antrieb Teil der Begleitforschung. Anhand von Befragungen der Betreiber sollen die Zuverlässigkeit und mögliche technische Schwachstellen der Maschinen beurteilt werden. Zusätzlich fließen Aufzeichnungen aus Betriebstagebüchern und Datenloggern sowie Kraftstoff- und Motorölanalysen in die Beurteilung der Praxistauglichkeit ein.
Am Traktorenprüfstand werden ausgewählte Biokraftstofftraktoren hinsichtlich ihres Emissions- und Leistungsverhaltens untersucht. Dabei durchlaufen die Traktoren acht stationäre Drehzahl-Lastpunkte des Prüfzyklus Non-Road Steady Cycle (NRSC) sowie ein dynamisches Lastprofil des Non-Road Transient Cycle (NRTC) in Anlehnung an die Abgasgesetzgebung nach EU-Verordnung 2016/1628.
Dabei werden die Abgaskomponenten Stickstoffoxide (NOX), Kohlenstoffmonoxid (CO), Kohlenwasserstoffe (HC), Partikelmasse (PM) sowie Partikelanzahl (PN) erfasst. Ferner erfolgt die Messung des realen Emissionsverhaltens mit einem portablen Emissionsmesssystem (PEMS).
Gegenstand der Untersuchungen ist auch ein rapsöltauglicher Forstharvester John Deere 1470G (JD-SF). An dieser Maschine wurden mehrmals die Emissionen gemessen – zuletzt bei 7745 Betriebsstunden, also nach knapp 80 % der theoretischen Lebensdauer von 10 000 Betriebsstunden. Die Auswertung der realen Fahremissionen (Real Driving Emissions – RDE) basiert auf den EU-Richtlinien 2016/1628 und 2017/655. Eine Einzelmessung setzt sich dabei aus 3000 bis 5000 separaten Emissionsfenstern zusammen. Für jedes Fenster wird ein Konformitätsfaktor (CF) berechnet. Der CF ist der Quotient aus dem mittleren Emissionswert eines Fensters und dem Grenzwert, der für Prüfstandsmessungen gilt.
Schleppertest der LWK: Der 100 PS-Schlepper
Biokraftstofftaugliche Maschinen im Feldtest
Die 27 Land- und Forstmaschinen, die mit Rapsölkraftstoff, Biodiesel oder hydriertem Pflanzenöl (HVO) aus Rest- und Abfallstoffen arbeiten, absolvierten im Feldtest weitgehend problemlos mehr als 100 000 Betriebsstunden. Dabei konnten mehr als eine Million Liter fossiler Diesel eingespart werden. Aufgetretene Störungen konnten in Zusammenarbeit mit den Herstellern und Werkstätten behoben werden und waren meist auf das Niederdruckkraftstoffsystem begrenzt.
So wurden mehrere Undichtigkeiten repariert sowie vereinzelt Kraftstoffvorförderpumpen, Umschaltventile und Teile der Vorwärmeinrichtungen getauscht. Lediglich bei einem Versuchstraktor trat ein größerer Schaden am Motor auf, dessen Ursache nicht eindeutig ermittelt werden konnte.
Die Betreiber sind mit der Praxiseignung der biokraftstofftauglichen Maschinen insgesamt zufrieden. Sie vermissen jedoch ein breiter gefächertes Angebot der Landtechnikindustrie an Maschinen mit Typgenehmigung für erneuerbare Kraftstoffe. Auch die zwei elektrisch angetriebenen Hoflader und das Transportfahrzeug werden hinsichtlich Zuverlässigkeit, Batteriereichweite und Arbeitsleistung überwiegend als sehr gut bewertet. Allerdings vermissten die Nutzer an Tagen mit Arbeitsspitzen eine Schnelllademöglichkeit.
Die Emissionen der Traktoren mit der aktuell strengsten Abgasstufe V beim Betrieb mit Rapsölkraftstoff (RK), Biodiesel (B100) und hydriertem Pflanzenöl (HVO) sind sehr gering und unterscheiden sich nur geringfügig von Dieselkraftstoff (DK). Dies zeigen die Messergebnisse am Traktorenprüfstand (Abbildung 1).
Demnach liegen die mittleren NOX-, PM und PN-Emissionen der Traktoren Deutz-Fahr 6165.4 TTV (DE-F), John Deere 6135R (JD-M4) und 6250R (JDM6), Valtra T214 Direct (VA-K) sowie Fendt 211 V Vario (FE-V) bei allen Messungen deutlich unter den Grenzwerten der Abgasstufe V. Der Traktortyp hat tendenziell einen größeren Einfluss auf das Emissionsverhalten als die Kraftstoffart. Die CO- und HC-Konzentrationen sind bei allen Messungen unter 0,01 g/kWh und damit deutlich unter den Grenzwerten von 3,5 g/kWh für CO bzw. 0,19 g/kWh für HC.
Am rapsölbetriebenen Harvester wurden das Abgasverhalten sowie die Funktionstüchtigkeit des Motors und der Abgasgasnachbehandlung nach 7745 Betriebsstunden überprüft. Die Verteilung der Realemissionswerte ist in Abbildung 2 zu sehen.
Die Konformitätsfaktoren aller NOX-, CO- und PN-Messfenster fallen deutlich geringer aus als das zulässige Emissionsniveau für Messungen am Motorenprüfstand (CF = 1,0). Der Anstieg der CO-Emissionen über die Betriebszeit ist auf die übliche Alterung der Abgaskatalysatoren zurückzuführen. Die bei 1525 Betriebsstunden gemessenen höheren HC-Emissionen wurden durch eine fehlerhafte Einstellung des Abgasnachbehandlungssystems verursacht. Dies konnte behoben werden, was die Ergebnisse der Folgemessungen zeigen. Insgesamt bleibt festzustellen, dass der Harvester der Abgasstufe IV im realen Betrieb mit Rapsölkraftstoff selbst nach 7745 Betriebsstunden die Anforderungen der strengeren Abgasstufe V einhält.
Fazit: Biokraftstoffe sind praxistauglich!
Biokraftstofftaugliche Land- und Forstmaschinen haben in der Untersuchung ihre Einsatztauglichkeit unter Beweis gestellt. Sowohl am Prüfstand als auch im praktischen Einsatz sind ihre Abgasemissionen auf einem sehr geringen Niveau.
Im unteren Leistungssegment erweisen sich auch elektrisch betriebene Maschinen zum Beispiel Hoflader als praxisreife Option. Alternative Antriebe können in moderner Land- und Forsttechnik bereits heute zu einer deutlichen Reduzierung der THG-Emissionen sowie zu einer von Mineralöl unabhängigeren Kraftstoffversorgung beitragen. Die bayerischen Staatsbetriebe vermissen jedoch ein breit gefächertes Angebot der Landtechnikindustrie an Maschinen mit Typgenehmigung für erneuerbare Kraftstoffe.
Schleppertest 100 PS-Klasse: Teil 2
Klimafreundliche Antriebe und Kraftstoffe
Die Untersuchung konzentriert sich auf bereits am Markt verfügbare Kraftstoffe bzw. Energieträger. Nachfolgend werden die untersuchten Antriebsoptionen für Land- und Forstmaschinen kurz vorgestellt:
- Die Verwendung von reinem Rapsölkraftstoff (RK) nach DIN 51605 ist vielfach erprobt. Aufgrund abweichender Eigenschaften zum Diesel, wie Fließfähigkeit und Zündverhalten, kann Rapsölkraftstoff in Dieselmotoren meist nur nach Anpassung des Kraftstoffsystems und der Motorsteuerung verwendet werden. Er ist biologisch schnell abbaubar und weitgehend unschädlich für Boden und Gewässer. Rapsölkraftstoff wird in industriellen oder dezentralen Ölmühlen produziert und liefert dabei als Koppelprodukt wertvolles heimisches Eiweißfutter.
- Als Biodiesel (B100) nach DIN EN 14214 werden Fettsäuremethylester, kurz FAME (Fatty Acid Methyl Esters) bezeichnet, die zumeist durch den chemischen Prozess der Umesterung pflanzlicher Öle hergestellt werden. Biodiesel ist ähnlich fließfähig wie Diesel und kann als sogenanntes B100 im Fahrzeug eingesetzt werden. Daneben wird Biodiesel europaweit fossilem Dieselkraftstoff in der Regel bis zu einem Anteil von 7 % (B7) beigemischt.
- Hydriertes Pflanzenöl (HVO) wird aus Rest- und Abfallstoffen oder Pflanzenölen (bisher meist Palmöl) sowie Wasserstoff hergestellt. Der Kraftstoff ist als paraffinischer Dieselkraftstoff gemäß DIN EN 15940 genormt und weist ähnliche Eigenschaften wie Diesel auf. Neumaschinen besitzen daher häufig eine Freigabe für HVO. Ab 2023 ist am deutschen Markt nur noch palmölfreies HVO zulässig. HVO-Reinkraftstoff ist nicht in der 10. BImSchV gelistet und darf deshalb nicht an öffentlichen Tankstellen abgegeben werden. Für den Einsatz in land- und forstwirtschaftlichen Maschinen kann aber HVO in Eigenverbrauchstankstellen bereitgestellt werden.
- Zunehmend sind auch Landmaschinen erhältlich, die mit Strom aus Batteriespeichern betrieben werden. Der Beitrag zum Klimaschutz hängt vom erneuerbaren Anteil im Ladestrom ab. Aufgrund der limitierten Speichermöglichkeit von Strom in Batterien sind derzeit überwiegend nur Kleinmaschinen, z. B. Hoflader, Kleintraktoren oder Einachsgeräteträger mit batterieelektrischem Antrieb im Einsatz.