Südfrüchte mitten in Niedersachsen? Roland Kempf probiert gerne Sachen, die andere nicht wagen. Den ersten Feigenbaum pflanzte er schon vor über zehn Jahren.

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Manuela Baxmann | am

Feigenanbau in Niedersachsen

Exotisch und einzigartig im Geschmack: Haben Sie schon einmal eine Feige aus Niedersachsen gegessen? Wir haben Roland Kempf bei der Ernte begleitet. Er zeigt uns, wie der Anbau der ungewöhnlichen Kultur gelingen kann.

Feigen wachsen bloß in südlichen Ländern? Von wegen. In Ahlten bei Lehrte (Region Hannover) liegt in den Sommermonaten ein frischer Feigenduft in der Luft. Roland Kempf baut hier die exotischen Früchte an – und das nicht nur im Gewächshaus, sondern sogar unter freiem Himmel. Als wir bei unserem Besuch eins seiner beiden Gewächshäuser betreten weht uns der herrliche Feigengeruch direkt entgegen. Kempf ist in seinem „Feigenwald“ kaum zu sehen, denn hier wächst ein Baum dicht neben dem anderen.

Von der Tischlerei zum Feigenanbau

Der Feigenanbauer ist eigentlich gelernter Tischlermeister. Aber er wollte nicht bis zur Rente in seiner Werkstatt arbeiten. „Das Gärtnern und die Landwirtschaft macht mir einfach viel mehr Spaß“, erklärt Kempf, während er sich durch seine Pflanzen im Gewächshaus kämpft – auf der Suche nach reifen Früchten. Der Obstbauer zieht seinen Strohhut etwas tiefer ins Gesicht. „Das ist ein bisschen wie Ostereier suchen“, sagt er und schmunzelt. Seinen Tischlerei-Betrieb hat der Feigenliebhaber im Juli abgegeben, ist aber noch für vier Tage die Woche dort tätig und während der Feigenernte nur stundenweise. 

Doch wie passt so eine wärmeliebende Pflanze ins kühle Norddeutschland? „Das Klima verändert sich. Die Winter werden milder“, stellte der Feigenliebhaber in den vergangenen Jahren fest. Klar gebe es immer wieder Ausnahmen. „Auch ein Sommer kann nass werden. Aber in der Regel steigen die Temperaturen an.“

Versuch macht klug

Den ersten Feigenbaum hat Kempf im Herbst 2012 gepflanzt. „Dann hatten wir gleich einen kalten Winter und die Pflanze ist oberirdisch abgefroren. Da habe ich gedacht: Okay, funktioniert hier nicht in Norddeutschland.“ Er schnitt die Pflanze komplett runter und damit war das Thema für ihn erstmal erledigt. Doch im Mai glaubte der Niedersachse seinen Augen kaum: Das, was von der Pflanze übrig geblieben war, trieb wieder neu aus. Das sei für ihn der Anlass gewesen, sich doch nochmal näher mit dem Anbau seiner Lieblingsfrucht auseinanderzusetzen.

Feigenanbau in Niedersachsen draußen und im Gewächshaus

Ursprünglich wollte der naturverbundene Tischler nur draußen Feigen anbauen. „Damit habe ich angefangen. Das war eigentlich mein Bestreben“. Doch in Niedersachsen sei es schwer Feigen im Herbst zu ernten. „Da kommt es wirklich aufs Klima an. Wenn wir einen warmen September haben und noch einen trockenen, goldenen Oktober, dann ist es auch im norddeutschen Raum möglich draußen Feigen zu ernten – je nach Sorte“, betont Kempf. Irgendwann aber fehle die Sonne und die Wärme. „Dann schmecken die Feigen auch nicht mehr so gut.“ Im Gewächshaus dagegen habe Kempf im September und auch teilweise noch im Oktober bis zu 25 Grad, sodass er dort bis in den November hinein Früchte ernten kann.

Wassermelonen-Anbau - Jetzt auch in Nedersachsen (Symbolbild)

Feigen frieren bei Frost

In seinen zwei Foliengewächshäusern stehen mittlerweile auf knapp 2.000 Quadratmetern zwischen 250 und 280 Bäume. Draußen hat Kempf einen guten Hektar zur Verfügung, wo nochmal um die 500 Bäume wachsen. „Solange wir nicht unter 15 Grad minus haben, überdauern die auch die Winter“, sagt er. Die Pflanze selbst sei schwer kaputt zu kriegen. Sie wachse zügig und Trockenheit mache ihr nicht viel aus, da sie sehr tief wurzele. Es gebe gute Feigensorten auch für den norddeutschen Raum, die selbst in nassen Sommern wie in diesem Jahr reifen und nicht aufplatzen würden. Draußen erntet er ab Mitte Juli/Anfang August die ersten Sommerfeigen. Im Gewächshaus wachsen hauptsächlich Herbstfeigen, also die Feigen, die ab etwa Mitte August reif werden.

Feigen aus Niedersachsen: Die Nachfrage ist groß

Der Aufwand am Anfang war jedoch groß: „Ich musste erstmal gucken, was funktioniert hier überhaupt. Was trägt früh, was trägt spät, was trägt gar nicht“, erklärt Kempf. Er habe verschiedene Sorten nach und nach rausgefiltert und sei immer noch am Selektieren. Mittlerweile kultiviere er um die 250 verschiedene Sorten. Die Lieblingssorte des Feigenkenners? „Ich habe jedes Jahr eine neue Lieblingsfeige. Dieses Jahr ist es eine amerikanische Sorte“, verrät er.

Er rechnet mit einer guten Ernte dieses Jahr. Das liege aber natürlich am Wetter. „Der September sieht momentan sehr gut aus. Wenn wir auch noch einen einigermaßen schönen Oktober haben, müsste ich eigentlich auf zwei Tonnen Feigen kommen“, schätzt er. Mit den richtigen Sorten könne Kempf pro Pflanze im Gewächshaus 20 bis 30 vielleicht sogar 40 Kilogramm Feigen im Jahr ernten.

Der Feigenliebhaber verkauft seine Früchte über einen SB-Kühlschrank auf seinem Hof und über verschiedene Hof- und Bioläden. Auch an Restaurants verkauft er ab und zu. „Mit den Abnehmern, die ich zurzeit habe, könnte ich wahrscheinlich auch das Doppelte absetzen“, vermutet Kempf. „Momentan kann ich die Leute nicht bedienen, die alle von mir Feigen haben wollen“, sagt Kempf. „Die Nachfrage ist sehr groß.“ Es sei eben etwas Besonderes.

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