Das ist ein Artikel vom Top-Thema:
Wildschaden – so gehen Sie richtig vor
Wenn Schwarzwild den eigenen Acker heimgesucht hat, ist Ärger vorprogrammiert. Die richtige Vorgehensweise hilft allen Beteiligten, einen Schaden schnell und zügig zu regulieren und am Ende weitere Schäden zu vermeiden.
Wildschäden bereiten Landwirten, aber auch Jägern und Jagdgenossenschaften immer größere Sorgen, allerdings mit unterschiedlicher Ausprägung: Landwirte fürchten zum Teil erhebliche Ernte- und Futterausfälle, Jagdgenossenschaften denken an schwierige Neuverpachtungsverhandlungen und die Jäger an hohe Wildschadenszahlungen. Vor allem aber in Revieren, in denen Wild nur selten einen Schaden auf landwirtschaftliche Flächen anrichtet, ist die Verunsicherung bei der Vorgehensweise und der Regulierung von Wildschäden auf allen Seiten groß.
Der Schaden ist da – wer ist der richtige Ansprechpartner?
Der jeweilige Jagdpächter ist grundsätzlich nicht die erste Ansprechperson, wenn es darum geht, einen Wildschaden anzumelden. Vielerorts wird er dennoch direkt vom geschädigten Landwirt direkt über einen Wildschaden informiert, mit der Bitte, den Schaden am besten mit einer Geldzahlung zu regulieren. Diese Vorgehensweise ist seit Jahrzehnten in vielen Revieren üblich und funktioniert auch in schätzungsweise über 90 Prozent aller Wildschadensfälle hervorragend. Sie ist aber nicht der offizielle Weg: Gesetzlich ist nicht der Jagdpächter eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks zum Ersatz des Wildschadens verpflichtet. Nach § 29 Bundesjagdgesetzes ist stattdessen primär die Jagdgenossenschaft der richtige Anspruchsgegner. Erst in zweiter Linie wird die Zuständigkeit bei Wildschaden über die ausgehandelten Jagdpachtverträge geregelt bzw. auf den Jagdpächter übertragen.
Wildschaden erst der Gemeinde, dann der Jagdgenossenschaft melden
Um aber ein offizielles Verfahren zur Wildschadensregulierung einzuleiten, muss der Schaden immer bei der Gemeinde angemeldet werden, in der die betroffene Fläche liegt. Außerdem sollte der Geschädigte stets seine Jagdgenossenschaft kontaktieren. Für eine Regulierung empfiehlt sich für die Beteiligten auch immer in die gültigen Jagdpachtverträge einzusehen und zu schauen, welche Regelungen zum Wildschadensanspruch hier festgehalten sind.
Wildschäden: Es lauert am Rand die befiederte Gefahr
Achtung bei Meldefristen
Grundsätzlich ist es wichtig, einen Wildschaden so schnell wie möglich zu melden. Als Frist sind maximal 14 Tage nach Entstehung bei der Gemeinde anzumelden, in der die Fläche liegt. Die Frist varriiert aber – je nach Kenntnisnahme oder Kennenmüssen (Landwirte haben eine Kontrollpflicht) – zwischen einer Woche und einem Monat – das hängt auch von der Schadhäufigkeit in dem jeweiligen Gemeindegebiet ab. Die Frist ist eine Ausschlussfrist. Das bedeutet: Wird sie versäumt, entfällt sofort der Anspruch auf eine Regulierung des Wildschadens. Auch Folgeschäden bzw. eine Ausweitung von Schäden müssen grundsätzlich jedes Mal wieder bei der Gemeinde neu an- oder nachgemeldet werden. Das gilt auch für Grünlandschäden, die eventuell jede Nacht durch Wildschweine ausgeweitet werden. Diese kurze Frist zur Anmeldung ist für alle Beteiligten wichtig, um einen möglichen Wildschaden überhaupt sachgerecht aufnehmen und beurteilen zu können. Außerdem lassen sich nur so Schritte zur Schadensminderung unternehmen und nur so kann zum Teil festgestellt werden, welche Wildart den Schaden überhaupt verursacht hat.

Pflicht zur Schadensminderung: Landwirte und Jäger sollten bei waldnahen Flächen gemeinsame Strategien entwickeln, die eine Bejagung überhaupt möglich machen, beispielsweise durch Bejagungs- oder Waldrandstreifen. © Bönsch
Ein kurzfristiger Termin mit Wahlrecht
Um den potenziellen Wildschaden zu regulieren, ist zwingend ein gemeinsamer kurzfristiger Besichtigungstermin an der Fläche notwendig. Es sollten alle Beteiligten vor Ort sein, Wildschadensschätzer der Gemeinde, Jagdpächter, Vertreter der Jagdgenossenschaft sowie der Landwirt bzw. Bewirtschafter der Fläche. An diesem Termin wird der Schaden durch den Wildschadensschätzer begutachtet, aufgenommen und protokolliert. Häufig werden für die Ermittlung der Schadenshöhe die aktuellen Richtwerttabellen für Aufwuchsschäden der Landwirtschaftskammer herangezogen. Diese sind auch für alle Beteiligten im Internet frei verfügbar.
Vermittlungsgespräche für Kompromisslösungen
Bei diesem Termin soll auch das sogenannte Vermittlungsgespräch zwischen allen Parteien stattfinden – das ist ein Versuch, den Schaden im Sinne beider Parteien zu regulieren. Im Anschluss daran oder nach dem Termin fertigt der Wildschadensschätzer ein Protokoll an und händigt es an alle Beteiligten aus. Stellt sich heraus, dass das Gespräch nicht zielführend ist und sich keine Einigung zwischen den Beteiligten erzielen lässt, wird ein offizielles Verfahren eingeleitet. Dann wird ein gemeindlicher Vorbescheid mit dem Ergebnis der Wildschadensschätzung erlassen und den Beteiligten zugestellt. Grundsätzlich hat der Geschädigte immer ein Wahlrecht nach §249 BGB: Er kann sich also entscheiden ob er eine Wiederherstellung in den ursprünglichen Zustand möchte oder Geldersatz. Wenn eine Partei mit dem Ergebnis des Wildschadensschätzers bzw. dem Vorbescheid nicht einverstanden ist, muss gegen diese Entscheidung Einspruch eingelegt werden.
Nicht jeder Schaden ist wildschadensersatzpflichtig
Vor allem Mais wird in den unterschiedlichen Wachstumsstadien von Aussaat bis Ernte von verschiedenen Wildarten gerne als Äsung (Nahrung) angenommen. Doch nicht jeder „wilde“ Verursacher ist Ersatzpflichtig. Nach dem Gesetz sind nur Wildschäden ersatzpflichtig, die von Schalenwild (Rehwild, Damwild, Rotwild, Wildschweine), Wildkaninchen oder Fasan verursacht werden. Da die Populationen von Kaninchen und Fasan in den meisten Revieren mittlerweile sehr gering sind, spielen diese Wildarten bei Wildschaden nur eine sehr untergeordnete Rolle. In weit über 95 % aller Fälle handelt es sich bei einem ersatzpflichtigen Wildschaden um Schäden durch Schalenwild, wie zum Beispiel Schwarzwild (Wildschweine). Schäden durch Tauben, Krähen, Gänse, Nutria, Hase oder Dachs sind nicht ersatzpflichtig, können aber zum Teil ähnliche Größenordnungen bei den Schäden erreichen sowie ein ähnliches Erscheinungsbild wie durch ersatzpflichtiges Schalenwild haben.

Große Schäden auf Grünland sind vor allem in Jahren von Futterknappheit für alle Beteiligten ein großes und teures Problem. Bei Schäden wie hier ist häufig eine komplette Neueinsaat nötig. © Bönsch
Wildunfall – was tun?
Mitverschulden und Schadenminderungspflicht
Echte Schäden müssen auch richtig entschädigt werde. Häufig wird der ermittelte Wildschadensanspruch aber durch ein Mitverschulden des Geschädigten geschmälert. Inhalt und Folgen eines Mitverschuldens werden in § 254 BGB geregelt: Wenn zum Beispiel bei der Maisernte im Herbst viele Ernterückstände auf der Fläche bleiben und im nächsten Frühjahr der Winterweizen von den Wildschweinen aufgesucht wird, ist der Grund für den Schaden häufig die unter der Oberfläche zurückgebliebenen Maiskolben. Durch solche Ernterückständen kann der Ersatzanspruch des Landwirts durch sein Mitverschulden gemindert werden. Die Schadenminderungspflicht aller Beteiligten ist ein weiterer Punkt, der regelmäßig in Vergessenheit gerät. Alle Beteiligten sind grundsätzlich verpflichtet, dafür vorzusorgen, dass kein Schaden entsteht.
Wie können Wildschäden verhindert werden?
Häufig wird beispielsweise die Umzäunung von gefährdeten Maisflächen als eindeutige Arbeit der Jagdpächter angesehen. Doch Vorsicht – hier müssen beide Parteien, also Landwirt und Jäger aktiv werden. Vor allem auf Flächen, die dafür bekannt sind, dass regelmäßig Wildschaden auftritt, muss auch der Bewirtschafter für eine Schadensminderung im Vorfeld sorgen. So könnten hier zum Beispiel eine Umzäunung in Verbindung mit einer gut angelegten Bejagungsschneise sowie das Aufstellen von Ansitzeinrichtungen eine gute Zusammenarbeit von Landwirt und Jäger darstellen.
Einseitige Forderungen und Vorwürfe sind nicht zielführend
Einseitige Forderungen oder Vorwürfe, was der jeweils andere hätte alles besser machen müssen, führen nicht zu einer Wildschadensminderung, sondern nur zu Schwierigkeiten und Misstrauen sowie weiteren Problemen unter den Beteiligten. Um Wildschäden im Vorfeld zu verhindern oder zu mindern, müssen alle Beteiligten gut miteinander kommunizieren und auch eventuell ihre eigene Komfortzone verlassen. Frühzeitig gemeinsam über Fruchtfolgen, Jagdtermine, Jagdstrategien, Bejagungsschneisen, Blühstreifen, Ansitzeinrichtungen oder über andere Hege- und Pflegemaßnahme im Jagdbezirk zu reden, führt häufig schon ganz kurzfristig zu einer Verminderung der Wildschadensproblematik und einem besseren Verständnis zwischen den unterschiedlichen Parteien.