Licht ist für Rinder nicht nur wichtig, damit sie sehen zu können. Es steuert ihren Tagesrhythmus und entscheidet maßgeblich über Wohlbefinden und Produktivität. Wir erklären Ihnen, worauf es bei der Beleuchtung im Rinderstall ankommt.
Zu einem guten Management im Rinderstall gehört auch eine tiergerechte Beleuchtung. Denn Licht steuert die innere Uhr der Rinder und beeinflusst Gesundheit, Wohlbefinden, Stoffwechsel und Fruchtbarkeit. Das richtige Licht im Rinderstall war kürzlich Thema eines Webseminars von Netzwerk Fokus Tierwohl und der LWK Nordrhein-Westfalen.
Welche Arten von Lichtquellen gibt es?
Dr. Daniel Werner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse, beschrieb die Sonne als beste und günstige Lichtquelle: Nach ihr sind die Augen von Mensch und Tier evolutionär ausgerichtet. Sonnenlicht ist frei verfügbar und langlebig, aber dynamisch. Bei den künstlichen Lichtquellen unterscheide man zwischen:
- Thermischen Strahlungsquellen (Glüh- oder Hallogenlampen);
- Niederdruckentladungslampen (Leuchtstoffröhren): Sie kommen bis maximal vier bis fünf Meter Lichtpunkthöhe zum Einsatz, verschwinden aber zunehmend vom Markt.
- Hochdruckentladungslampen (Hallogenmetall-/ Natriumdampflampen): Sie eignen sich auch für hohe Lichtpunkthöhen und sind oft in Milchvieh- und Bullenmastställen im Einsatz.
- LED-Lampen: Hier ist es laut Werner wichtig, in vollwertige LEDs mit guter Kühlung zu investieren. Wer weniger Geld ausgeben will, sollte in Entladungslampen investieren. Von LED-Retrofits (Produkte, bei denen Glühlampe oder Leuchtstoffröhren durch LEDs ersetzt werden) rät Werner dagegen ab. Auch wenn sie zertifiziert sind, sei die alte Fassung nicht für eine LED produziert. Ohne richtige Kühlung könne es leicht zum Schmoren kommen und im Brandfall zahle die Versicherung möglicherweise nicht. Zudem seien Retrofits weniger langlebig als richtige LEDs.
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Licht im Stall: Die Versuchsergebnisse
In einem Versuch hat Werner die Wirkung von LED- und Natriumdampflampen auf Milchkühe verglichen. Er beobachtete mit LEDs bei Intensitäten von 80 und 150 Lux eine signifikant höhere Liegedauer. Bei 13 und 16 Stunden Beleuchtungsdauer ergaben sich keine Unterschiede. Demnach reichen in unseren Breitengraden Lichtprogramme von 13 Stunden aus, soweit das mit Management und Melkzeiten vereinbar ist.
Außerdem untersuchte Werner, wie verschiedene Lichtprogramme auf die Aktivität von Mastbullen wirken. Bei einem zwölf Stunden-Lichtprogramm war die Hauptliegezeit um 5 Uhr mit weiteren Peaks nachmittags und um 21 Uhr erkennbar. Eine zusätzliche Beleuchtung von 1 bis 3 Uhr nachts verschob den Rhythmus rund drei Stunden nach hinten: Obwohl die Tiere zur gleichen Zeit gefüttert wurden, standen sie später auf und verbrachten die gleiche Zeit fressend und liegend.
Wichtig sind Beleuchtungsübergänge
Beleuchtungsübergänge im Stall sind laut Werner besonders wichtig. Da es im Melkstand heller ist als im Stall, rät er, die Helligkeit stufenweise zu erhöhen und schon im Vorwartebereich für mehr Licht zu sorgen. Eine Orientierungsbeleuchtung sei gerade in offenen Ställen oft überflüssig, da Rinder nachts besser sehen als wir und die Lichtverschmutzung in Deutschland hoch sei. Bisherigen Erfahrungen zufolge würden die Tiere auch ohne Beleuchtung zu Futtertisch, Tränke oder Melkroboter gehen. Ein Rotlicht als Nachtlicht hält Werner für wenig sinnvoll: Zwar nehmen es die Rinder nicht wahr, aber für einen Kontrollgang reiche es nicht aus, da keine Details erkennbar sind.
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Das richtige Licht finden
Welche Leuchte die richtige ist, ist laut Werner immer eine individuelle Entscheidung. Wichtig sei es, bei der Auswahl die Anschaffungs-, aber auch die Energiekosten zu berücksichtigen. Er empfiehlt folgende Schritte:
- Beleuchtungsplanung erstellen lassen: Das bieten Hersteller in der Regel kostenlos an.
- Leuchten im Stall testen: Lassen Sie sich Musterleuchten schicken und schauen Sie sich das Licht bei entsprechender Lichtpunkthöhe im Stall an. Da Kuh und Mensch unterschiedlich sehen, kann Beleuchtung immer nur ein Kompromiss sein. Für Rinder kommt es auf Gleichmäßigkeit und spektrale Zusammensetzung an. Wichtig ist aber, dass auch Sie sich in dem Licht wohlfühlen und die Intensität ausreicht, um Arbeitssicherheit und -komfort sowie die Tierkontrolle sicherzustellen.
- Musterleuchte begutachten: Qualitätsunterschiede verschiedener Leuchten sind meist schnell erkennbar (Verarbeitung, Qualität der Dichtungen, Kühlkörper). Prüfen Sie auch, dass die Leuchten nicht flackern, indem Sie die Handykamera davorhalten: Flackert es nicht, spricht das für eine gute Qualität – andernfalls sollten Sie eine andere Leuchte wählen.
Den ganzen Beitrag finden Sie in der aktuellen Ausgabe der LAND & FORST 11/22.