Simon Grootes, Bezirksvorsitzender der Jägerschaften im Bezirk Ostfriesland (3.v.l.) und der stellv. Bezirksvorsitzende Gernold Lengert (4.v.l.) mit weiteren Unterzeichnern der „Auricher Erklärung“.

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Madeline Düwert | am

Deiche sollen wolfsfrei sein - Ministerium sieht keine Gefährdung

Eine Pattsituation: Die Jägerschaften fordern in einer gemeinsamen Erklärung, dass endlich etwas gegen den Wolf getan wird, denn er bedroht den Küstenschutz. Doch das Umweltministerium ist anderer Meinung.

Wölfe an Deichen – das passt nicht zusammen. Denn die Deichschafe sind unerlässlich für die Deichsicherheit, lassen sich aber nicht sicher vor den Raubtieren schützen. Darauf machten zehn Küstenjägerschaften der Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN) und die Landesjägerschaft Bremen am Donnerstag vergangener Woche in Aurich aufmerksam. In ihrem gemeinsamen Positionspapier, der „Auricher Erklärung“, fordern sie deshalb die Landtags- und Bundestagsabgeordneten auf, sich für ein regional differenziertes Bestandsmanagement einzusetzen und wolfsfreie Zonen an den Küsten zu etablieren.

Neben den Jägerschaften Aurich, Emden, Friesland Wilhelmshaven, Leer, Norden, Wittmund, Wesermarsch Hadeln-Cuxhaven, Stade, Wesermünde–Bremerhaven und der Landesjägerschaft Bremen e.V. hat auch die Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. das Papier unterzeichnet.

Deichsicherheit geht nur mit Schafen

Die Jägerschaft betonen in dem Papier, dass die Sicherheit der Deiche nur mit einer kontinuierlichen Beweidung durch Schafe gewährleistet werden kann. Ein Schutz dieser Schafe mit „wolfsabweisendem Grundschutz“ sei aber nicht leistbar. Großflächige, wolfsabweisende Zäune seien weder praktikabel noch umsetzbar und auch Herdenschutzhunde seien in direkter Nähe zu Touristen keine Option. Zudem steige die Zahl der Wölfe exponentiell an. Die Menschen fühlen sich von der Politik im Stich gelassen, heißt es in der Auricher Erklärung. Insbesondere, da das Land Niedersachsen nicht wie andere Bundesländer die EU aufgefordert habe, den Schutzstatus des Wolfes zu überprüfen. Das sei „nicht nachvollziehbar“, denn die rot-grüne Landesregierung habe in ihrem Koalitionsvertrag selbst formuliert, dass sie an dem Konzept der Bundesregierung für ein europarechtskonformes, regional differenziertes Bestandsmanagement mitarbeiten wolle.

November 2022 mehrheitlich für eine Überarbeitung des Schutzstatus ausgesprochen und die EU-Kommission aufgefordert habe, den Wolf in der FFH-Richtlinie auf einen geringeren Schutzstatus umzustufen sowie den Erhaltungszustand der Populationen auf europäischer Ebene zu beurteilen. Daraufhin haben jedoch 12 Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, in einem Schreiben an die EU-Kommission gefordert, den bestehenden Schutzstatus des Wolfes aufrechtzuerhalten.

Das sind die Forderungen der Jägerschaft

Deshalb stellen die Unterzeichner der Auricher Erklärung folgende Forderungen:

  • Küstennahe Landkreise müssen zum Schutz der für den Deich- und Küstenschutz notwendigen und Nutztierhaltung und Weidewirtschaft sowie der landschaftstypischen Weidetierhaltung durch Rinder und Pferde zu wolfsrudelfreien Zonen erklärt werden.
  • Der Deichschutz und die Deichsicherheit müssen zum Schutz von Menschenleben in Zielkonflikten mit dem Schutzstatus des Wolfes Vorrang haben.
  • Eine Aufrüstungsspirale beim Herdenschutz kann nicht länger zu Lasten der Betroffenen gehen: Weidetierhaltung ist ein wichtiges Instrument der Landschaftspflege. Auf Küstendeichen und in Grünlandregionen mit hoher Weidetierdichte sind Weidetiere durch Zäunung jedoch nicht zu schützen.
  • In Fällen der Umsetzung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen muss die Anonymität und der Persönlichkeitsschutz aller Beteiligten gewahrt werden.
  • Abgeordnete des Bundes- und des Landtages dieser Regionen sollen sich den Sorgen und Betroffenheiten der hier lebenden Menschen annehmen und dafür eintreten
  • Die Möglichkeit, ein europarechtskonformes, regional differenziertes Bestandsmanagement zu ermöglichen, wie es in den Koalitionsverträgen sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene formuliert ist, müsse endlich in die Tat umgesetzt werden.
  • Das Land Niedersachsen müsse sich den Forderungen der sechs anderen Bundesländer, eine Neubewertung der EU-Strategie bei der EU-Kommission sowie eine Überprüfung des Schutzstatus des Wolfes nach Anhang II und IV der FFH-Richtline einzufordern, anschließen.
Polizeiabsperrung Flatterband

Ministerium sieht keine Gefahr durch den Wolf

Auf Anfrage der LAND & FORST teilte das Umweltministerium Niedersachsen (MU) mit, dass es um die schwierige Situation der Weidetierhalter an der Küste wisse und versuche, gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium (ML) „auch dort gute Lösungen zu finden.“ Das Dialogforum „Weidetierhaltung und Wolf“, das kürzlich erstmals zusammentraf, solle dazu Lösungen erarbeiten. Festzuhalten sei aber auch, „dass der Küstenschutz durch den Wolf nicht gefährdet ist, da wir über die vorhandenen Herdenschutzmaßnahmen (wie Zäune oder Herdenschutzhunde) Möglichkeiten haben, die für die Deiche wichtige Weidetierhaltung aufrecht zu erhalten“, so das MU. „Das zeigt die vielfache Praxis vor Ort. Mit der Landwirtschaftskammer und dem Wolfsbüro haben wir eine umfassende Beratung und Expertise, um im Einzelfall vor Ort gute Lösungen zu finden.“

Das MU weist auch daraufhin, dass es an Deichen, genauso wie in den restlichen Landesteilen möglich sei, einzelne Wölfe in Ausnahmefällen entnehmen zu können. Umweltminister Christian Meyer habe mehrfach gefordert, dass der Erhaltungszustand vom Bund nicht nur alle sechs Jahre, sondern häufiger bestimmt werde.

Auricher Erklärung als Download

Positionspapier_Auricher_Erklaerung.pdf

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