Dass man als Sauenhalter seine Ferkel nach der Aufzucht verkauft, ist üblich. Nicht so üblich ist, dass die Ferkel nach dem Verkauf trotzdem bis zum Schlachten auf dem Betrieb bleiben. Eine Geschäftsidee aus dem Emsland.
Am Anfang überwog bei Hermann Kuper ganz klar die Skepsis und das Stirnrunzeln, erzählt er: Seine Freundin Elena Fehrmann, eher Stadt- als Landkind aus Haren/Ems, hatte die erste Idee für das "Schweineleasing". Die tragenden Sauen auf dem landwirtschaftlichen Betrieb in Dersum, den Hermann Kuper mit seinem Vater Wilhelm führt, werden schon lange draußen gehalten.
Mehr Wertschöpfung soll im Betrieb bleiben
Elena Fehrmann gefällt diese Art der Haltung und sie ist der Meinung, dass das bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern ebenso ist. Außerdem möchten, ihrer Erfahrung im persönlichen und beruflichen Umfeld nach, heute viele Leute gerne wissen, woher das Fleisch kommt, das sie essen.
Warum also nicht die vorhandene Outdoorhaltung der Wartesauen für eine bessere Wertschöpfung auf dem eigenen Betrieb nutzen, fragte sich die junge Ernährungsberaterin. Angeregt durch ähnliche Angebote landwirtschaftlicher Betriebe in anderen Regionen Deutschlands, die sie im Internet fanden, entwickelte das junge Paar seine eigentlich einfache Geschäftsidee: Interessierte können ein Aufzuchtferkel erwerben und zahlen dann anschließend jeden Monat einen Festpreis für die Mast auf dem Betrieb Kuper.
Für das 30-kg-Aufzuchtferkel zahlen die neuen Besitzer 120 Euro, für die Mast sind dann bis zur Schlachtung monatlich 60 Euro zu zahlen. Noch dazu kommen die Schlacht- und Zerlegekosten. Letztere variieren natürlich je nach gewünschter Zerlegung bzw. Verarbeitung. "Für rund 500 Euro bekommt man dann 100 kg Fleisch mit Knochen", rechnet Hermann Kuper vor.
Ladenschlachter zerlegt nach Wunsch
Nach ca. sieben Monaten haben die Tiere ein Gewicht von etwa 120 kg, sind damit schlachtreif und können bei einem Ladenschlachter im benachbarten Aschendorf geschlachtet werden. Das Fleisch seines/ihres Schweins erhält der Besitzer/die Besitzerin dann zerlegt wie gewünscht.
Ein großer Vorteil der ungewöhnlichen Idee ist für Hermann Kuper, dass die Investitionskosten sich sehr in Grenzen halten. "Man kann einfach testen, ob es funktioniert und steht nicht sofort unter Erfolgszwang", erläutert der 33-Jährige.
Seine tragenden Sauen haben draußen reichlich Platz zur Verfügung. Für die gut 100 Wartesauen stehen 5 ha Fläche mit 25 eingestreuten Hütten zur Verfügung. Von dieser Fläche wurden etwa 0,5 ha abgetrennt. Ebenfalls mit einer Hütte und Tränkestellen versehen, können hier jetzt die verkauften Ferkel gemästet werden.
Vermarktung über Soziale Medien
"Die ersten Ferkel haben bereits neue Besitzer", freut sich Elena Fehrmann. Die Outdoorhaltung befindet sich am Ortsrand von Dersum an einem öffentlichen Weg. Die Käufer oder Käuferinnen der Ferkel können die Herde und "ihr" Ferkel dort jederzeit in Augenschein nehmen. In diesem Sinne haben die Ferkel Ohrmarken mit großen Nummern – auch aus etwas Entfernung gut sichtbar, so Elena Fehrmann.
Bei der Überlegung, wie sie ihre Ferkel an den Mann oder die Frau bringen können, kamen Elena Fehrmann und Hermann Kuper schnell auf die sozialen Medien. Die ersten Rückmeldungen ließen nicht lange auf sich warten. Ein sehr positiver Bericht in der regionalen Tageszeitung brachte ebenfalls Interessenten. Heute gibt es auch eine eigene Homepage zum "Schweineleasing", auf der man sich informieren kann.
Elena Fehrmann hat als Service für die Kunden ein Faltblatt erstellt, auf dem es Infos zu den Zerlege-/Verarbeitungsmöglichkeiten gibt: "Die meisten Leute kaufen heute einfach Koteletts, Schnitzel, Bratwurst oder Hack. Was das Schwein sonst noch zu bieten hat, bzw. was sich daraus noch alles herstellen lässt, das wissen nur noch die Wenigsten", so die junge Frau. Bei ihrer Art der Vermarktung wird das ganze Schwein genutzt und eben nicht nur seine wertvollen Teilstücke. Für Elena Fehrmann und Hermann Kuper ist das Nachhaltigkeit im besten Sinne - ein wichtiger Aspekt des "Schweineleasings".