Erste Hilfe beim Pferd: Das gehört in die Stallapotheke

Ist die Wunde nur oberflächlich oder muss sie vom Tierarzt versorgt und vielleicht sogar genäht werden? Sind 38 Grad Temperatur beim Pferd noch normal? Atmet das Tier viel zu schnell oder ist das dem Wetter geschuldet? Wer mit Pferden zu tun hat, muss täglich Entscheidungen treffen. Da ist es hilfreich, wenn alle Personen die Vitalwerte von Pferden kennen - und wenn die Stallapotheke gut ausgerüstet ist.

Bei Notfällen im Pferdestall sollten Betreiber und Besitzer nicht lange fackeln und den Tierarzt anrufen. Doch was ist ein Notfall?

Dazu gehören:

• Stark blutende offene oder tiefe Wunden
• starke Lahmheiten oder Lähmungserscheinuungen
• Koliken
• Vergiftungserscheinungen
• Verletzungen an den Augen oder den Genitalien oder Gelenken
• akute Atemnot oder hohes Fieber

Wenn man selbst nicht dazu in der Lage ist, einzuschätzen, ob das Pferd einen Tierarzt braucht, sollte man zumindest zur Beratung einen anrufen und die Symptome schildern.

Auch wenn der Tierarzt schnell informiert wurde, gilt es, bis zu seinem Eintreffen möglichst alles zu tun, um dem verletzten oder kranken Pferd Linderung zu verschaffen.

• Bei offenen Wunden: Starke Blutungen mit einem Druckverband stoppen
• Bei dicken Beinen und starken Lahmheiten: Bein auf offene Wunden untersuchen, das Bein mit Wasser reinigen und kühlen, das Pferd möglichst ruhig halten
• Bei Koliken: kann das Pferd keinen Kot absetzen, ist nervös, schwitzt, flehmt, schlägt sich an den Bauch oder wälzt sich hektisch, hat es wahrscheinlich eine Kolik. Wer hat, kann ein Notfallmittel verabreichen. Bis der Tierarzt eintrifft, sollte das Pferd geführt werden. Wasser darf es trinken, jedoch nichts fressen. Bei kaltem Schweiß empfiehlt sich eine wärmende Abschwitzdecke.

In erster Linie dient die Stallapotheke der Versorgung kleinerer und harmloser Verletzungen. Dennoch hilft sie auch bei der Erstversorgung in Notfällen. Deshalb ist es wichtig, die Stallaptheke immer griffbereit - und auf dem aktuellen Stand zu haben.

Inbegriffen sein sollten:

• Bandagen sowie Bandagierwatte
• selbsthaftende Bandagen
• Mullkompressen und Kompressen zum Säubern von Wunden
• Mullbinden zur Fixierung der Kompressen
• sterile Wundabdeckung
• Pflaster für den Reiter
• breites Klebeband zum Fixieren von Verbänden (zum Beispiel Panzertape)
• Sprühpflaster zur Wundabdeckung und gegen das Eindringen von Bakterien
• Jodsalbe oder jodhaltige Waschlotion zur Wunddesinfektion
• Zinksalbe zur Wundheilung
• Desinfektionstücher oder -spray
• Kühlgel oder Kühlpaste für Sehnen, Bänder, Muskeln und Gelenke, hier funktioniert auch Heilerde
• Verbandsschere (meist sind die gebogen, rostfrei) und eine normale Schere
• Pinzette
• Zeckenzange
• Einweghandschuhe
• Fieberthermometer
• Einweg-Spritzen, um Medikamente zu verabreichen
• Einweg-Rasierer, um Haare von Wundrändern zu entfernen
• Taschenlampe
• saubere Handtücher
• krampflösendes Kolikmittel

Eine Telefonliste, auf der alle Pferdebesitzer und -besitzerinnen vermerkt haben, wie sie am besten zu erreichen sind und welcher Tierarzt oder welche Klinik, welcher Schmied zu verständigen ist, sollte immer griffbereit sein.

Wichtig ist auch, die Stallapotheke regelmäßig auf den neusten Stand zu bringen. Das heißt:

• Verfallsdaten der Medikamente überprüfen
• auf die Karenzzeiten achten (wichtig, wenn ein Turnier ansteht)
• Aufgebrauchtes Material ersetzen
• angebrochene Medikamente entsorgen und ersetzen

Im Notfall ist man aufgeregt, daher ist es sinnvoll, die normalen Vitalwerte von Pferden notiert zu haben, um sich daran zu orientieren. Anhand der Normalwerte kann jeder selbst feststellen, ob die Kreislauffunktion beeinträchtigt ist.

• Die Atmung: 8 bis 16 Atemzüge pro Minute (an der Flanke und an den Nüstern gut sichtbar)
• Puls: 30 bis 45 Herzschläge pro Minute (lässt sich entweder am Mittelfuß oder an der Unterkieferarterie ertasten)
• Normaltemperatur bei erwachsenen Pferden: 37,5 bis 38,5°C
• Normaltemperatur bei Fohlen: 38,0 bis 39,0°C