Die EU plant eine Verschärfung der Gesetze zum Tiertransport. Der Tierschutz auf Tiertransporten soll verbessert werden, zudem Exporte stärker kontrolliert und der Transport von jungen Tieren verboten werden.
Das sind die Ergebnisse eines Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments, der sich mit dem Schutz der Tiere beim Transport beschäftigt hat (ANIT-Ausschuss).
Um diese Ziele zu erreichen, fordert der ANIT-Ausschuss Überwachungskameras in den Transportfahrzeugen. Diese sollen insbesondere beim Be- und Entladen eingesetzt werden. Nationale Behörden sollen zudem Tiertransporte nur noch genehmigen, wenn die Temperaturen in einem bestimmten Bereich liegen. Im Januar 2022 soll das Parlament über den Bericht abstimmen und die Kommission auffordern, die Tiertransportverordnung entsprechend zu ändern.
Tiere unter 35 Tagen sollen nicht mehr transportiert werden
Der Ausschuss fordert von der Kommission, Transportzeitbeschränkungen für alle Tierarten und Altersgruppen festzulegen und allgemein den Transport von Tieren unter 35 Tagen zu verbieten. Nicht abgesetzte Tiere, die älter als 35 Tage sind, sollten möglichst ebenfalls nicht transportiert werden und wenn doch, dann maximal zwei Stunden.
Der Ausschuss betont, dass noch nicht abgesetzte Tiere besonders anfällig sind und das derzeitige Mindestalter für den Transport von Kälbern zu niedrig ist. Dafür gebe es wissenschaftliche Beweise, zum Beispiel einen Bericht der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) aus dem Jahr 2004 mit der Empfehlung, den Transport sehr junger Tiere zu vermeiden. Nicht abgesetzte Kälber im Alter von weniger als 35 Tagen würden häufiger unter Schwäche, Krankheitsanfälligkeit und einem noch nicht ausgereiften Immunsystem leiden. Die nötige Versorgung und Fütterung sicherzustellen, sei nicht immer möglich.
Empfehlungen der Kommission von 2009 zufolge müssten nicht abgesetzte Tiere in den Ruhezeiten des Transports Elektrolyte oder Milchersatz erhalten. Metallsauger seien dabei nicht geeignet und Experten zufolge würden die Kälber nach der Fütterung eine Ruhepause zur Verdauung benötigen, bevor der Transport fortgesetzt wird. Die Abgeordneten bemängeln, dass die Kälber die erforderliche Milch oder den Milchersatz oft nicht erhalten. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Fütterung noch nicht abgesetzter Tiere während der Beförderung technisch unmöglich sei und andere innovative Lösungen nötig seien.
Weitere wissenschaftliche Untersuchungen nötig
Der Ausschuss kritisiert, dass die Tierschutztransportverordnung die altersspezifischen Bedürfnisse der Tiere nicht den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnissen und Empfehlungen entsprechend berücksichtigt. Für eine gute Praxis beim Transport junger Tiere seien weitere wissenschaftliche Untersuchungen nötig mit dem Fokus auf Transportzeit, Platzangebot, Alter, Tränkvorrichtungen und Milchersatz, Futtermanagement an Sammelstellen und Fütterungsintervallen beim Transport sowie ordnungsgemäßer Beurteilung der Transportfähigkeit der Tiere.
Klimaanlagen im Tiertransporter?
Tiertransporte sollten entweder nur zwischen den Temperaturbereichen von 5 bis maximal 30°C durchgeführt werden dürfen oder aber die Transporter sollten mit entsprechender Technik ausgestattet sein, um eine optimale Temperatur unabhängig von der Jahreszeit zu gewährleisten. Denn während zu niedrige Temperaturen zu Unterkühlung, Zittern, Muskelsteifheit und Erfrieren führen könnten, würden zu hohe Temperaturen (über 30°C) zu Hitzestress, einschließlich Kurzatmigkeit, Erschöpfung, Leiden und in Extremfällen sogar zum Tod während des Transports führen.
Der Ausschuss bedauert, dass die bisherige Tierschutztransportverordnung (EG) Nr. 1/2005 nur eine allgemeine Bestimmung über die Temperatur enthält, jedoch keine Angaben zum Verhältnis von Temperatur und Feuchtigkeit macht (Temperatur-Feuchtigkeits-Index).
Neue Vorschriften sollten, so die Empfehlung des Ausschusses Temperatur-, Feuchtigkeits- und Ammoniakmessgeräte in den Fahrzeugen vorschreiben. So sollten sie für lange Fahrten mit einem Temperaturüberwachungs- und -aufzeichnungssystem ausgestattet sein müssen, das die Daten aufzeichnet und den zuständigen Behörden obligatorisch übermittelt. Gleiches gelte für den Transport auf Schiffen. Außerdem fehlten in der aktuellen Verordnung verbindliche Anforderungen für Kurzstreckentransporte.
Künftig noch Transporte in Nicht-EU-Länder?
Die Abgeordneten fordern, dass die Mitgliedstaaten alle Transporte in Nicht-EU-Länder begutachten. Die Ausfuhr lebender Tiere sollte nur dann genehmigt werden, wenn sie den europäischen Tierschutzstandards entsprächen.
Der Ausschuss stellt fest, dass die Tierschutznormen sowohl auf dem Transportweg als auch bei der Ankunft nicht immer gewährleistet würden. Dabei sei das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union gültig, wonach die EU-Tierschutzvorschriften bis zum endgültigen Bestimmungsort in Drittländern verbindlich sind. Die Mitgliedstaaten könnten Ausfuhren aussetzen, wenn sie feststellten, dass die Tierschutznormen nicht eingehalten werden oder nicht eingehalten werden können.
Es gebe derzeit kein Kontrollsystem für den Transport in Drittländer, was dazu führe, dass die Ausfuhren von Tieren in Drittländer häufig nicht der Tiertransportverordnung entsprächen. Daher fordert der Ausschuss, dass der Transport von Tieren zwischen der EU und Drittstaaten nur dann erlaubt sein sollte, wenn die europäischen Standards gewährleistet werden können.
Fleischtransport vor Tiertransport bevorzugen
Die Abgeordneten sprechen sich im Bericht auch dafür aus, den Transport von Samen oder Embryonen gegenüber dem Transport von Zuchttieren und von Schlachtkörpern und Fleisch gegenüber dem Transport von Schlachttieren zu bevorzugen. Sie fordern die Kommission auf, bis spätestens 2023 einen Aktionsplan zur Unterstützung dieses Übergangs vorzulegen.
Verstöße vom Ausschuss untersucht
Das Europäische Parlament hatte den ANIT-Ausschuss im Juni 2020 beauftragt, Verstöße und Missstände bei der Anwendung des EU-Rechts im Zusammenhang mit Tiertransporten innerhalb und außerhalb der EU zu untersuchen. Mitte Januar 2022 wird es in Straßburg über den Ausschussbericht und die Empfehlungen abstimmen. Sollten Bericht und Empfehlungen angenommen werden, werden diese an die EU-Kommission zur Verabschiedung entsprechender Verordnungen weitergeleitet. Die Kommission hat in der Farm-to-Fork-Strategie angekündigt, bis Ende 2023 das bestehende Tierschutzrecht inklusive des Bereichs Tiertransporte auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zu prüfen und zu überarbeiten.