Niedlich, aber vom Aussterben bedroht. Laut einer Wissenschaftlerin ist die Popultaion der Feldhamster in den vergangenen Jahrzehnten um beinahe 99 Prozent gesunken. (Symbolbild)

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Imke Harms | am

Der Feldhamster ist vom Aussterben bedroht: Woran liegt‘s?

Putzige Knopfaugen, ein schwarzes Lätzchen und ganz und gar niedlich: Doch die Population der Feldhamster geht immer mehr zurück.

99 Prozent weniger Feldhamster gibt es seit den 1950-er Jahren. Das ist jedenfalls das Ergebnis einer Untersuchung von Wissenschaftlerin Stefanie Monecke von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Wie der NDR berichtet, war die Biologin mehr als 15 Jahre lang hauptverantwortlich für die Feldhamsterzuchten der Universitäten Stuttgart und Strasbourg zuständig und sagt laut Naturschutzbund (NABU): „Aktuell befindet sich die Art im Prozess des Aussterbens.“

Feldhamster auf der Roten Liste

In der EU ist die Art seit den 1990er-Jahren geschützt, seit 2020 steht der kleine Nager auch auf der weltweiten Roten Liste in der höchsten Kategorie. Damit gilt er auch offiziell als unmittelbar vom Aussterben bedroht. In Niedersachsen einst weit verbreitet, besiedelt der Feldhamster heute fast nur noch die fruchtbaren Böden der Braunschweiger, Hildesheimer und Calenberger Börde, so das Projekt „Feldhamsterland“. Dessen Ziel ist es, den dramatischen Rückgang des Feldhamsters in fünf Projektregionen (Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen) aufzuhalten. Denn laut NABU könnten Feldhamster in 30 Jahren endgültig verschwunden sein.

Wintervorrat geht zur Neige

Vor Tausenden Jahren noch in den weiten Steppen im Osten heimisch, haben sich Feldhamster parallel zur sich ausbreitenden Landwirtschaft nach und nach auf Getreidefelder spezialisiert, so der NDR weiter. Hier finden sie Schutz und Nahrung. Doch große Äcker mit Mais und Raps auf riesigen Flächen machen es dem Nagetier schwer. Denn für ihren Winterschlaf, den sie regelmäßig alle paar Tage unterbrechen, um zu fressen, legen sie eigentlich gern neben Getreide auch Wildkrautsamen, Hülsenfrüchte sowie Stücke von Rüben und Kartoffeln an.

Igel im Laub

Frühe Ernte lässt Feldhamster ohne Deckung zurück

Ein weiterer Grund für den Rückgang der Population ist laut NABU die häufigere Saat von schnellreifenden Getreidevarianten. Das führe zu früheren Ernten, sodass Feldhamster oft schon im Juli ohne Deckung vor Räubern dastünden - also lange vor dem Winterschlaf im Oktober. Fressfeinde wie Uhu, Rotmilan und Mäusebussard hätten dann leichtes Spiel. Zudem bleibe durch die heutigen Erntemaschinen für den Hamster nahezu kein Futter mehr übrig, das er als Wintervorrat ansammeln könnte, schreibt das Bundesamt für Naturschutz.

Feldhamster auf einem Feld

Feldhamster: Fortpflanzungsrate sinkt drastisch

Fatal für die Population der Feldhamster sei zudem die zunehmende Zersiedelung: Wo Gebäude und Straßen entstehen, verkleinere sich der Lebensraum für den Nager. Sogar die Aufforstung sorge für einen Verlust von Lebensräumen, schreibt das Bundesamt für Naturschutz. „Eine gesunde, sich selbst erhaltende Population mit fünf bis acht Individuen pro Hektar benötigt mindestens 20 Hektar unzerschnittene Feldfläche“, zitiert der NABU die Wissenschaftlerin Stefanie Monecke aus München. Kleinere Populationen litten unter Inzucht und genetischer Verarmung.

Längerer Winterschlaf bedeutet weniger Nachwuchs

Und das führe dann zu dem Hauptgrund für den Rückgang der Population: eine stetig sinkende Fortpflanzungsrate. Brachte ein Muttertier in den 1950er-Jahren noch zwei- bis dreimal im Jahr bis zu zehn Junge zur Welt, seien es heutzutage nur noch drei bis vier Jungtiere bei ein bis zwei Würfen, so die Wissenschaftlerin Monecke. Doch wie lässt sich das erklären? Laut Monecke kommen die Tiere heutzutage oft erst Mitte Mai statt wie früher Anfang April aus ihrem Winterschlaf. Das bedeute wiederum weniger Nachwuchs. Die Ursache für die Verschiebung sei unklar. Möglicherweise werde durch eine wachsende Lichtverschmutzung, also künstliches Licht, die innere Jahresuhr des Feldhamsters durcheinandergebracht. Doch das sei nicht mehr als eine Mutmaßung, räumt Monecke ein. Hier sei viel Forschung nötig. Sonst könnte es sein, dass es die Nager in 30 Jahren nicht mehr gibt.

Mit Material von NDR, Bundesamt für Naturschutz, Nabu

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