Das ist ein Artikel vom Top-Thema:
Fleisch aus dem Labor: Ist Fleischersatz besser für die Umwelt?
Der Konsum von „Fleischersatzprodukten“ ist eine Frage der persönlichen Entscheidung. Aber ist Fleisch aus dem Labor nachhaltiger?
Die Regale in den Supermärkten sind inzwischen voll damit: Ersatzprodukte für Fleisch. Wer sich bewusst gegen den Konsum von tierischen Produkten entschieden hat, wird hier sicher fündig. Oder doch nicht? Und sind im Labor erzeugten Alternativen wirklich besser für die Umwelt?
Fakten zum Thema in-vitro-Fleisch
Fokus Fleisch hat die Debatte aufgegriffen und einige Fakten zum Thema In-vitro-Fleisch (IVM) zusammengestellt. Auch European Livestock Voice, ein Zusammenschluss von Verbänden, die Sektoren von Tiergesundheit über Futtermittel, Zucht und Tierhaltung bis hin zu Landwirten vertreten, hat auf der Webseite eine Mitteilung veröffentlicht, basierend auf einem Artikel auf meatthefacts.eu.
Wissenschaftlicher Kenntnisstand zu künstlich erzeugtem Fleisch
Seit das sogenannte Laborfleisch oder Fleisch aus Zellkulturen (Cultured Meat) vor einem Jahrzehnt mit der Präsentation des ersten „Labor-Burgers“ an den Start ging, ist das Medieninteresse an dieser Technologie nicht abgeebbt, heißt es von Fokus Fleisch. Ein neuer wissenschaftlicher Bericht gebe nun einen umfassenden Überblick über den aktuellen Kenntnisstand zu künstlich erzeugtem Fleisch.
Umwelt ist kein Anreiz für Kauf von Fleischersatzprodukten
Fleisch aus dem Labor: Herstellung komplex
Der Bericht zeige auf, dass der Produktionsprozess von Laborfleisch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sei. Zur Herstellung sei die Entnahme von Muskelgewebe von einem lebendigen Tier erforderlich, um lebende Stammzellen zu erhalten. Da dies regelmäßig geschehen müsse, stellen sich sowohl neue ethische- als auch Tierschutzfragen. Die entnommenen Stammzellen vermehrten sich und wandelten sich dann in verschiedene Zelltypen wie Muskel- und Fettzellen um. Dazu müsse ein Medium Nährstoffe, Hormone und Wachstumsfaktoren liefern, die für die Zellvermehrung und -differenzierung in reifem Gewebe erforderlich seien.
Künstliches Fleisch: Dennoch braucht es Rinderserum
Bei dem üblicherweise verwendeten Nährmedium handelt es sich um fötales Rinderserum, das ungeborenen Kälbern entnommen werde. Aufgrund der ethischen Fragen, die diese Praxis aufwirft, haben sich viele Unternehmen dazu verpflichtet, das Rinderserum durch ein künstliches Serum zu ersetzen. Nach Ansicht der Autoren des Berichtes gebe es bei diesen synthetischen Medien jedoch andere Schwierigkeiten.
XXL-Laborfleischanlage soll 13 Mio. kg Kunstfleisch im Jahr produziere
Fleisch ist komplexes Lebensmittel
Natürliches Fleisch nämlich sei ein komplexes Lebensmittel, das schwierig zu reproduzieren sei, fasst Fokus Fleisch die Untersuchung weiter zusammen. Unklar sei zudem, wie nahe der Gehalt an Makro- und Mikronährstoffen von Kunstfleisch dem von echtem Fleisch komme. Es sei wahrscheinlich, dass im Labor gezüchtetes Fleisch einen Mangel an essenziellen Nährstoffen aufweise. Diese ließen sich nur schwer reproduzieren, dazu gehören Eisen, Zink und Vitamin B12. Jede Zutat wie Spurenelemente oder Mikronährstoffe, die in vitro zugesetzt werde, beeinträchtige wahrscheinlich die Nährstoffqualität. Sie seien nicht Teil der ursprünglichen Struktur und würden möglicherweise weniger gut aufgenommen.
Fleisch aus dem Labor: Viele Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker enthalten
Ein weiterer entscheidender Punkt sei, dass dieses Fleisch keine als angenehm empfundene Geschmacks- und Aromastoffe wie echtes Fleisch enthalte. Aus diesem Grund würden viele Zutaten wie Paniermehl, Rote-Bete-Saft, Safran und Eipulver hinzugefügt, um die sensorische Empfindung von Fleisch in Bezug auf Geschmack und Farbe zu imitieren.
Labor-Fleisch fürs Klima
Nachhaltigkeit von Laborfleisch fraglich
Die Autoren stellten auch die Nachhaltigkeitsansprüche von Laborfleisch in Frage. Nach Ansicht der Wissenschaftler sei der Vergleich zwischen den Umweltauswirkungen von Kunstfleisch und konventionellem Fleisch unvollständig, weil noch immer nur wenige Produktionsanlagen für Fleisch aus Zellkulturen existieren, auf die sich die Studien stützen könnten. Eine kürzlich durchgeführte Studie sei zu dem Schluss gekommen, dass die globale Erwärmung bei Kunstfleisch kurzfristig geringer ausfallen würde als bei der Erzeugung von echtem Rindfleisch, dass es aber langfristig schädlicher sei, da sich Methan in der Atmosphäre weniger schnell anreichert als CO2, das von Kunstfleischfabriken erzeugt wird.
Italien verbietet Fleisch-Imitate
Zusammenfassend: Hinsichtlich der Umweltauswirkungen biete die In-vitro-Produktion nach den derzeit verfügbaren Daten keinen Umweltvorteil gegenüber echtem Fleisch, sagt unter anderem der Bundesverband Rind und Schwein. Frühere Studien hätten auch gezeigt, dass Bioreaktoren, die zur Kultivierung von Zellen verwendet werden, viel Energie mit sehr hohen CO2-Emissionen verbrauchen. Italien hat gerade Lebensmittelimitate aus Zellkulturen und Insektenmehl verboten.