In den vergangenen Jahren konnten Geflügelhalter mit Beginn der wärmeren Jahreszeiten aufatmen: Die Gefahr einer Geflügelpestinfektion war zumindest bis zum nächsten Winter gebannt. Das sieht heute jedoch anders aus.
Vergangene Woche gab es die jüngste Meldung zur Geflügelpest aus Niedersachsen: In Dinklage, Landkreis Vechta, ist eine große Legehennenhaltung mit 110.000 Tieren betroffen. Das Friedrich-Löffler-Institut, FLI, bestätigte das hochpathogene Influenzavirus vom Subtyp H5 am 11. August 2022. Die Tötung des Tierbestandes wurde angeordnet.
Der Landkreis richtete um den betroffenen Betrieb eine Schutzzone (ehemals Sperrbezirk) mit einem Radius von mindestens 3 km und eine Überwachungszone (ehemals Beobachtungsgebiet) mit einem Radius von mindestens 10 km ein. In der Schutzzone befinden sich 33 Geflügelhaltungen, in der Überwachungszone 315 Haltungen, darunter auch Hobbyhaltungen. Eine Überwachungszone kann, wenn keine neuen Fälle auftreten, frühestens nach 30 Tagen wieder aufgehoben werden.
Stallpflicht im Umkreis
Sowohl für Nutz- als auch für Hobbygeflügel gilt im 10-km-Radius eine Stallpflicht. Vermehrte Krankheits- und Todesfälle müssen dem Veterinärdienst gemeldet werden. Das Verbringen von Vögeln, Eiern, Fleisch, Fleischerzeugnissen, Gülle, Mist, Einstreu, Federn ist eingeschränkt. Futterlager und Einstreulager sollten vor Wildvögeln geschützt werden, so dass dort kein Wildvogelkot hinkommen kann.
Der Landkreis Vechta sagte aufgrund des Geflügelpestfalles in Dinklage den Montags-Viehmarkt im Rahmen des Stoppelmarkts in Vechta ab. Dort sind traditionell viele Anbieter von Geflügel und Zuchtvögeln vertreten.
Mehrere Fälle von Geflügelpest in Niedersachsen
Bereits Ende Juli/Anfang August hatte es in Niedersachsen drei weitere Fälle von Geflügelpest in Betrieben gegeben. Betroffen waren zwei kleinere Haltungen in Beverstedt, Landkreis Cuxhaven und ein Legehennenbetrieb in Hüde, Landkreis Diepholz. Die Gemeinde Hüde liegt am Dümmer. Der See und sein Umfeld sind Rast- bzw. Brutstätte zahlreicher Wildvogelarten. So geht man im Hüder Fall „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ davon aus, dass der Kontakt von infizierten Wildvögeln mit den freilaufenden Hennen im Ausbruchsbetrieb Ursache der Infektion waren.
Infizierte Wildvögel in den Küstenregionen
Schon im Frühjahr und auch im Sommer wurden aus den Küstenregionen Deutschlands und anderer EU-Staaten auch Funde von mit Geflügelpest infizierten Wildvögeln gemeldet. Laut FLI waren es in Deutschland seit Beginn des Jahres 934 infizierte Wildvögel und 31 Ausbrüche bei Geflügel und gehaltenen Vögeln. Trotz eines deutlichen Rückgangs im Laufe des Frühjahrs 2022 gegenüber dem Winter spricht das FLI unter anderem von „existenziell bedrohlichen Populationseinbrüchen bei koloniebrütenden Seevögeln“.
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Risikoeinschätzung FLI
In seiner Risikoeinschätzung von Anfang Juli 2022 schreibt das FLI: „Ein weiteres Zirkulieren könnte zu einer enzootischen Situation und somit zu einem ganzjährigen Infektionsrisiko für Wildvögel, Geflügel und Säugetiere führen. Das Risiko einer Ausbreitung von HPAIV H5 bei Wildvögeln in Deutschland wird in der Küstenregion weiterhin als hoch eingestuft. Das Risiko eines Eintrags in Geflügelhaltungen und Vogelbeständen wird in diesen Regionen als hoch, ansonsten als gering eingestuft.“
Auch aus unserem geflügeldichten Nachbarland Niederlande gibt es immer wieder Meldungen von Geflügelpestfällen. Der bisher letzte Fall datiert von Anfang dieser Woche: Dort ist in Kapelle, Provinz Zeeland, ein Legehennenbetrieb mit 76.000 Tieren betroffen.