30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland sind Grasland und nicht ackerfähig. Die Beweidung durch Wiederkäuer ermöglicht es, diese Flächen in Lebensmittel umzuwandeln.

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Laura Schneider | am

Grünlandtag: Kühe sind keine Klimakiller

Kühe sind keine „Klimakiller“, sondern eine tragende Säule auf dem Weg zur nachhaltigen Nahrungsproduktion. Wichtig ist, das Maximum aus den vorhandenen Ressourcen herauszuholen. Darum ging es beim digitalen Grünlandtag.

Nutztiere sind Nahrungskonkurrenten, Kühe sind Klimakiller und Fleisch essen oder Milch trinken ist total veraltet – Narrative rund um die Nutztierhaltung gibt es reichlich. Warum viele davon nicht stimmen und Wiederkäuer sogar einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität leisten können, schilderte Prof. Wilhelm Windisch von der Technischen Universität München beim digitalen Grünlandtag der LWK Niedersachsen.

Die Narrative zu bekämpfen, hält der Wissenschaftler nicht für den richtigen Weg. Stattdessen müsse man „einen Schritt zurück gehen und darüber diskutieren.“ Dafür lieferte er eine Reihe von Argumenten.

Die Rolle unserer Nutztiere im Stoffkreislauf

Landwirtschaftliche Nutzfläche wird zunehmend knapp. Während die Fläche in der Größe eines Fußballfeldes heute Windisch zufolge drei Menschen ernähren müsse, seien das 2050 schon fünf. Zudem produziere Landwirtschaft nicht Nahrung, sondern Biomasse, wovon der größte Teil nicht essbar sei wie:

  • Koppelprodukte aus dem Anbau lebensmittelliefernder Produkte (Stroh bei Getreide),
  • Nebenprodukte aus der Verarbeitung der Ernte (bei Getreide bleibt die Hälfte des Mehls als Kleie zurück),
  • Zwischenkulturen der Fruchtfolge
  • oder absolutes Grasland. Dieses nehme 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland und 70 Prozent weltweit ein, die nicht als Ackerland nutzbar sei. „Weltweit ist sozusagen nur der Strafraum des Fußballfeldes ackerfähig. Das ganze Spielfeld ist Grasland. Um das in etwas Essbares zu überführen, bleibt uns nur Nutztierhaltung“, verdeutlichte Windisch. Zudem müsse man durch Nutztiere die in Europa ausgestorbene Megafauna (Aucherochsen, Wildschafe, Mammuts) ersetzen, die unter natürlichen Bedingungen die Waldbildung auf Grünland zurückhalten würde.

Vier Kilo nicht essbare Biomasse pro Kilo vegane Nahrung

Pro kg vegane Nahrung entstehen laut Windisch mindestens 4 kg nicht essbare Biomasse, die wir in den Stoffkreislauf zurückführen müssen. Alles zurück aufs Feld zu bringen in Form einer veganen Fruchtfolge sei ineffizient und mit hohen Emissionen verbunden. Effizienter sei ein lagerbarer Dünger, den man punktgenau ausbringen kann. Dazu biete sich die Vergärung zu Biogas oder die Verfütterung an Nutztiere an. Bei letzterer Option erzeugen die Tiere zusätzlich Lebensmittel, sodass bei 4 kg nicht essbarer Biomasse mindestens drei Liter Milch blieben, die ohne Konkurrenz aus derselben Fläche produziert werden.

Die Emissionen, die bei der Rückführung der nicht essbaren Biomasse in den Stoffkreislauf entstehen, sind laut Windisch bei allen drei Varianten gleich. Verfüttere man die Biomasse nicht an Nutztiere, verzichte man auf Lebensmittel, ohne Umwelt und Klima zu entlasten. „Das Minimum der Umwelt- und Klimawirkungen der Nahrungsproduktion erreichen wir nur mit Nutztieren“, ist er daher überzeugt.

Klimawirkungen richtig einordnen

Die Umwelt- und Klimawirkung der Nutztiere hat dem Wissenschaftler zufolge zwei Stufen:

  • Die Basisproduktion durch Rückführung der nicht essbaren Biomasse in den Stoffkreislauf (nachhaltig, aber limitiert)
  • und eine zusätzliche Produktiondurch Nahrungsmittelkonkurrenz, die Umwelt und Klima belastet.

Emissionen seien in Zeiten der Klimakrise ein schwerwiegendes Problem, doch die Betrachtung der CO2-Fußabdrücke pro kg produziertem Eiweiß sei nicht zielführend: Demnach sei Geflügel am effizientesten, gefolgt von Schweinen und zuletzt Rindern. Da Nutzfläche begrenzt ist, müsse man aber statt Futter vom Acker nicht essbare Biomasse verfüttern. Unter diesem Aspekt seien Wiederkäuer am effizienten, gefolgt von Schweinen und Geflügel an letzter Stelle.

Ein „Problem“ der Wiederkäuer seien die Methanemissionen. „Klimakiller“ seien sie aber nicht, denn Methan habe eine kurze Halbwertszeit und werde beständig abgebaut. Daher bleibe die Konzentration in der Atmosphäre bei konstanter Tierzahl gleich und die Wiederkäuerzahlen in Europa seien bereits deutlich gesunken.

Grünland: Traktor bricht Boden um

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