Keine Entspannung in Sicht, weder in Deutschland noch in der EU. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) fürchtet gar, dass das Virus endemisch werden könnte.
Wie das FLI in seiner jüngsten Einschätzung zum Geflügelpestgeschehen feststellte, sind trotz eines deutlichen Rückgangs der Ausbrüche auch im vergangenen Sommer vor allem in Nordeuropa immer wieder Fälle bei Wildvögeln aufgetreten. Genetische Analysen deuteten darauf hin, dass die seit Oktober 2020 in Europa zirkulierenden Viren "übersommert" hätten und zusätzlich ab Herbst 2021 eng verwandte, aber unterscheidbare H5N1-Viren aus dem Osten eingetragen worden seien.
Kommt es zu einer dauerhaften Zirkulation von Geflügelpestviren bei Wildvögeln, müssten dann zusätzliche Maßnahmen diskutiert werden.
Mittelfristig könnte aus Sicht des FLI eine Verringerung der Dichte kommerzieller Geflügelbetriebe durch Wiederbelegungsverbote in Frage kommen. Langfristig sollte beim Erreichen einer endemischen Situation auch die Umstrukturierung von Geflügelproduktionssystemen, die besonders anfällig für die Geflügelpest seien, überdacht werden.
Erweiterte Präventionsmaßnahmen in NRW
Die Geflügelbranche im Nachbarbundesland hat sich bis Ende März 2022 zu erweiterten Präventionsmaßnahmen verpflichtet. Mit den nach Größenordnungen und Risikokriterien gestaffelten, weitergehenden Biosicherheitsmaßnahmen und präventiven Untersuchungen in den Beständen sollen eine Einschleppung der Seuche möglichst verhindert und eine sichere Früherkennung der Erkrankung ermöglicht werden.
Unter anderem sehen die Maßnahmen den vorläufigen Verzicht auf Geflügelausstellungen und Geflügelmärkte sowie die intensivierte Überprüfung fliegender Händler vor. Auch bei anderen Lebendviehvermarktungen sind risikoorientierte Kontrollen geplant.
Tierhalterinnen und Tierhalter sollen bei der Versorgung ihrer Tiere stallspezifische Schutzkleidung sowie Schuhe oder Überschuhe tragen. Für Haltungen ab 1.000 Tiere gelten noch strengere Biosicherheitsanforderungen.
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Wie ist die Lage in anderen EU-Ländern?
Wegen der raschen Ausbreitung der Tierseuche hat auch Frankreich die eigenen Seuchenschutzmaßnahmen in der vergangenen Woche deutlich verschärft. Im Brennpunkt des aktuellen Seuchenzuges im Südwesten des Landes wurde die präventive Keulung der Bestände von gewerblichen Hühner- und Entenhaltungen angeordnet. Ausgenommen seien Zuchtbetriebe und Brütereien, um das Potential für den erneuten Bestandsaufbau nach dem Ende der Krise zu erhalten.
Betroffen sind laut Landwirtschaftsministerium insgesamt 226 Gemeinden in den Départements Gers, Landes und Pyrénées-Atlantiques. Schätzungen gehen davon aus, dass von den präventiven Keulungen bis zu 1,3 Millionen Tiere betroffen sind.
Die Regionalregierung von Kastilien und León bestätigte am Dienstag vergangener Woche offiziell den ersten Fall von hochpathogener Aviärer Influenza (HPAI) in einem landwirtschaftlichen Betrieb in Spanien. Betroffen ist ein Putenhaltungsbetrieb bei Segovia. Die Keulung des Bestandes wurde angeordnet und eine Sperrzone rund um den Betrieb eingerichtet. In dieser gelte ein allgemeines Verbot der Verbringung von Vögeln. Bei Wildvögeln in Spanien war H5N1 in der vorletzten Woche erstmals offiziell bestätigt worden.