In jeder Hälfte des Doppel-Dreireiher-Stalls hängen zwei Reihen mit je zwei Ventilatoren zur Längslüftung über den Liegeboxen. Die Curtains an den Seiten lassen sich komplett herunterfahren.

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Laura Schneider | am

Lüftungsanlagen: Die Luft im Milchvieh-Stall in Bewegung bringen

Kühe mögen keine Hitze. Hohe Temperaturen können zu Leistungseinbußen und gesundheitlichen Schäden führen. Um das zu vermeiden, hat Familie Reinermann aus Fürstenau neue Lüfter im Stall installiert. Wir haben sie besucht.

Frische Luft weht durch die offenen Tore über den Futtertisch im Milchviehstall von Familie Reinermann in Fürstenau-Hollenstede im Kreis Osnabrück. Die meisten Kühe liegen in den Liegeboxen und kauen wieder, während einige am Futtertisch stehen und fressen oder uns neugierig ihre Köpfe entgegenstrecken. Von Hitzestress sind sie an diesem kühlen Tag Anfang März weit entfernt. Damit das so bleibt und sie sich auch im Sommer wohlfühlen, wenn die Temperaturen steigen, hat Familie Reinermann im vergangenen Jahr neue Lüfter in ihrem Milchviehstall und bei den Trockenstehern installiert. Sie bringen die Luft an heißen Tagen in Bewegung.

Energieeffizienz und ein angenehmeres Klima für Mensch und Tier - das hat Julian Reinermann von den neuen Lüftern überzeugt.

Zu wenig Luftbewegungan schwülheißen Tagen

„Der Stall ist eigentlich schon zu allen Seiten offen“, erklärt Betriebsnachfolger Julian Reinermann. „Wir haben vorne und hinten große Tore und die Curtains an den Seiten lassen sich komplett runterfahren. Aber je nach Wetter ist damit trotzdem zu wenig Bewegung in der Luft – gerade an schwülheißen Tagen, wenn die Luft steht.“ Daran hätten auch die vorhandenen Ventilatoren kaum etwas ändern können. Diese hatte die Familie in ihrem Stall aus dem Jahr 1998 über die Jahre nachgerüstet, aber sie seien mittlerweile zehn Jahre alt und älter gewesen und hätten nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprochen.

Die Lüfter bei den Trockenstehern hängen quer an der Stallaußenwand und belüften die Liegeboxen so direkt.

Hitzestress und Leistungseinbrüche

An heißen Tagen konnte man laut Julian Reinermann erkennen, dass die Tiere unter Hitzestress litten. Geäußert habe sich das vor allem darin, dass sie sich weniger bewegten und vermehrt standen, da sie so besser Wärme abgeben können als im Liegen. Aber auch Milchleistungseinbrüche um bis zu vier Liter seien in Hitzeperioden durchaus vorgekommen.

Neue Lüfter bei Trockenstehern und Milchkühen

Deshalb fiel im Mai vergangenen Jahres die Entscheidung, neue Ventilatoren im Milchviehstall und bei den Trockenstehern zu installieren. Im Milchviehstall hängen seitdem zehn Lüfter – in jeder Stallhälfte des Doppel-Dreireiher-Stalls zwei Längsreihen mit je zwei Lüftern hintereinander über den Liegeboxen und jeweils ein weiterer quer am Stallende auf Höhe des Melkroboters. Die Maße der Ventilatoren liegen bei 1,46 × 1,46 Meter.

Damit die Umstellung auf einen neuen Melkroboter für Mensch und Tier stressfrei über die Bühne geht, ist eine gute Planung nötig.Eine Stärke der Roboter: Sie können rund um die Uhr ihre Arbeit verrichten - verlässlich, kontinuierlich und immer gleich.

Querlüftung bei den Trockenstehern

Bei den Trockenstehern setzt Familie Reinermann auf eine Querlüftung: Der Laufstall, in dem die Trockensteher untergebracht sind, stammt aus dem Jahr 2020 und ist zugleich Jungvieh- und Maststall. Auf der linken Stallseite gibt es 130 Mastrinderplätze, während sich auf der rechten Seite an ein Strohabteil Liegeboxen anschließen. Sie bieten Platz für 20 Trockensteher und dahinter 50 tragende Rinder. Über dem Strohbereich und dem angrenzenden Liegeboxenbereich für die Trockensteher befinden sich an der Stallaußenseite drei Ventilatoren – das gleiche Modell wie im Milchviehstall, aber mit Maßen von 1,10 × 1,10 Meter etwas kleiner. Durch die Querlüftung gelangt die frische Luft hier direkt in die Liegeboxen, sodass die Trockensteher Julian Reinermann zufolge noch mehr von der Belüftung profitieren und ein angenehmes Stallklima sichergestellt ist.

Steuerung anhand von Temperatur und Feuchte

In beiden Ställen hängen die Ventilatoren in einer Höhe von 2,70 Meter (Unterkante), sodass kein Schutzkorb nötig ist. Die Steuerung erfolgt automatisch anhand von Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Die Ventilatoren setzen bei einer Temperatur von 18 Grad mit einer Laufleistung von 15 Prozent ein und steigern die Leistung dann automatisch linear auf bis zu 100 Prozent.

Den Temperaturfühler nutzt Familie Reinermann schon seit dem Einbau der Lüfter im vergangenen Jahr. Nach den Erfahrungen im ersten Sommer hat sie nun noch einen Feuchtigkeitssensor ergänzt, sodass sich die Steuerung künftig am THI (temperature humidity index) orientiert, also dem Zusammenspiel von Temperatur und Luftfeuchtigkeit.

Rinder im Stall

Tierwohl, Arbeitskomfort und Energieeffizienz

Nach dem ersten Sommer mit den neuen Lüftern ist Julian Reinermann überzeugt, dass sie das Tierwohl positiv beeinflussen und die Kühe weniger unter der Hitze leiden als früher. Durch die bessere Belüftung würden sie auch an heißen Tagen wieder mehr Zeit liegend verbringen. Dazu komme, dass die Milchleistung in den Hitzeperioden zwar noch leicht nach unten gehe, aber bei weitem nicht mehr so extrem wie früher. Der Arbeitskomfort sei ebenfalls gestiegen und das Arbeiten im Stall durch die bessere Belüftung angenehmer. Darüber hinaus seien die neuen Ventilatoren im Vergleich zu den alten Modellen deutlich leiser, wovon Mensch und Tier profitieren würden.

Wände eines Fahrsilos

Energieeffizienz moderner Ventilatoren

Nicht zu vernachlässigen sei zudem die verbesserte Energieeffizienz der modernen Ventilatoren: Während die alten Lüfter einen Energieverbrauch zwischen 1,1 und 1,5 kW pro Stunde hatten, kämen die neuen auf rund 0,53 kW, sodass sich trotz der besseren Belüftung und der höheren Anzahl an Ventilatoren Strom sparen lasse. „Man spart Energie, der Stressfaktor für die Kühe sinkt und man hat selbst jeden Tag im Stall Spaß daran“, fasst Julian Reinermann die Vorteile des neuen Lüftungssystems zusammen.

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