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Regine Suling-Williges | am

Mobile Schlachtung: Konzept Direktvermarktung ist nun rund

Familie Flentje ist erst vor zweieinhalb Jahren in die Mast von Hähnchen in Mobilställen eingestiegen. Die Nachfrage ist sehr groß. Mit der Anschaffung eines eigenen Schlachtmobils wird die Sache jetzt rund.

Landwirtin Iris Flentje aus Hardenbostel (Landkreis Diepholz), bringt die Vorteile auf den Punkt, die das neue Schlachtmobil ihrer Meinung nach bringt: „Mich begeistert es, dass wir jetzt eine geschlossene Kette von Erzeugung und Schlachtung in einer Hand haben. Und wir haben Freude am Miteinander und am Zusammenarbeiten“, sagt sie. Erst vor zweieinhalb Jahren hat die Familie, das sind Iris und Armin Flentje sowie ihr Sohn Jan Hinnerk, mit der Mast von Hähnchen in Mobilställen begonnen. Dazu bauten sie selbst zunächst zwei Anhänger zu Mobilställen um. Inzwischen sind vier weitere dazugekommen. Die Nachfrage entwickelte sich rasant und übertraf die Erwartungen der Familie bei weitem. Heute können insgesamt 1.200 Hähnchen in den Mobilställen gemästet werden. Diese sind jeweils mit einer eigenen Fütterung und Wasserversorgung ausgestattet.

Sachkundelehrgang bereitet auf Geflügelschlachtung vor

Vermarktet werden die Hähnchen unter dem Motto „FlentjesFreilandFrische“ direkt. „Die ersten Tiere schlachten wir im Alter von neun Wochen, die letzten mit zwölf oder 13 Wochen“, erklärt Iris Flentje. Mit der Anschaffung einer eigenen mobilen Schlachtung ist die Familie jetzt einen weiteren Schritt gegangen: Die Hähnchen können nun vor Ort auf dem Hof geschlachtet werden. Armin und Jan Hinnerk Flentje haben zu diesem Zweck einen speziellen Sachkundelehrgang beim Landwirtschaftlichen Bildungszentrum Echem absolviert. Damit haben sie die Berechtigung erworben, selbst Geflügel schlachten zu dürfen.

Überall sieht man inzwischen Legehennen in Mobilställen. Auch für die Hähnchenmast ist das eine Option.

Weniger Stress für die Tiere

Das hat nach ihrer Einschätzung viele Vorteile. Ein entscheidender: „Die bisherigen aufwändigen Fahrten zum Schlachter nach Riede oder Wagenfeld entfallen“, sagt Iris Flentje. Das sei nicht nur für die Familie organisatorisch einfacher, sondern vor allem für die Tiere viel besser, weil Verladen und Fahren nicht mehr notwendig sei. Der Transport zum „Schlachthof“ gestaltet sich jetzt komplett stressfrei und kürzer als jetzt mit einer Distanz von gerade einmal 300 m geht es wohl kaum.

Schlachtung ist Familiensache

„Schlachtmobile sind in der Akzeptanz außerdem hoch im Kurs“, nennt Armin Flentje einen weiteren Grund für die Anschaffung des Mobils. „Ich hatte keine Berührungsängste“, erwidert Jan Hinnerk Flentje auf die Frage, ob es als Landwirt nicht ungewohnt sei, die selbst aufgezogenen Tiere zu schlachten und weiter zu verarbeiten. „Das Schönste aber ist, dass wir das als Familie machen und miteinander arbeiten“, findet Iris Flentje. Die Aufgaben im Schlachtmobil sind dabei klar strukturiert: Jan Hinnerk und Armin kümmern sich um das Töten und Schlachten der Tiere im sogenannten schwarzen Bereich des Mobils, Iris nimmt sie im weißen Bereich aus und verarbeitet sie weiter. „Wir schlachten immer mittwochs etwa 50 Tiere pro Stunde. Innerhalb von 45 Minuten sind die Hähnchen dann verarbeitet und im Kühlanhänger“, sagt Jan Hinnerk Flentje.

Anita Lucassen

Ablauf der Schlachtung

Das Trio arbeitet dabei ruhig und konzentriert, jeder weiß, was er zu tun hat. Jan Hinnerk betäubt ein Hähnchen nach dem anderen durch einen kurzen Stromdurchfluss im Kopf, bis das Betäubungs-Gerät piept. „Die dann folgende Starre hält zwischen 40 und 50 Sekunden an. In dieser Zeit muss der gezielte Halsschnitt erfolgen“, sagt der junge Landwirt. Die Tiere werden nach dem Schnitt in die Halsschlagader zum Entbluten aufgehängt. Ist die Reihe mit zwölf Tieren komplett, werden immer vier von ihnen gleichzeitig in einen Wasserbottich gegeben, in dem das Wasser eine Temperatur zwischen 63 und 65 °C hat. „Zu heiß darf das Wasser nicht sein, dann wird die Haut gelb“, sagt Jan Hinnerk Flentje. Zudem steckt etwas Spülmittel in dem Wasserbad, damit sich im nächsten Schritt – in der Rupfmaschine – das Fett und damit auch die Federn gut von der Haut lösen können. Bis zu vier Tiere finden in der laut polternden Maschine Platz, die die Haut innerhalb von wenigen Sekunden von den Federn befreit.

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Selbst Schlachtabfälle werden genutzt

Im Anschluss entfernt Armin Flentje die Köpfe und Krallen. „Manchmal sind auch nach dem Rupfen noch ein paar Federn da, die noch am Tier verblieben sind“, erzählt er. Die Schlachtabfälle werden einmal pro Woche abgeholt und zur Herstellung von Seife verwendet. Auch die Innereien gehen diesen Weg – es sei denn, ein Kunde hat diese konkret im Vorfeld bestellt. Als nächstes hat Iris Flentje ihren Part und nimmt die Tiere aus, taucht sie in ein weiteres Wasserbad und bringt sie anschließend in den Kühlanhänger. Zum Schluss übernimmt Armin Flentje dann alleine die Regie im Schlachtmobil: „Ich schrubbe und putze, reinige alles mit dem Hochdruckreiniger und desinfiziere alle Bereiche.“

Hühner auf einer Weide vor einem Mobilstall

"Der Markt ist da!"

Am Donnerstagmorgen zerlegt und filetiert Iris Flentje die nach dem Schlachten rund 3 kg schweren Hähnchen dann gemeinsam mit einer Mitarbeiterin, verpackt und verkauft sie. Die Vermarktung des Fleisches laufe nach wie vor fast ausschließlich über WhatsApp, sagt Iris Flentje. Viele Privatkunden in den Landkreisen Diepholz und Nienburg, aber auch zahlreiche Hofläden und Restaurants, zählen zum Kundenkreis. „Der Markt ist da“, sagt Jan Hinnerk Flentje, der in der Anschaffung des Schlachtmobils einen konsequenten Schritt zum Ausbau der Direktvermarktung sieht: „Das ist echte bäuerliche Landwirtschaft. Und wir können eine Qualität in der Verarbeitung anbieten, so wie wir sie gerne haben wollen.“

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Für andere schlachten

Unterstützung erfährt das Trio von Jan Hinnerks Großeltern Margret und Johann Mehlhop, die beim Filetieren und Ausliefern des Fleisches unterstützen. Alle drei Wochen bekommt die Familie 400 neue Küken. Da gelte es, auch die Bedarfe der unterschiedlichen Jahreszeiten und Feiertage genau zu kalkulieren und vorausschauend zu arbeiten. „Ich habe jetzt schon die Küken bestellt, die wir im März bekommen und dann im April/Mai schlachten werden“, sagt Iris Flentje. Mittelfristig kann sich die Familie vorstellen, die Dienste des Schlachtmobils auch anderen Landwirten anzubieten. „Aber dazu bräuchten wir Personal“, sagt Jan Hinnerk Flentje. Deswegen konzentrieren sich die Flentjes zunächst einmal auf die Schlachtung und Verarbeitung der eigenen Hähnchen, behalten aber die Idee, ihre Dienstleistung auch anderen Berufskollegen anzubieten, weiterhin im Hinterkopf: „Der Grundgedanke ist da.“

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