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Neue Gebührenordnung (GOT): Der Tierarztbesuch ist jetzt teurer
Seit dem 22. November 2022 gilt die neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Wir haben geschaut, welche Änderungen sie für die Pferdehalterinnen und -halter mitbringt und warum das für Unmut sorgt.
Die neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) gilt seit Ende vergangenen Jahres. Sie beruht auf einer Studie, die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) 2020 in Auftrag gegeben wurde. Sie sollte laut Bundestierärztekammer alle tierärztlichen Leistungen bewerten, „um zu gewährleisten, dass die GOT kostendeckend ist“. Die Anpassung entspreche nicht einmal dem Inflationsausgleich und sei „äußerst maßvoll“. Neben der Preisanpassung ging es bei der neuen GOT darum, neuere medizinische Verfahren aufzunehmen. Außerdem soll sie neu strukturiert und besser verständlich sein und auch juristische Personen wie GmbHs müssen sich nun an sie halten.
GOT: Was ist jetzt neu?
Wie erwartet wurden viele Leistungen teurer. So kostet
- eine Allgemeine Untersuchung mit Beratung nun 30,78 Euro (bisher 19,24 Euro),
- eine Blutprobenentnahme venös 10,26 Euro (6,41 Euro),
- eine subkutane Injektion 11,50 Euro (5,77 Euro),
- eine Lahmheitsuntersuchung 51,31 Euro (32,07 Euro)
- oder Verbandanlegen/-abnehmen 17,25 Euro (5,13 Euro).
Einige Leistungen wurden aber auch günstiger, wie das Röntgen (je 26,53 Euro für die erste und zweite Aufnahme statt 32,07 Euro) oder eine Euthanasie (73,90 Euro statt 92,37 Euro).
Einfacher oder doppelter Gebührensatz: So wird die GOT angewendet
Wichtig zu wissen ist, dass es einen ein-, zwei- und dreifachen Satz gibt. Der Tierarzt entscheidet je nach Schwierigkeit, Zeitpunkt, örtlichen Gegebenheiten oder Wert des Tieres, welchen er verwendet. Durch die Novelle der GOT sollte der einfache Gebührensatz „wieder kostendeckend“ gestaltet werden. Er darf nicht oder nur unter definierten Voraussetzungen unter- und der dreifache Satz nicht überschritten werden. „Die meisten Kollegen haben schon lange nicht mehr zum einfachen Satz abgerechnet, sondern mit dem 2,1- oder 2,2-fachen Satz“, berichtet Dr. Kai Kreling, Tierarzt und Mitglied der AG GOT, die an der Novelle mitgewirkt hat. Ziel sei, dass meist der ein- bis 1,5-fache Satz angewendet wird. Je nach Leistung und beim einzelnen Tierarzt kann die Erhöhung also niedriger ausfallen als es zunächst scheint.
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Verständnis für die Preiserhöhung der Tierärzte
Das bestätigt Pferdetierärztin Dr. Anja Thiess aus der Nähe von Freiburg. Sie war nach der alten GOT schon im Normalbetrieb teils beim dreifachen Satz und konnte widrige Umstände nicht anrechnen. „Jetzt läuft das meiste im ein- bis zweifachen Bereich, mit Luft nach oben für besondere Umstände.“ Ihre Kundschaft reagiere größtenteils mit Verständnis auf die Preiserhöhung: „Im Zusammenhang mit anderen Preissteigerungen sind die Kunden Teuerungen gewohnt, auch wenn es gerade deshalb für viele ein schlechter Zeitpunkt ist.“ Thiess weist darauf hin, dass die Tierarztkosten nur ungefähr zehn Prozent der Pferdehaltungskosten ausmachen. Pferdehaltern, die hohe Spontankosten nicht stemmen können, empfiehlt sie eine Kranken- oder OP-Versicherung.
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Notdienst, Hausbesuch und Wegegeld
Weitere Neuheiten sind,
- ein verpflichtendes Wegegeld für mobile Praxen, wobei die Höhe von 3,50 Euro pro Doppelkilometer geblieben ist,
- dass Tierärzte für jeden Besuch eine Rechnung ausstellen müssen
- und dass für Notdienste (vor acht Uhr, nach 18 Uhr und am Wochenende) eine verpflichtende Notdienstgebühr und die Abrechnung mit zweifachem Satz gilt.

Kritik der FN: Pro Pferd und Besitzer wird die Hausbesuchspauschale angewendet. (Symbolbild) © IMAGO / Frank Sorge
Hausbesuchsgebühr für Pferde
Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) kritisiert an der neuen GOT besonders die pauschale Hausbesuchsgebühr von 34,50 Euro (einfacher Satz), die alle (auch mobile) Praxen bei jedem Besuch berechnen müssen. Ausgenommen sind nur landwirtschaftliche Nutztiere. Kreling zufolge war die Pauschale im ersten Entwurf von 2012 für alle Tiere angesetzt, aber nach Intervention durch Stakeholder wurden die landwirtschaftlichen Nutztiere ausgenommen. Dort gibt es andere Strukturen, mehr Tiere pro Besitzer und die Tierhaltung dient dem Lebensunterhalt. Pferde fallen nicht unter diese Einordnung, was die FN scharf kritisiert. Im EU-Recht sei das Pferd klar als landwirtschaftliches Nutztier eingeordnet. Kreling dagegen betrachtet Pferde als „Hobby-Tiere“. Laut AG GOT gelten Pferde nur in folgenden Fällen als landwirtschaftliche Nutztiere:
- Stutenhaltung zur Milchgewinnung,
- Pferdehaltung zur Fleischgewinnung (nicht nur Eintragung als Lebensmittellieferndes Tier im Equidenpass)
- oder Zuchtstute im landwirtschaftlichen Betrieb sowie deren Fohlen.
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Ausnahmen: Das sagt die Bundesärztekammer
Holzrückepferde oder Hengste im Deckeinsatz sind nicht berücksichtigt. Die Hausbesuchsgebühr kann auch nicht wie das Wegegeld anteilig berechnet werden, sondern muss je Besitzer erhoben werden. Eine denkbare Ausnahme wäre laut Bundestierärztekammer nur, wenn der Stallbesitzer den Tierarzt beauftragt, alle Pferde in seinem Stall zu impfen, und die Gesamtrechnung begleicht.
„Mit einer Fahrpraxis kann man höchstens zehn Patienten am Tag abarbeiten, während Tierärzte mit einer Praxis in der Stadt bis zu 40 Patienten behandeln können“, erklärt Thiess. Als mobile Tierärztin hat sie einen hohen Zeitaufwand für Fahrten sowie Zu- und Entladen. Dazu kommen Kosten für Autopflege und den schnelleren Materialverschleiß.
GOT ist trotz Kritik beschlossene Sache
Laut FN ist der Pferdepraktiker darauf ausgelegt, als Fahrpraxis unterwegs zu sein und für den Fahraufwand entschädige bereits das Wegegeld. Durch die Erhebung des zwei- oder dreifachen Gebührensatzes habe der Tierarzt einen gewissen Spielraum, um das Pferd von anderen Nutztieren zu unterscheiden und dem erhöhten Zeitaufwand oder Wert eines Tieres Rechnung zu tragen. Sie fordert, die Gebühr für Pferde zurückzunehmen, und führt dazu Gespräche mit BMEL und Bundestierärztekammer. Die AG GOT betont derweil, dass der Gesetzgeber die GOT beschlossen hat und laut BMEL keine Änderungen geplant sind.