Die lukrative Schnäppchenjagd des Lebensmittelhandels setzt sich fort. Schweinefleisch wird importiert, Hauptsache billig.
Bis vor kurzem wusste ich nicht einmal, dass es in Chile eine nennenswerte Schweinefleischproduktion gibt, geschweige denn, dass dort Schweinefleisch für den Export zur Verfügung steht.
Auf Schnäppchenjagd in Südamerika
Doch der Lebensmittelhandel in Deutschland wusste es und ist nun sogar in Südamerika auf Schnäppchenjagd gegangen: Chilenisches Schweinefilet gab es zu Super-Sonderangebotspreisen sowohl beim Edeka-Foodservice als auch beim Großhändler Metro. Das sorgte - zu Recht - für einen Aufschrei bei hiesigen Schweinehaltern und ihren Interessenvertretungen.
Schweinfleisch drängt in der EU
Dass die deutschen Schweinemäster mit ihren Kollegen aus Dänemark oder Spanien konkurrieren müssen, ist ja fast schon an der Tagesordnung. Die Exportmöglichkeiten Richtung Asien sind nur noch begrenzt, also drängt sich das Fleisch in der EU und somit auch in Deutschland.
Preisverfall in deutschen Ställen
Die lukrative Schnäppchenjagd des Lebensmittelhandels beziehungsweise der Fleischverarbeiter macht leider auch vor deutschen Ställen nicht halt: Die VEZG-Notierung erreichte das unterirdische Niveau von 1,30 Euro/kg Schlachtgewicht. Die Kosten für die Produktion bei uns belaufen sich aber auf mindestens 1,70 Euro/kg.
Grob überschlagen heißt das, dass Mäster für jedes abgelieferte Tier aktuell 40 Euro mit auf den Tisch legen. Wie sollen sie das durchstehen - nach einem Coronajahr mit sehr großen Einbußen?
Rewe will auf heimisches Schweinefleisch umstellen
Nicht nachvollziehbar
Die Argumentation der Schlachthöfe: Die Kühlhäuser sind noch voll, Grillwetter fehlt ebenso wie die Großveranstaltung mit der Wurstbude.
Wer bitte schön soll das noch nachvollziehen: Wenn es hier schon ein Überangebot gibt, das die Preise massiv drückt, warum muss man sich dann noch zusätzlich in Südamerika eindecken? Wir diskutieren über CO2-Fussabdrücke und überall wird Nachhaltigkeit gefordert und dann schippern wir jetzt Schweinefleisch über den Atlantik?
Forderungen des LEH nach Tierwohl?
Völlig unverständlich wird das Ganze vor dem Hintergrund der Diskussion um mehr Tierwohl und der jüngsten Ankündigung von Aldi und Co., dass es in unseren Supermärkten bald nur noch Schweinefleisch der Haltungsstufen 3 und 4 geben soll. Über die Schwierigkeiten, den Stall so umzubauen wie gefordert und die hohen Kosten, die es verursacht, ist genug geschrieben worden.
So funktioniert es nicht
Wer ernsthaft eine andere Haltung unserer Nutztiere will, muss das ganze System mittragen. Die angemessene Bezahlung der Landwirte gehört zwingend dazu. So wie heute, wo die Notierung einem Russisch Roulette gleicht, kann es nicht mehr funktionieren. Dann geben die letzten deutschen Schweinehalter resigniert auf und das Fleisch kommt von irgendwo - Hauptsache billig.
Ein Armutszeugnis
Dann haben die Schnäppchenjäger auf der ganzen Linie gewonnen - was für ein Armutszeugnis für Fleischbranche und LEH, aber genauso für die Politik, allesamt mit ihren vollmundigen Versprechen, mehr Tierwohl zusammen mit den Landwirten umzusetzen! Viel Zeit bleibt nicht mehr zum Umsteuern. Ein Hoffnungsschimmer: Rewe hat heute angekündigt, bei Schweinefleisch zu 95 % auf deutsche Herkunft zu setzen.