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Elke Steinbach, LWK Niedersachsen | am

Weidetiere vor Wölfen schützen

Weidetiere haben unterschiedliche Anforderungen an eine ausbruchsichere und wolfsabweisende Zäunung. Jeder Weidetierhalter ist gut beraten, eine Bestandsaufnahme bei seinen Zäunungen zu machen. Wir geben Ihnen ein paar Tipps.

Der Druck auf die Weidetierhalter, Behörden und nicht zuletzt auf die Politik steigt ständig. Die Risszahlen des Monitorings bei Schafen und Ziegen weisen nach wie vor ein hohes Niveau auf. Gab es hierzulande 2019 bei 156 amtlich bestätigten Übergriffen 540 tote Schafe und Ziegen, so waren es 2020 bei fast gleicher Übergriffszahl (190) bereits 1.042 tote Schafe und Ziegen. 

Zaunbau: Was muss beachtet werden?

Der Zaun muss höher sein als es bisher nötig war und jeder Zaun benötigt einen Untergrabe- sowie Überkletterschutz. Grundsätzlich versucht der Wolf, bodennah und spurfolgend in eine Weide einzudringen. Durch Grabungen am Knotengeflecht versucht er, Beute zu machen. Der Wolf ist ein sehr effizienter Jäger und prüft die Zäunung nach Schwachstellen oder leichten Eindringmöglichkeiten. Aus diesem Grund ist auch ein Augenmerk auf die Tore und die angrenzende Umgebung des Zaunes zu legen. Das Eindringen wird z.B. durch Höhenunterschiede im Gelände, Baumstämme, oder nicht ausgezäunte Gewässer begünstigt.

Das sind die Zauntypen:

Grundsätzlich unterscheidet man bei den Zauntypen zwischen einem mechanischen und einem elektrisch abweisenden Zaun. Er kann fest aufgestellt sein oder mobil für die kurz- und mittelfristige Beweidung. Vorteil eines elektrifizierten Zaunes ist der Schmerz beim Kontakt, der beim Wolf zu einer negativen Verknüpfung mit dem Zaun führt. Mechanisch abweisend wirken Maschendraht- oder Knotengeflechtzäune. Diese werden für Wildgehege und bei kleinen Wiederkäuern eingesetzt. Ältere Zäune sind meist nur auf den Boden aufgesetzt. Bei diesen Zäunen muss ein Untergrabeschutz eingerichtet werden.

Eine abschreckende Wirkung auf den Wolf

Ein Untergrabeschutz ist auch durch die Anbringung eines Stahldrahtes auf 20 Zentimeter Höhe und im Abstand von 15 Zentimeter an der Außenseite des Zaunes herzustellen. Stahl ist ein langlebiges, robustes und gut leitfähiges Material. Bei Neuanlagen kann das Knotengeflecht auch 30 Zentimeter tief in den Boden eingegraben werden. Bei Schafen und Ziegen kommen neben der Einzäunung von Standweiden mit einem Festzaun auch Mobilzäune zum Einsatz. Hier sind die Elektronetze weit verbreitet, die die geforderten 20 Zentimeter Litzenabstände im Geflecht integriert haben. Die Schwierigkeit bei Mobilzäunen ist die Gewährleistung von Standhaftigkeit, Spannung des Materials und korrektem Aufbau auch bei Sturm oder widrigen Wettereinflüssen. Pfähle mit einer Doppelspitze sind vorteilhaft. Die niedersächsische Förderrichtlinie sieht einen Grundschutz mit einer Mindesthöhe von 90 Zentimeter vor, die immer erreicht sein muss.

Das sollten Sie beachten:

Um gerade bei Mobilzäunen diese Höhe im Gebrauch/ im Alltag zu gewährleisten, wird eine Erhöhung mit einer Litze oder ein höheres Netz mit 105 Zentimeter empfohlen. Häufig wird hier ein niedrigeres Netz mit zusätzlichem Breitband erhöht. Die dafür benutzten Pfähle dienen auch zur zusätzlichen Stabilisierung des mobilen Netzes. Ist der Untergrund zu hart oder kann keine Erdung angebracht werden sind Elektronetze mit dem +/-Wirkprinzip (Erdleiter abwechselnd im Netz verarbeitet) Mittel der Wahl. Es sollte flächenspezifisch das passende Netz ausgewählt werden

Zäune für Rinder und kleine Wiederkäuer

Standweiden für Rinder und kleine Wiederkäuer können elektrisch abweisend mit verzinktem Stahldraht fünfzügig eingezäunt werden. Bei diesem Zauntyp erfüllt die unterste Reihe den Untergrabeschutz. Robinienpfähle zeichnen sich durch eine hohe Lebensdauer, Festigkeit und nötige Elastizität aus. Die Elektrifizierung von Stacheldrähten ist verboten. Für alle ortsfesten und mobilen Reihenzäune gelten aktuell folgende Abstände: 20 Zentimeter zum Boden, 20 Zentimeter Abstand zur nächsten Reihe, maximal 25 Zentimeter zur dritten Reihe und ab der vierten Reihe jeweils maximal 30 Zentimeter.

Funktionaler Zaunbau für die Pferdeweiden

Bei Pferdezäunungen ist der Anspruch an einen funktionalen Zaunbau besonders hoch. Neben sichtbaren Leitermaterialien wie kunststoffummanteltem Stahldraht oder Litzenseile/Kordeln, wird das Pfahlmaterial durch die Spannkräfte und der Anzahl Reihen des schweren Leitermaterials oft unterschätzt. Eckpfähle sollten einen großen Durchmesser haben (mindestens 16 bis 18 Zentimeter) sowie vor allem eine ausreichende Setztiefe von einem Drittel der Pfahllänge. Bei Einzäunungen mit mehr als 140 Zentimeter Zaunhöhe sind Pfahllängen ab 2,75 Meter wichtig, um eine langfristige Stabilität zu gewährleisten.

Die Erdung

Erdstäbe aus verzinktem Stahl (ein Meter und länger) sowie eine höhere Anzahl von Erdstäben begünstigen eine gute Erdung. Bodeneinsteckhülsen können sehr gut als Erdungspfahl genutzt werden. Vorteilhaft ist der lange Dorn, der tief in die Erde eingeschlagen werden kann (Einschlaghilfe und Gummihammer verwenden). Der Dorn ist aus gekreuzt verzinktem Stahl hergestellt und bietet deutlich mehr Leitoberfläche und die Bohrlöcher an der oberen Hülse sind ideal zur Montierung des Verbindungsmaterials am eigentlichen Zaun. Beim Zaunbau sollte auf feste, hochwertige und materialgleiche Verbindungen zwischen den Stäben und dem Zaun geachtet werden. Wasserspeicherndes Material wie z. B. bentonithaltiges Katzenstreu/ Bentonit (Tonmineralgemisch) haben einen hohen Wirkungsgrad auf die Erdung. Mehr als 500 Volt sollte die Erdung bei der Prüfung nicht anzeigen.

Was noch wichtig ist:

  • Niedersachsenweit können alle Schaf-/Ziegen- oder Gehegewildhalter einen Antrag auf Zaunmaterial und/oder Herdenschutzhunde stellen (Grundschutz).
  • Rinder- und Pferdehalter haben bei direkter oder indirekter Betroffenheit eine Möglichkeit auf Zaunförderung.
  • Wolfssichtungen sind bei der Landesjägerschaft Niedersachsen unter anderem über die App "Wolfsmeldungen Niedersachsen" zu melden.
  • Nutztierrisse sind beim Wolfsberater zu melden. Die Liste gibt es unter anderem bei der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises. Nur nach einer amtlichen Bestätigung können Billigkeitsleistungen erfolgen.

Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz durch die Zäunung. Die Zäunung muss auf dem neuesten Stand sein. Der Schutzstatus des Wolfes wird sich so schnell nicht ändern, auch wenn jetzt bereits einzelne auffällige Wölfe entnommen wurden. Die Dynamik bei der Ausbreitung des Wolfes muss aus allen Blickwinkeln wahrgenommen werden, um zwischen dem Nichtstun und der Entnahme eine möglichst große Akzeptanz zu erreichen.

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