Der furchtbare Krieg in der Ukraine hat Umbrüche zur Folge, auch in der Landwirtschaft. Wie das bewältigt wird, ist nun die Frage.
Moin liebe Leserinnen und Leser,
ich bin in der Zeit des kalten Kriegs aufgewachsen. Der Ostblock war für mich als Kind eine Art schwarzes Loch. Ich habe nicht verstanden, was hinter diesem Vorhang passiert und warum. Es war beängstigend. Ähnliche Gefühle beschleichen mich auch jetzt – obwohl ich erheblich älter bin. In diesen krisengeschüttelten Zeiten macht mich die entsetzliche Lage im Osten traurig, wütend, fassungslos und immer wieder stellen sich mir Fragen:
Warum geschieht das alles? Wer hat etwas davon? Wie kommen wir da bloß wieder raus? Wie können wir die Zukunft sicher gestalten - für uns und für die nächsten Generationen?
Krieg in der Ukraine heißt auch für die Landwirtschaft Umbruch
Der Krieg in der Ukraine – und davor bereits die Coronakrise – haben uns gezeigt, wie verletzlich wir und unser gesamtes politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches System sind. Wir erleben gerade einen Umbruch, der auch die Landwirtschaft betrifft.
Über die Auswirkungen für die europäische Agrarpolitik und die GAP unterhielt ich mich in der vergangenen Woche mit Dr. Wilfried Steffens, dem Agrarpolitikexperten des Landvolks. Das Gespräch können Sie sich in unserem Wegweiser-Podcast anhören. So viel sei bereits verraten: Der Krieg hat Konsequenzen und wird die Arbeit der deutschen und der europäischen Landwirtinnen und Landwirte – zumindest kurzfristig – beeinflussen. Wie, darüber muss die Politik nun zügig entscheiden.
Politik muss Lösung für die Tierhalter finden
Und auch über eine weitere Herausforderung muss sich die Politik – jedenfalls in Niedersachsen - dringend Gedanken machen: Den Umbruch in der Tierhaltung. Der Ende März von Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast vorgestellte Bericht über die Nutztierhaltung in Niedersachsen zeigt „eine nie dagewesene Entwicklung, die einem historischen Bruch gleichkommt“, so Otte-Kinast.
Seit über zehn Jahren findet ein erheblicher Abbau bei der Anzahl der tierhaltenden Betriebe und den Tierzahlen statt. So ist der Rinderbestand in Niedersachsen zwischen 2016 und 2020 um fast eine Viertelmillion Tiere geschrumpft. Im Schweinesektor ist der Rückgang noch deutlich drastischer: Allein im letzten Jahr gaben etwa 500 Betriebe (knapp 10 Prozent) die Schweinehaltung auf. Die Anzahl der Tiere sank infolgedessen um etwa 0,78 Mio. (rund 9 Prozent).
In den zehn Jahren davor kam es nahezu zu einer Halbierung der Betriebe von 10.990 im Jahr 2010 auf 6.203 im Jahr 2020. Das vergangene Jahr, das besonders für die Schweinehalter äußerst schwierig war, wird in dem Bericht nicht berücksichtigt.
Fehlende Betriebe haben ernste Folgen
Dieser Strukturbruch wird nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die vor- und nachgelagerten Sektoren ernste Folgen haben. Fehlen die Betriebe und Tiere, fehlen auf Dauer die heimischen Absatzmärkte und damit Arbeitsplätze. Ein, wie ich finde, wichtiger Faktor, der bei politischen Entscheidungen genauso berücksichtigt werden sollte, wie die Versorgungssicherheit für die eigene Bevölkerung.