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Kleine Welten aufs Ei gesetzt
Nicht nur zu Ostern ein echter Hingucker: Leona Dollase aus Rhauderfehn baut filigrane Fantasiewelten auf die Spitze von Eiern.
Die Welt ist rund … oder doch eher oval wie ein Ei? Wer die Objekte von Leona Dollase betrachtet, könnte fast ins Zweifeln kommen. Tatsächlich installiert die Künstlerin aus Rhauderfehn ihre „Kleinen Welten“ aus Papier derart plastisch und bis ins feinste Details auf der zerbrechlichen Oberfläche, dass man staunend über den herrlichen Jahrmarkt samt Kettenkarussell, Riesenrad und Biergarten spazieren möchte. „Im Grunde sind es Geschichten, die ich mit meiner Kunst erzähle,“ erklärt die 67-Jährige. Und die sind so bezaubernd, dass ihre Objekte meistens schon vergeben sind, noch bevor sie das letzte winzige Teilchen mit der Pinzette auf dem Ei platziert hat.

Leona Dollase baut Papierkunstwerke auf Eier, wie hier eine Kirmes. © Karin Eickenberg
Groß kann doch jeder!
Neben Schere und Bastelmesser liegen vor ihr auf dem Tisch feine zahntechnische Instrumente wie Mundspiegel, Pinzette, Sonden und Filler. Es geht um Präzisionsarbeit. Paper Art ist eine eigene Kunstform. Nur: Ihre Form dieser Kunst ist einzigartig. Wer kommt schon auf die Idee, dreidimensionale Landschaften, Dorf- und Straßenszenen auf ein ausgeblasenes Ei zu setzen? Die Aufbauten aus Aquarellpapier sind teils so klitzeklein, dass man sie gerade noch ohne Lupe erkennen kann. Was sie an diesem Minimalismus reizt? „Groß kann doch jeder!“, sagt die Dame mit dem grauen Lockenkopf und lacht.

Mit der Straßenbahn ums Brezelhaus rumfahren - Leona Dollases einzigartige Eier-Kunst. © Karin Eickenberg
Fummelarbeit mit milimetergroßem Papier
Heute hat sie sich ein Eulenhaus vorgenommen. Ein windschiefes Häuschen soll es werden, mit spitzem Dach und einem herzförmigen Eulenloch, inmitten von Blumen. Mit den kleinsten Teilen fängt sie an. „Eigentlich wollte ich schon viel weiter sein,“ ein Seufzer, „aber jetzt sitze ich seit Stunden an diesen zwei kleinen Eulen.“ Jede ist gerade mal so groß wie ein Ein-Cent-Stück und besteht aus lauter Einzelteilen, die ihrerseits noch viel, viel kleiner sind. So mancher würde wahnsinnig werden bei dieser unglaublichen Fummelarbeit. Nicht so Leona Dollase. „Ich bleibe stur bei der Sache, sitze da, kein Radio, kein Nichts, ganz still, das ist herrlich.“

Möwen so groß wie Ein-Cent-Stück, die Künstlerin bei der Arbeit. © Karin Eickenberg
Unterschiedlichste Eier
Ist die „Kleine Welt“ komplett, kommt sie auf den Träger, das Ei. Dollase verwendet Eier unterschiedlichster Art – vom riesigen Straußenei über Eier von Gänsen, Möwen oder Tauben bis hin zum Schildkrötenei mit vielleicht gerade mal vier Zentimetern Durchmesser. Für das Eulenhaus genügt ein Gänseei. Vorsichtig entfettet die Künstlerin den Untergrund. Dann trägt sie einen Spezialkleber auf, um das Papierobjekt zu fixieren. Da muss man aufpassen. „Bloß nicht drauffassen!“ warnt sie. Das Zeug klebt wie Hulle. Bis das gesamte Kunstwerk fertig ist, können Tage vergehen. Manchmal Wochen. Und bei Paradestücken wie dem Kirmes-Ei sogar ein ganzer Monat! „Das Schwierigste ist, ein Ende zu finden.“ Vieles entstehe erst beim Machen. „Man sitzt und denkt, da könnte vielleicht noch eine Laterne hin, ein Blümchen, ein Blatt, aber irgendwann muss gut sein.“ So entdeckt der Betrachter immer wieder etwas Neues – wie in einem Wimmelbild!