Kling, Glöckchen – aber mal ganz anders. Mit dem vielfach unbekannten Instrument, der Handglocke, ist der Wiedensahler Handglockenchor, einer von 40 in Deutschland, nicht nur in der Weihnachtszeit gefragt. Oft war er schon Gast im Fernsehen, Hörfunk, auf Festivals und anderen Kontinenten.
Glocken in Kirchtürmen läuten nach der Läuteordnung zum Gebet, rufen zum Sonntagsgottesdienst oder zeigen mit ihrem Klang die Uhrzeit an. Doch sie sind nicht die einzigen ihrer Art. Weit weniger präsent schwingen rund vierzig Chöre ihre Handglocken und spielen sich damit in die Herzen der Zuhörer. Diese aus Bronze gefertigten Glocken sind von wenigen hundert Gramm bis zu mehreren Kilo schwer. Ihre Geschichte reicht zurück bis in das Jahr 1600 vor Christus. In Deutschland gründeten sich die ersten Handglockenchöre Anfang der 1980er Jahre. Einer davon ist der Handglockenchor Wiedensahl im Landkreis Schaumburg.
Über 20 Handglöckner gehören zum Chor

Auftritt in der Kirche: Entscheidend ist das Timing beim Handglockenspiel, damit es in der Gesamtheit harmonisch klingt. © Linus Bulmahn
Hier eroberten im Frühjahr 1987 unverhofft, durch eine Spende des Wiedensahler Tierarztes, drei Oktaven Handglocken den Ort. Dreizehn Musiker der Kirchengemeinde stellten sich der Herausforderung des damals eher unbekannten Musikinstruments. Schon wenige Wochen später, im Ostergottesdienst, füllte der Klang dieser 37 Glocken das Gotteshaus. Mittlerweile gehören über zwanzig Akteure dem Handglockenchor an und die Anzahl der Glocken ist auf sechs Oktaven angewachsen. „Geprobt wird einmal die Woche. Jeder Handglöckner bedient in der Regel zwei bis acht Glocken“, sagt Chorleiter Thomas Eickhoff, der zugleich Gründungsmitglied ist.
Durch das Timing wird es schöne Musik
Unterschiedliche Spieltechniken werden im Wiedensahler Chor angewandt. Entscheidend ist jedoch letztlich das Timing. Denn durch den perfekten Zeitpunkt des Anschlags entsteht in der Gesamtheit des Chores ein Wohlklang. „Obwohl jeder Spieler für sich ein Solist ist, sind dennoch alle aufeinander angewiesen. Denn das Ganze klingt nur in der Gruppe“, weiß Eickhoff zu berichten und erklärt, dass es in dem Chor kein weiteres Instrument gibt, das denselben Ton erzeugt.
Handglockenchor ist seit 33 Jahren in der Welt unterwegs
Bekannt ist der Wiedensahler Chor außer in der eigenen Region, ebenfalls in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten. Viele Konzerte, Auftritte, auch im Hörfunk- und Fernsehen und Wettbewerbe hat der Chor in den vergangenen 33 Jahren gemeistert. Der Kirchentag in Frankfurt, mehrmalige Reisen durch die Vereinigten Staaten von Amerika, das European Handbell Festival in der Loccumer Klosterkirche sind nur einige Stationen des Chores. Auch die Bühnenbretter der Staatsoper Hannover sind ihnen nicht fremd. Im Jahr 2019 hat sich der Chor zum dritten Mal in Folge beim Deutschen Orchesterwettbewerb qualifiziert. „Dieser sollte in 2020 stattfinden, wurde aber wegen Corona abgesagt“, berichtet der Chorleiter.
Von weihnachtlichen Kirchenliedern bis Queen
Das Repertoire des Handglockenchores reicht von kirchlichen Klängen bis zum Medley aus „Der König der Löwen“ und „Bohemian Rhapsody“ von Queen. In diesem Jahr erklangen die Handglocken coronabedingt jedoch nur in unregelmäßigen Abständen. Lediglich vereinzelte Proben und Auftritte fanden in dieser Zeit statt. Umso mehr hofft Thomas Eickhoff, dass der Termin für das Neujahrskonzert am 3. Januar 2021, um 16 Uhr in der Stadtkirche Bückeburg bestehen bleiben kann.