In Niedersachsen hat die Weinlese begonnen. Genau wie bei den Ackerfrüchten ist die Ernte der Weintrauben in diesem Jahr 14 Tage nach hinten gerückt. Die Winzer sind dennoch zufrieden.
"Im Großen und Ganzen sieht es aber gut aus", erklärt Winzer Michael Winkler. "Es war zwar ein Kampf, was das Wetter angeht, aber bislang haben wir gesunde Trauben mit 90 Grad Oechsle." Winkler war einer der Ersten, der in Niedersachsen Wein anbauen wollte. 2016 stellte er Anträge, um 2017 mit dem Weinanbau anzufangen. Heute ist er mit drei Hektar Anbaufläche der größte Weinanbauer Niedersachsens.
Wein in Niedersachen: geht das?
Vergangene Woche habe er mit der Lese der Sorte "Solaris" begonnen. Da die Zuckerwerte der Trauben stimmen würden, müsse er sich mit der Ernte beeilen, bevor die Wespen kommen und alles auffressen würden, so Winkler. 2017 pflanzte er auf 250 Metern Höhe Weinreben bei Lenglern in der Nähe von Göttingen. "Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ist für die Genehmigung von Neuanpflanzungen zuständig", erklärt der Winzer. "Seit 2016 gilt ein neues Genehmigungssystem der EU für Rebpflanzungen, sodass die BLE auf Antrag jährlich auch für Niedersachsen Flächen zur Neuanpflanzung von Wein erlaubt." Eigentlich ist der 56-Jährige Apotheker.
Was wächst am Weinberg?
Winkler pflanzt auf einen Hektar generell nur 2.000 Rebstöcke. "Niedersachsen möchte mindestens 2.000 Rebpflanzen pro Hektar", macht Winkler deutlich. "Es würden auch 4.000 gehen, aber wir bleiben an der Untergrenze. Das nennt sich Weitraumanlage und hat den Vorteil, dass man den einzelnen Stock etwas mehr belasten kann und nicht das Problem hat, dass eine Reihe die nächste beschattet." Auf Winklers Weinberg dominieren die Sorten "Solaris" und "Cabernet blanc". "Bis auf den Riesling und den Alba Longa haben wir nur sogenannte Piwi-Sorten gepflanzt, was für pilzwiderstandsfähig steht", so der Winzer. "Das nicht nur in regenreichen Gebieten von Vorteil, sondern spart zudem Pflanzenschutzmittel."
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Welche Sorten hat der Winzer?
Der Göttinger Winzer baut neben Solaris noch neun weitere Sorten an. Dazu zählen ein Riesling sowie die Rotweinsorten Cabernet Cortin uns Pinotin, die zum Rosé ausgebaut wurden. Winkler hat sich in diesem Jahr große Sorgen um seine Pflanzen gemacht, da die abendliche feuchte Kühle die Bildung von Mehltau fördere. "Einheimische europäische Rebsorten besitzen kaum Resistenzen gegenüber dem Pilz", erklärt Winkler. "Dieses Jahr war einfach zu feucht und zu kalt. Nicht nur bei uns, sondern überall – auch in den anderen Weinanbaugebieten. Als Biobetrieb hätte ich Schiffbruch erlitten." Der Winzer setzt so wenig Pflanzenschutzmittel wie möglich ein und baut auf seine Piwi-Sorten.
Irgendwann soll alles vor Ort laufen
Nach der Lese werden Winklers Trauben direkt zu einem befreundeten Winzer nach Saale/Unstrut transportiert. "Die Idee, alles vor Ort selbst zu machen, ist weiterhin vorhanden", verspricht Winkler. "Doch baurechtliche Fragen erschweren die Umsetzung." In diesem Jahr schätzt er die Traubenernte seiner ersten Lese auf circa zwei Tonnen ein. Verkauft werden die Weine je nach Rebsorte unter dem Namen "Weinhof Winkler". Doch ein Wehrmutstropfen bleibt: "Bezeichnungen wie Göttinger Riesling sind rechtlich nicht möglich, denn außerhalb der Qualitätsweingebiete müssen Niedersachsens Winzer strenge Regeln einhalten."
Wie sieht die Weinernte in diesem Jahr aus?
Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) können die Winzer in Deutschland in diesem Jahr mit 8,76 Millionen Hektolitern Wein rechnen. Das sind drei Prozent mehr als noch im Vorjahr (8,51 Millionen Hektoliter). Damit liegt die Erntemenge 2021 im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2020. In den zwei größten Weinanbaugebieten Rheinhessen und Pfalz wird mit einer Ernte von 2,52 Millionen Hektolitern beziehungsweise mit 2,37 Millionen Hektolitern gerechnet. Das entspricht mehr als der Hälfte der gesamten Erntemenge. Steigerungen der Weinmengen werden in Franken (63,9 Prozent), in Mittelrhein (40,3 Prozent) und in Württemberg (35,1 Prozent) erwartet.
Allerdings: Die Produktion von Riesling, der beliebtesten deutschen Rebsorte, wird gegenüber 2020 voraussichtlich um 1,7 Prozent auf 2,04 Millionen Hektoliter abnehmen. Unter den roten Rebsorten soll laut den Schätzungen das Aufkommen an Blauem Spätburgunder um 12,6 Prozent (829 700 Hektoliter)zunehmen, während die Erzeugung von Dornfelder um 10,3 Prozent auf 756 700 (Hektoliter) zurückgehen soll.