Für Wildvogelfutter baut Landwirt Christian Pülsch-Janßen Sonnenblumen an.

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Renate Bergmann | am

Vogelfutteranbau: Mal etwas anderes wagen

Wenn Landwirte etwas gut können, dann ist es, Gelegenheiten erkennen. So auch Milchviehhalter Christian Pülsch-Janßen aus Cuxhaven - er baut auf seinen Flächen jetzt Samen für Vogelfutter an.

Alles begann mit einem Schüler Start-up. Nach fast zwei Jahren ist es auf dem besten Weg, ein Standbein für den Betrieb zu werden: Milchviehhalter Christian Pülsch-Janßen aus Cuxhaven (Betrieb mit 180 Kühen, plus weiblicher Nachzucht und 140 Hektar, rund 50 Prozent davon Acker) verkauft Wildvogelfutter, einen Großteil dafür baut er auf seinem Betrieb an. Vogelfutter? Ist das nicht nur ein kurzfristiges Saisongeschäft im Winter? Schließlich ist es nicht für den Piepmatz im heimischen Wohnzimmer gedacht, sondern für die Vögel im Garten. „Nein“, erklärt Pülsch-Janßen, „das Projekt ist super angelaufen.“

Die Idee stammt von Schüler-Start-up

Vor fast zwei Jahren, im Herbst 2020, kam die Unternehmerin Elke Freimuth, Gründerin der Naturschutzorganisation wilde-natur.org mit einer Projektidee auf ihn zu: Schüler im Alter von 14 bis 16 Jahren aus ganz Deutschland hatten sich zu einem Schüler-Start-up zusammengetan. Sie wollten Vogelfutter verkaufen, das von heimischen Landwirten wirtschaftlich rentabel und unter naturschutzfachlichen Aspekten angebaut werden soll. Für Landwirt Pülsch-Janßen eine gute Idee, bei der er gerne mitmachen wollte.

Was fressen Vögel überhaupt?

Während die Schüler sich um das Marketing ihres geplanten Produktes, den Verkauf und den Onlineauftritt kümmerten, sollte die Aufgabe des Landwirtes der Anbau sein. Doch das war gar nicht so einfach. „Was fressen Wildvögel und wie baue ich die entsprechenden Sämereien an“, war die Frage, die der Landwirt zu beantworten hatte. Für den ersten Frageteil konnte er unter anderem auf Experten zurückgreifen, die die Schüler-Firma naturfachlich unterstützten, wie Wildvogelexperten. Dabei kam raus, dass es in erster Linie um den Anbau von Sonnenblumen, Futterhanf, Buchweizen, Mohn und Leinsamen ging. „Doch ich bin Milchviehhalter in einer Küstenregion, Erfahrung mit Sonnenblumen, Hanf, Buchweizen und Co. hatte ich nicht und kannte auch in der Nachbarschaft keinen, der das schon angebaut hatte“, erinnert sich Pülsch-Janßen. Also hieß es erstmal, rumtelefonieren, Fachberater suchen, Infos einholen.

Nutzhanf hat keine berauschende Wirkung, wird aber wegen der wertvollen Fettsäuren gerne von den Vögeln gefressen.

Mit fünf Hektar begonnen - nun bei 34 Hektar

Mit fünf Hektar sollte das Projekt starten. Gleichzeitig begannen die Schüler mit ihren Aufgaben, organisierten Pressetermine mit Zeitungen und Fernsehsendern und entwickelten den Internetauftritt mit entsprechender Verkaufsplattform. Damit das Projekt schon starten konnte bevor die eigene Ernte da war, kauften die Schüler Wildvogelfuttermischungen zu. Und das lief wie geschnitten Brot: Schon bevor die erste eigene Ernte angeboten werden konnte, hatten die Schüler 16 t zugekauftes Vogelfutter vermarktet. „Uns wurde sehr schnell klar, dass unsere geplanten fünf Hektar zu knapp kalkuliert waren und wir haben den Anbau kurzerhand auf elf Hektar ausgedehnt“, berichtet der Landwirt - jetzt im zweiten Jahr sind es schon 34 Hektar. 

Projekt übernommen - Potenzial gesehen

Während ihr Mann für die „Außenarbeit“ zuständig ist, kümmert sich Julia Janßen um den Onlineauftritt, die Bestellungen, eingehende E-Mails und hält den Kontakt zu den Kunden. Denn mittlerweile haben sie das Vogelfutter-Start-up-Unternehmen komplett übernommen. „Gestartet ist es als Schüler-Projekt im Herbst 2020, im März 2021 sind wir als Betrieb eingestiegen. Im Oktober 2021, als das für ein Jahr geplante Schüler-Projekt auslief, haben wir es übernommen“, erzählt sie weiter, „denn wir sehen hier wirklich Potenzial.“

Die Sonnenblumenernte erfolgt mit normalen Mähdreschern.

Verbraucher und Verbände interessiert Nachhaltigkeit

Und was man nicht unterschätzen sollte, sei die enorme Öffentlichkeitswirkung: „An unserem Hof fahren sehr viele Radfahrer vorbei. Früher hat sich keiner dafür interessiert, was wir da anbauen. Öfter gab es auch Gemecker, wie alle Landwirte das kennen. Doch seit die Sonnenblumen hier stehen, mit den Blühflächen daneben und den Schildern „Vogelfutter“, halten die Leute an, freuen sich, stellen Fragen, lassen sich informieren. Das Image ist völlig anders.“ Dazu kommt, dass Pülsch-Janßen mittlerweile Vorträge zu dem Thema hält, nicht nur für Landwirte, insbesondere interessierte Verbrauchergruppen und sogar Nabu-Verbände fordern ihn an. So kann er zeigen, was Landwirte bezüglich Nachhaltigkeit, Umwelt- und Naturschutz alles machen.

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