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Janina Schuster | am

Windkraft im Wald: es gibt Gesprächsbedarf

Die Landesregierung hat Post von Umwelt- und Naturschützern bekommen. Sie kritisieren die Niedersachsens Regierung scharf für die neuesten Pläne zur Windkraft im Wald und stellen eine wichtige Frage: wie viel Windkraft vertragen unsere Wälder?

„Das ist ein knallharter Bruch bereits gegebener Vereinbarungen“, sagt Holger Buschmann, Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) Deutschland. Er und viele andere Naturschützerinnen und Naturschützer machen sich Sorgen um die Wälder. Vor knapp einem Jahr hat die niedersächsische Landesregierung Teilnehmern eines Runden Tisches zum Thema Windenergie im Wald versprochen, dass sie „behutsam“ vorgehen wolle. Ein erster Entwurf des Landesprogrammes bekräftigte diese Aussage auch. Nun drehte sich der Wind jedoch. Was ist passiert?

Neuer Entwurf weicht deutlich ab

Angesichts der Tatsache, dass die Klimaziele womöglich nicht erreicht werden können, sollen nun auch Windräder im Wald entstehen. Dafür muss jedoch eine gewisse Fläche des Waldes weichen, was nur durch Rodung geschehen kann. In einem Entwurf hat die Landesregierung Verbotszonen eingerichtet. Sie sollen historisch alte Waldstandorte, ausgewiesene Schutzgebiete und andere ökologisch besonders wertvolle Waldflächen vor etwaiger Rodung für die Windkraftpläne schützen. Nun wurde der Entwurf aus dem letzten Jahr vom Land- und Forstwirtschaftsministerium überarbeitet und in diesem stehen plötzlich deutlich mehr Flächen für die Windkraft zur Verfügung. Das ruft die Naturschützer des NABU nun auf den Plan und führt heftigem Protest.
Revierförster Eberhardt Guba leistet in seinem Forst in Harpstedt im Landkreis Oldenburg Pionierarbeit und pflanzt neue Baumarten.

Land hält Versprechen nicht ein

„Das Land hält sein Versprechen nicht ein. Mit dem neuen Entwurf sollen mehr als 50 Prozent aller niedersächsischen Wälder künftig für Windkraftanlagen in Betracht kommen. Auch in Schutzgebieten von europaweiter Bedeutung wird Windkraft nicht mehr ausgeschlossen“, erklärt Dieter Pasternack, Landesvorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald die Kritik. Aus Ministeriumskreisen heißt es jedoch, der erste Entwurf hätte nur eine reine Ausschlussplanung vorgesehen, also strikt festgelegt, was nicht geht. Diese hätte aber juristisch keinen Bestand gehabt. Um den Landkreisen mehr Spielraum zu bieten, erfolgte die Änderung.

Tabuzonen bleiben tabu

Das Umweltministerium selbst widerspricht der Kritik: „Es wird weiterhin harte Tabuzonen geben. Sie bleiben erhalten“, versichert Ministeriumssprecher Christian Budde. In der Anlage zum Windenergieerlass sei manifestiert, dass man in Naturschutzzonen oder besonderen Waldgebieten keine Windkraft installieren könne und dies solle auch so bleiben. Umweltminister Olaf Lies (SPD) bekräftigt Buddes Worte und fügt an, dass man planerisch mehr tun müsse, um mehr Windkraft zu bekommen. „Dabei geht es auch um das Repowering, also den Ersatz alter Windräder durch neue, leistungsfähigere Modelle. Hier müssen wir rechtlich sicherstellen, dass alte Standorte wieder genutzt werden können, auch wenn das vor Ort vielleicht nicht jedem passt.“ Es ginge außerdem darum, kontrolliert aber konsequent auch Waldflächen für die Nutzung von Windenergie zu öffnen. Dafür gebe es klare Kriterien und saubere Genehmigungsverfahren.
Umweltminister Olaf Lies.

Forstleute stehen Öffnung des Waldes positiv gegenüber

Den aufgebrochenen Konflikt findet Handjörg Küster, Professor für Pflanzenökologie an der hannoverschen Leibniz-Universität, interessant. Er sagt: „Es ist klar, dass wir mehr Windkraftanlagen brauchen. Aber das bedeutet eine ungeheure Zerreißprobe, weil der Wald in gewisser Weise als heilig gilt.“ Viele Konflikte, die er beobachte, beinhalteten den Roten Milan. Dieser jage allerdings auf Freiflächen und nicht im Wald. Der Experte, der kürzlich erst ein kleines Standardwerk zur Kultur und Geschichte des Waldes geschrieben hat, spricht sich ebenfalls für einen Ausbau im Wald aus.
Das tun mittlerweile auch Forstleute, die sich noch immer mit den Folgen der Trockenheit und dem Borkenkäferbefall herumschlagen müssen. „Im Zusammenhang mit der eingeleiteten Energiewende sehen wir schon einen Sinn in einer behutsamen Öffnung des Waldes“, sagt etwa Klaus Merker, Präsident der niedersächsischen Landesforsten: „Wir schieben selbst dieses Thema an. Natürlich müssten Naturschutzgebiete oder Biosphärenreservate ausgenommen bleiben. Auf lange Sicht wird das eine oder andere Windrad in den Landesforsten stehen.“

NABU erwartet nochmaliges Treffen mit Umweltminister

Holger Buschmann vom NABU hingegen bleibt bei seiner Kritik. Die Naturschutzverbände erwarten ein nochmaliges Treffen mit dem Umweltminister und kündigten bereits an: „Wir werden da weiter Druck machen, denn so, wie es bisher in dem Planungsentwurf festgehalten ist, geht es nicht.“ In ihren Augen könne man doch nicht Großteile der Wälder zu Arealen der Windkraftindustrie ausbauen.

Mit Material von haz
Windparkanlagen im Meer

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