Das ist ein Artikel vom Top-Thema:
Schweinehaltung: Neue Buchtenstrukturierung im Test
Auf der Versuchsstation der LWK für Schweinehaltung in Wehnen werden neue „Komfort Plus Buchten“ in Aufzucht und Mast getestet. Risikofaktoren für Schwanzbeißen werden dort soweit wie möglich minimiert.
Für ein Verbundprojekt zum Verzicht auf das Schwanzkupieren beim Schwein wurden auf der Versuchsstation Wehnen der LWK Niedersachsen ein Ferkelaufzucht- und ein Mastabteil mit so genannten „Komfort Plus Buchten“ ausgestattet.
In diesen Buchten werden die bekannten Risikofaktoren für Schwanzbeißen soweit wie möglich minimiert. Das Auftreten von Schwanzbeißen soll so bestmöglich verhindert werden. Ziel ist hier, unkupierte Schweine ohne Schwanzbeißen bis zur Schlachtreife aufzuziehen.
Abdeckung auch für Mast
Mit der Neugestaltung der Buchten sollte eine klare Strukturierung für die Schweine erreicht werden. Dazu wurde in den Buchten ein Ruhe- und Wühlbereich, ein Aktivitäts- und Fressbereich und ein Kotbereich geschaffen.
Verschiedene Strukturelemente sollen es den Schweinen dabei erleichtern, die unterschiedlichen Funktionsbereiche anzunehmen. Der Liegebereich sowohl in der Ferkelaufzucht als auch in der Mast ist mit einer Abdeckung und Lamellenvorhängen geschützt.

Auch in den Mastbuchten wurden die Liegebereiche mit einer Abdeckung und Lamellenvorhängen geschützt. © Horstrup
Klimazonen
Die Lamellenvorhänge sind verstellbar, um die Größe des Liegebereichs optimal an die Größe der Tiere anzupassen. Die Abdeckung soll den Tieren einen wärmeren und verdunkelten Rückzugsort in der Bucht bieten.
Zusätzlich gibt es in der Ferkelaufzucht eine Zonenheizung unter der Abdeckung. Dadurch wird ein Temperaturunterschied von mindestens 5 °C zwischen der kühleren Abteiltemperatur und dem Liegebereich angestrebt. Dieser Temperaturunterschied soll die Akzeptanz des Liegebereiches weiter erhöhen. Die Raumtemperatur wird daher im Vergleich zu einem konventionellen Ferkelaufzuchtabteil von Anfang an mit ca. 20 °C relativ geringgehalten.
Durch die Strukturierung werden innerhalb der Bucht zwei Klimazonen geschaffen. Der Boden im Liegebereich ist sowohl in der Ferkelaufzucht als auch in der Mast mit Betonspalten ausgestattet und der Schlitzanteil wurde durch Kunststoffspaltenverschließer reduziert. Im Übergang zum Aktivitätsbereich wurde eine Aufkantung in Form eines Kantholzbalkens installiert.
Aufkantung für Stroh
Zweimal täglich wird eine geringe Menge Stroh bzw. attraktives Wühlmaterial auf alle Liegeflächen gegeben. Die Aufkantung soll das Beschäftigungsmaterial so gut es geht im schlitzreduzierten Bereich der Bucht halten und die Tiere zum Wühlen anregen. Die Tiere sollen zur gemeinsamen Beschäftigung animiert werden. Erste Beobachtungen zeigen, dass sich die Schweine gerne gemeinsam mit dem Stroh beschäftigen - dies hauptsächlich in dem dafür vorgesehenen Bereich. Der Aktivitätsbereich grenzt durch den Holzbalken an den Liegebereich.
In der Ferkelaufzucht unterscheidet sich dieser Bereich in Bezug auf die Bodengestaltung zur Mast, hier wurden Kunststoffspalten verwendet. In den Mastbuchten ist der Bereich mit Betonspalten ausgestattet. Im Aktivitätsbereich sind auch die Trockenfutterautomaten installiert. Im gesamten Versuch wird ad libitum bei einem Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1:2 gefüttert. Um den Kot- und Urinabsatz in den Kotbereich zu lenken, wurde dort Dreikantstahl verwendet.

Eine Aufkantung soll das Beschäftigungsmaterial so gut es geht im schlitzreduzierten Bereich der Bucht halten. © Drexl
Vernebeln im Kotbereich
Um eine höhere Akzeptanz des Kotbereichs zu erreichen, wurden zusätzlich weitere Strukturelemente installiert. Dazu gehören beispielsweise Kontaktgitter, welche einen direkten Tierkontakt zwischen zwei Buchten ermöglichen. Ferner wird dieser Bereich über eine Vernebelungsanlage stündlich befeuchtet. In den Buchten stehen den Ferkeln dabei 0,5 m2 und den Mastschweinen 1,27 m2 pro Tier zur Verfügung.
Offene Tränken
Den Tieren wird ständig Wasser aus offenen Tränken angeboten. Sie wurden in der Mitte der Bucht eingebaut, ausgestattet mit einem Aqualevel. Zusätzlich stehen den Tieren weitere Tränkenippel in unterschiedlichen Höhen zur Verfügung. Diese sind an den Kontaktgittern im Kotbereich installiert.
Die offene Tränke befindet sich allerdings im Aktivitätsbereich, um die Gefahr von Verschmutzungen durch Kot und Urin zu verringern. Sowohl in der Ferkelaufzucht, als auch in der Mast ist eine Hochdruckkühlung verbaut. Diese soll in den heißen Sommermonaten aufkommenden Hitzestress bei den Tieren möglichst reduzieren und die Abteiltemperatur möglichst kühl halten.
Beschäftigungsfutter
In der Ferkelaufzucht wird den Ferkeln in zusätzlichen Schalen eine Mischung aus Luzernepellets und Dinkelspelzenpellets angeboten. Die Mischung wird bei den Fütterungszeiten zweimal täglich aufgefüllt. In der Mast werden die Pellets auf die Liegeflächen gestreut.
Das Beschäftigungsfutter dient neben dem eingesetzten Stroh und dauerhaft in der Bucht hängenden Sisalseilen einer umfassenden und abwechslungsreichen Beschäftigung der Tiere. Es ist ein deutliches Interesse der Tiere an dem frischen Material zu erkennen. In den ersten Durchgängen des Versuchs, der seit November vorigen Jahres läuft, zeigte sich deutlich die Schwierigkeit, dass die verschiedenen Funktionsbereiche von den Tieren angenommen werden.
Verschmutzungen
Kommt es in den Liegebereichen zu Verschmutzungen, ist es wichtig, diese mehrmals täglich zu säubern. Die Liegebereiche dürfen außerdem nicht zu warm werden, was sich am Liegeverhalten der Tiere deutlich erkennen lässt. Tiere, die beim Ruhen und Schlafen aus dem Lamellenvorhang herausschauen oder sogar in der Bucht verteilt liegen, signalisieren deutlich eine zu hohe Temperatur oder zu wenig Platz im Liegebereich.
Die Anpassung der Größe der Liegefläche an die Größe der Tiere ist dabei besonders wichtig. Die Liegefläche darf aber auch nicht zu groß sein. Im Rahmen des Projektes werden unter anderem Wassermengen, Futtermengen, Temperaturen, Luftfeuchte und Schadgase erfasst. Zusätzlich werden die Tiere und ihre Gesundheit täglich beurteilt und zweimal wöchentlich wird eine ausführliche Bonitur der Schweine und der Schwänze durchgeführt.
Fazit
- Schwanzbeißen kann viele Ursachen haben.
- Einzelne Risikofaktoren können sich auf Betrieben ganz unterschiedlich auswirken.
- Im Projekt sollen konkrete Hilfestellungen zum Kupierverzicht entwickelt werden.
- Dazu gehören belastbare Entscheidungsgrundlagen für Optimierungen im Betrieb.
- Es sollen auch geeignete Methoden zur Früherkennung von Schwanzbeißen entwickelt werden.
- Die Umbauarbeiten in Wehnen für den Versuch waren sehr aufwändig.
- Bei der aktuellen Kosten-/Erlössituation in der Schweineproduktion sind solche Umbauten wirtschaftlich nicht darstellbar.
- Ziel des Projektes ist auch, ein Maßnahmenlevel zu finden, welches in der Praxis wirtschaftlich umsetzbar ist.
Mehrere Einrichtungen beteiligt
Das beschriebene Verbundprojekt (KoVesch) wird auf mehreren Versuchsstandorten in Deutschland umgesetzt. Beteiligt sind neben der LWK Niedersachsen die LWK Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, das Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg und die Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft.
Gefördert wird das Projekt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Projektträger im Rahmen des Programmes zur Innovationsförderung ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Das Projekt unter Leitung des Friedrich-Loeffler-Instituts, Celle, läuft bis Oktober 2021.